Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
schärfte die Klinge eines seiner singenden Schwerter mit einem Wetzstein.
Schnee rieselte von einem blassblauen Himmel herab, vielleicht die Hochgebirgsspielart eines Sonnenschauers, oder aber die Winde hatten die Flocken von den jungen Gipfeln heruntergeweht, die ringsum - nur nicht direkt voraus - aufragten. Die Luft war bitterkalt und so trocken, dass Wolle Funken zog und knisterte. Am Vortag hatten sie den letzten Teil des geborstenen Plateaus überquert und damit die unzähligen zerschmetterten schwarzen Steine hinter sich gelassen, die den Krater in seiner Mitte kennzeichneten. Der Aufstieg an diesem Morgen war tückisch gewesen, da viele Steinplatten unter ihren Füßen von Eis umgeben waren. Als sie im Licht des späten Nachmittags den Rand des Kraters erreichten, blickten sie auf einen ausgedehnten, leicht abfallenden Hang, der sich mehr als eine Meile nach Norden erstreckte und in eine Tundra überging. Der Horizont dahinter war eine flache, dunstige Linie. Eisfelder, hatte Forcht Sengar gesagt, woraufhin Udinaas gelacht hatte.
Seren Pedac schritt unruhig auf dem Grat hin und her. Sie war mit den anderen gegangen, ein gutes Stück hinter Clip und Silchas Ruin. Es war noch hell genug, um weiterzugehen, aber der junge Tiste Andii hatte sich auf dem Grat niedergelassen und starrte seither zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Stumm und ausdruckslos.
Sie ging hinüber zu Udinaas, der sich wieder angewöhnt hatte, den Imass-Speer zu tragen, und der jetzt auf einem Felsen saß und mit der Speerspitze im Moos herumstocherte. »Was geschieht hier gerade?«, fragte sie ihn leise. »Weißt du es?«
»Kennt Ihr den Terr, Freisprecherin? Den Vogel mit dem grauen Schopf? Den im Wald lebenden Dieb und Mörder?«
Sie nickte.
»Was passiert, wenn ein Terrweibchen ein Nest findet, in dem sich die Jungen eines anderen Vogels befinden? Ein unbewachtes Nest?«
»Sie tötet und frisst die Jungen.«
Er lächelte. »Das stimmt. Und ist allgemein bekannt. Aber gelegentlich machen Terre ein bisschen früher im Jahr auch etwas anderes. Sie werfen eines der Eier aus dem Nest und legen stattdessen ein eigenes hinein. Die anderen Vögel scheinen den Austausch nicht zu bemerken. Und wenn der Terr schlüpft, tötet und frisst er natürlich seine Rivalen.«
»Und dann ruft er«, sagte sie. »Aber es ist ein Ruf, der sich nicht von dem der Jungen des anderen Vogels zu unterscheiden scheint. Und die Vögel kommen mit den Schnäbeln voller Futter zu ihm.«
»Nur, um von den beiden erwachsenen Terren, die in der Nähe lauern, überfallen und getötet zu werden. Noch eine Mahlzeit für den jungen Terr.«
»Terre sind in jeder Hinsicht sehr unangenehme Vögel. Aber warum sprechen wir über sie, Udinaas?«
»Dafür gibt es keinen Grund. Wirklich nicht. Aber manchmal ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass nicht nur wir Menschen grausam sind.«
»Die Fent glaubten, die Terre wären die Seelen ausgesetzter Kinder, die allein im Wald gestorben sind. Deshalb sehnen sie sich nach einem Heim und einer Familie, doch wenn sie beides finden, werden sie so wütend, dass sie alles zerstören, was sie begehren.«
»Die Fent haben Kinder ausgesetzt?«
Seren Pedac verzog das Gesicht. »Nur in so etwa den letzten hundert Jahren.«
»Hindernisse, die ihren selbstzerstörerischen Gelüsten im Weg waren, würde ich sagen.«
Auf diese Worte entgegnete sie nichts, aber sie sah plötzlich Hull Beddict vor ihrem inneren Auge, wie er sich zu voller Größe aufrichtete, nach unten griff, Udinaas an der Kehle packte und hochzog.
Udinaas machte plötzlich einen Satz nach vorn; er würgte und versuchte, mit einer Hand nach ihr zu greifen.
Seren Pedac machte einen Schritt zurück. Nein, verdammt! Sie bemühte sich, die Vision abzuschütteln.
Aber die weigerte sich zu verschwinden.
Mit hervorquellenden Augen und dunkel anlaufendem Gesicht legte Udinaas sich die Hände um den Hals, aber da war nichts, was er hätte wegziehen können …
»Seren!«, schrie Kessel.
Beim Abtrünnigen! Was, wie … oh, ich bringe ihn um! Hull Beddict stand da, quetschte das Leben aus Udinaas heraus. Sie wollte nach ihm greifen, seinen Griff lösen, aber sie wusste, sie würde nicht stark genug sein. Nein, ihr wurde klar, dass sie jemand anderen brauchte …
Und sie beschwor mit ihren geistigen Kräften eine andere Gestalt herauf, die herantrat, geschmeidig und nur halb zu sehen. Eine Hand zuckte nach oben, traf Hull Beddict an der Kehle. Der Letherii
Weitere Kostenlose Bücher