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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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wir – kann irgendjemand von uns – die Winde und den Regen und den Hagel zurücktreiben? Nein. Solche Kräfte stehen weit über uns, befinden sich weit außerhalb unserer Reichweite, und sie wüten, wie sie wollen, führen Kriege im Himmel. Das ist das, was ich fühle, meine Freunde – wenn etwas durch den Aether rieselt, wenn im Süden ein Sturm erwacht, wenn der Erlöser sich unruhig bewegt und beunruhigt ist.«
    »Dann bedeuten wir ihm nichts«, sagte der Kaufmann, und seine Augen flossen vor Kummer über. »Ich habe alles – meinen ganzen Reichtum – für einen weiteren gleichgültigen Gott aufgegeben. Wenn er uns nicht beschützen kann, wozu dann das alles?«
    Sie wünschte, sie hätte eine Antwort auf solche Fragen. Waren sie nicht das eigentliche Ergebnis priesterlicher Bemühungen? Ging es nicht darum, genießbare Antworten mühsam zu erkämpfen und auf vielversprechende Pfade zum wahren Heil hinzuweisen? Eine von gottgegebener Weisheit begnadete, gütige Beherrschung zu zeigen, und das so begeistert, als wäre sie von geheiligtem Atem angefacht? »Ich habe das Gefühl«, sagte sie stockend, »dass ein Glaube, der auf jede Frage eine perfekte Antwort liefert, kein wirklicher Glaube ist, denn sein einziger Zweck ist es, den Geist zufriedenzustellen, ihn zu erleichtern und seine Fragen dadurch zu einem Ende zu bringen.« Sie hob eine Hand, um die Einwände abzuwehren, die sie in diesen sechs ehrlichen, ernsten Gläubigen erwachen sah. »Ist es Sache des Glaubens, für Frieden zu sorgen, wenn ringsum die Ungerechtigkeit gedeiht? Denn sie wird in der Tat gedeihen, wenn die Gesegneten in glückseliger Blindheit, vollkommen zufrieden in ihrer eigenen moralischen Reinheit, in dem Frieden, der ihre Seelen erfüllt, an allem anderen vorbeigehen. Oh, ihr werdet dann vielleicht eine Hand nach den Elenden am Straßenrand ausstrecken, werdet ihnen anbieten, in eure eigenen Fußstapfen zu treten, und ihr werdet vielleicht sehen, dass die Zahl der Gesegneten zunimmt, zu einer Menge wird, bis ihr wie eine Armee seid. Aber es wird auch diejenigen geben – und es wird sie immer geben –, die sich von eurer Hand abwenden. Diejenigen, die nach etwas suchen, weil es in ihrer Natur liegt, nach etwas zu suchen; es wird diejenigen geben, die die verführerische Selbstzufriedenheit fürchten, die einfachen Antworten misstrauen. Werden diese Menschen dann eure Feinde sein? Wird die Armee jetzt wütend? Greift sie jetzt die Ungläubigen an? Zermalmt sie sie unter ihren Sohlen?
    Meine Freunde, ist das nicht eine genaue Beschreibung der entsetztlichen Geschehnisse, die dieses Land gerade erst überlebt hat?« Sie blickte den Kaufmann fest an. »Ist das nicht genau das, was Capustan zerstört hat? Ist das nicht genau das, was die Herrscher von Saltoan so heftig zurückgewiesen haben, als sie die pannionischen Mönche vertrieben haben? Ist das nicht genau das, wogegen der Erlöser gekämpft hat und wobei er gestorben ist?«
    »Nichts von alledem«, grummelte eine Frau, »verringert die Schmerzen meiner Tochter. Sie wurde vergewaltigt, und jetzt ist in ihren Augen nichts mehr zu sehen. Sie ist vor sich selbst geflohen und wird vielleicht nie mehr zurückkehren. Gradithan hat sie genommen und zerstört. Wird er jeder Strafe für so eine Tat entgehen? Er hat mich ausgelacht, als ich meine Tochter mitgenommen habe. Als ich vor ihm gestanden und ihren schlaffen Körper in den Armen gehalten habe, hat er mich ausgelacht .«
    »Der Umnachtete muss zurückkommen«, sagte der Kaufmann. »Er muss uns verteidigen. Er muss uns erklären, wie wir ihn im Stich gelassen haben.«
    Salind musterte die Gesichter vor ihr, sah die Angst und den Zorn, den Schmerz und die wachsende Verzweiflung. Es war nicht an ihr, sie abzuweisen, doch was konnte sie tun? Sie hatte nicht darum gebeten, Priesterin zu werden – sie wusste nicht einmal so recht, wie es überhaupt passiert war. Und was war mit ihrem eigenen Leiden? Mit ihrer eigenen gebrochenen Geschichte? Was war mit dem Fleisch, das sie einst in den Mund genommen hatte? Nicht das blutige Fleisch eines Fremden, nein. Die Erstgeborenen der Tenescowri, die Kinder des Toten Samens, oh, sie sollten etwas Besonderes sein, ja, etwas ganz Besonderes – sie waren willens, ihre eigenen Verwandten zu essen, und war das nicht der Beweis, wie besonders sie waren? Was war also dann mit der schrecklichen Not, die sie hierhergeführt hatte?
    »Du musst zu ihm gehen«, sagte der Kaufmann. »Wir wissen, wo er zu finden

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