Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Pflastersteinen und einer unmissverständlichen Beschilderung ausgestattet.
Ruht eure Augen aus wie der Dieb, der kein Dieb mehr ist, während er mit tiefstem Mitgefühl auf das schlafende Gesicht eines alten Freundes hinunterblickt, dort in dem kleinen Raum im oberen Stockwerk des Phoenix; und er sieht auch ein adliges Ratsmitglied schnarchend in einem Sessel liegen. Während im direkt angrenzenden Raum ein Assassine sitzt, der – vielleicht – kein Assassine mehr ist, mit vor Schmerz müden Augen, während er über alle Arten von Dingen nachdenkt, auf eine Weise, die sich gewiss als geheimnisvoll und überraschend erweisen würde, wenn jemand in der Lage wäre, in seinen dunklen Geist zu schauen.
Woanders quält sich ein Kind im Schlaf, das vor langer Zeit von seiner Mutter im Stich gelassen wurde, verfolgt von einem alptraumhaften Gesicht, das den absurden Namen Snell trägt.
Und zwei Wachen rennen mit pochenden Herzen vom Tor zum Anwesen, als die Alarmglocken laut und dringlich ertönen, denn ein böser Mann hat all seinen schlimm erworbenen Reichtum verloren – eine Tatsache, die ihm so sicher die Krallen herausreißen wird wie die Zange eines Folterers, denn das Böse gedeiht nur in einer Quelle der Macht, und wenn die Münze der Grausamkeit gestohlen wird, tja, dann verschwindet auch die Macht.
Ein fingerloser Mann stolpert nach Hause, gottgesegnet und mit zerschlagenen Knöcheln, von denen das Blut tropft, während seine Frau traumos schläft; ihr Gesicht ist so friedlich, dass selbst der unsentimentalste Bildhauer nichts anderes tun könnte als zu weinen.
Und in einer Straße, die keiner weiteren Beachtung wert ist, steht ein Ochse und denkt ans Frühstück. Was gibt es denn auch sonst noch, wenn Liebe und Freundschaft und Macht und Bedauern und Verlust und ein Wiedersehen, das leidenschaftlich genug war, um alles wegzureißen, was vielleicht bittersüß gewesen ist, wenn alles – alles – getan und erledigt ist, was sonst gibt es denn dann noch, wenn nicht die Bedürfnisse des Magens?
Essen! Labe dich an den Genüssen und schmecke das süße Leben!
Belanglos? Bah!
Wie Kruppe immer sagt, es ist ein weiser Ochse, der das Joch bekommt.
Kapitel Sechs
»Das Wunder der rückblickenden Erkenntnis liegt darin, wie sie große militärische Genies der Vergangenheit in unfähige Idioten verwandelt und unfähige Idioten der Gegenwart in große militärische Genies. Da ist die Tür, und sieh zu, dass du all deine aufgeblasenen, im Nachhinein gewonnenen Einbildungen mitnimmst …«
Imperator Kellanved
anlässlich der Unterwerfung des Großen Rats
der Falari (der Prozess von Crust)
E s hatte ein Erdbeben gegeben. Ein beinahe drei Meilen langer Felsrücken war einfach verschwunden und hatte es dem Meer ermöglicht, einen neuen Arm ins Land auszustrecken. Bei dieser Umwälzung war kein Schlick oder Sand aufgewirbelt worden, denn der Felsrücken war eine leblose Ansammlung von Obsidian und Bimsstein gewesen, das Erbe vergangener Eruptionen. An seiner Spitze beschrieb der neue Meeresarm einen spitzen Winkel, beidseits davon nackter Fels. Zum Meer hin weitete sich der Winkel, und die Mündung wurde von aufgeworfenen Zwillingsfelsen flankiert, die eine Viertellänge voneinander entfernt waren.
Der Boden des Meeresarms war geneigt. An der Spitze war das kristallklare Wasser nicht mehr als fünfzehn Spannen tief und gab den Blick auf ein Durcheinander aus klobigen Steinen und weißen Knochen frei, die den Grund übersäten – Überreste von Tholosgräbern und den K’Chain Che’Malle, die in ihnen begraben gewesen waren.
Auf beiden Seiten des Einschnitts waren Ruinen zu sehen, zu denen auch ein größtenteils umgefallener Jaghutturm zählte. Am Himmel schwebte genau im Norden der Flecken eines Tores wie eine gesprenkelte Wunde in der Luft. Aus ihm strömte jetzt nichts anderes als Schmerz, ein saurer, unnachgiebiger Gestank, der so durstig schien wie die verwüstete Landschaft, die sich nach allen Seiten erstreckte.
Reisender starrte lange Zeit zu dem Tor hinauf. Er war jetzt zwei Tagesmärsche von der Stelle entfernt, an der er angespült worden war, und er hatte immer noch kein Süßwasser gefunden. Das Blut des Bären, der ihn angegriffen hatte, hatte ihn einige Zeit lang durchhalten lassen, aber es war ein salziger Nektar gewesen, und jetzt litt er.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es im Laufe seines Lebens so viele Verschwörungen gegeben, die seinen Tod zum Ziel gehabt hatten, dass ein geringerer Mann
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