Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
längst verzweifelt und als letzte Kapitulation vor dem Hunger von Göttern und Sterblichen in den Wahnsinn oder Selbstmord getaumelt wäre. Es wäre möglicherweise ziemlich gerecht, wenn er jetzt aus Mangel an den Grundnahrungsmitteln, die nötig waren, um einen Menschen am Leben zu erhalten, scheitern sollte.
Aber er würde nicht aufgeben, denn er konnte das Lachen eines Gottes hören, so ironisch wie ein liebevolles Flüstern in seinem Ohr. Irgendwo weiter im Landesinnern, dessen war er sicher, würde diese verfluchte Ödnis zerbröckeln und sich in Flächen aus staubiger Erde verwandeln, gefolgt von Gräsern, einem vom Wind bewegten Grasland und Steppen. Wenn er nur lange genug durchhalten konnte, um sie zu erreichen.
Er hatte dem Bären das Fell abgezogen und es zu einem Bündel zusammengerollt, das er sich über eine Schulter geworfen hatte. Es mochte nicht sehr anziehend sein, doch es besaß einen Geruch, der seinen eigenen überdeckte – und noch dazu einen, der die meisten Raubtiere in die Flucht jagen würde. Im Gegenzug würde er sich an irgendwelches jagdbares Wild – vorausgesetzt, er fand überhaupt welches – gegen den Wind anschleichen müssen, aber das wäre auch ohne das Fell so gewesen.
Er war an der Küste von Morn. Weit von dem Ort entfernt, an dem er hier in Genabackis hatte an Land gehen wollen. Ein langer Marsch erwartete ihn, aber diese Aussicht war nichts Neues. Und auch nicht die Gefahr des Scheiterns, wie er zugeben musste.
Reisender setzte sich in Richtung des Landesinneren in Bewegung. Seine Stiefel knirschten über schwarzes, blasiges Glas – eine zersplitterte, fleckige Welt, deren Oberfläche die Morgensonne in blendenden Reflexen zurückwarf. Hitze wogte um ihn herum, so dass er schon bald schweißgebadet war. Ein paar tausend Schritt entfernt konnte er das ferne Ende sehen – oder dachte, er könnte es sehen, wohl wissend, wie leicht Augen sich täuschen ließen –, einen dunkleren Streifen, wie ein erhöhter Strand aus schwarzem Sand, der sich quer über den Horizont zog und alles, was dahinter lag, verbarg.
Einige Zeit später war er sich sicher, dass der Grat keine Einbildung war. Ein vom Wind angehäufter, welliger Haufen aus zerschmettertem Obsidian, dessen diamantenes Glitzern ihm in den Augen brannte. Nun, da er näher an ihn herangekommen war, glaubte er, ein schwaches Seufzen zu hören, wie von einem bis jetzt nicht spürbaren Wind. Und mittlerweile konnte er auch sehen, was hinter dem Grat lag – eine weitere gewaltige Ebene ohne besondere Merkmale, deren Ende in den schimmernden Hitzewellen nicht zu erkennen war.
Reisender stieg den Hang hinauf, wobei seine Stiefel bei jedem Schritt tief im Sand einsanken; er konnte den seufzenden Wind wieder hören, und als er aufblickte, sah er, dass auf der Ebene direkt voraus etwas erschienen war. Ein Thron mit hoher Lehne, und darauf eine Gestalt, die nichts weiter als ein verschwommenes Durcheinander aus Schatten war. Vielleicht zehn Schritt rechts davon stand eine zweite Gestalt; sie war in einen dunkelgrauen Umhang gehüllt, dessen zurückgeschlagene Kapuze den Blick auf ein von Wind und Wetter gegerbtes Profil und einen Schopf aus kurzgeschnittenen schwarzen Haaren freigab.
Von hinter dem Thron tauchten jetzt Hunde auf, trotteten vorwärts. Ihre Pfoten wirbelten kleine Staubwölkchen auf, die hinter ihnen in der Luft hingen. Baran, Giar, Blind. Shan und Ruud und zwei andere, die Reisender noch nie zuvor gesehen hatte. Sie waren beide knochenweiß und hatten Augen, die so schwarz wie Onyx waren. Schlanker als die anderen, mit längeren Hälsen, und von Narben übersät, die eine überraschend dunkelblaue Haut unter dem kurzen weißen Fell sichtbar werden ließen. Sie schwenkten als Paar weit nach rechts – Richtung Landesinneres – und reckten die Nasen in die Luft. Die anderen Hunde kamen direkt auf Reisender zu.
Er ging ihnen entgegen.
Shan war als Erste bei ihm, strich an einer Seite an ihm entlang, schlich dann wie eine Katze hinter ihm herum und strich an seiner anderen Seite entlang. Er legte ihr die linke Hand auf den schlanken schwarzen Nacken. Der alte Baran war der Nächste, und Reisender streckte die andere Hand aus, legte sie auf eine muskulöse Wange, spürte das Geflecht aus Narben, das Jahrhunderte voller wilder Kämpfe hinterlassen hatten, und die Andeutung alles zermalmender Backenzähne hinter der zerfetzten, aber weichen Haut. Als er dem Tier in die hellbraunen Augen schaute, stellte er fest,
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