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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Rolle –, dem er je begegnet war. Seine Gedanken wanderten gleichzeitig auf tausend Pfaden, und eine Unterhaltung mit ihm ließ sich niemals vorhersagen, und von keinem Pfad war sicher, dass er ihn gehen würde.
    »Dieses Mal kann ich nicht reagieren«, sagte Anomander Rake. »Und ich fürchte, Spinnock kann es auch nicht. Er wird … woanders gebraucht werden.« Jetzt wandte er den Kopf und richtete den Blick auf Endest Silann. »Es muss wieder dir zufallen. Noch einmal.«
    Endest spürte, wie seine Seele voller Entsetzen zurückschreckte, wie sie in jene Höhle – wie auch immer die aussehen mochte – zurückwich, die sie sich irgendwo dort unten in der all ihrer Schätze beraubten Grube seines Herzens gegraben hatte. »Majestät, ich kann nicht.«
    Anomander schien einige Zeit über diese Worte nachzudenken, tanzte über zehntausend Pfade und weiter zu etwas Neuem, das eine schwache Überraschung auf seine Gesichtszüge zauberte. Und er lächelte. »Ich verstehe. Dann werde ich dich nicht noch einmal fragen.«
    »Dann … dann was … wer? Majestät … ich …«
    Anomander Rakes ironischer Tonfall klang angesichts seiner Worte schrecklich falsch: »Wiedergeboren in Raserei, oh, ich wollte, ich könnte das sehen.« Dann wurde seine Stimme ernst. »Du hattest recht – du kannst nicht an meiner statt dort stehen. Versuche nicht, auf irgendeine Weise zu vermitteln, Endest Silann. Stelle dich nicht zwischen zwei Mächte, denen du beiden nicht standhalten kannst. Es kann gut sein, dass du das Bedürfnis verspürst, aber wehre dich mit deiner ganzen Willenskraft dagegen. Du darfst nicht verloren gehen.«
    »Majestät, ich verstehe nicht so recht.«
    Aber Anomander Rake hob eine Hand. Und ja, die Emanation war nicht mehr zu spüren. Die Dunkelheit war wieder stumm. Was auch immer in ihre Welt gekommen war, es war verschwunden.
    Endest stellte fest, dass er zitterte. »Wird – wird es zurückkehren, mein Lord?«
    Der Sohn der Dunkelheit musterte ihn aus eigentümlich verhangenen Augen, stand dann auf und ging zum Fenster hinüber. »Sieh nur, das Meer wird wieder ruhig. Ich glaube, das ist eine überaus würdige Lektion. Nichts bleibt für immer. Weder Gewalt noch Frieden. Weder Kummer, alter Freund, noch Zorn. Schau dir dieses schwarze Meer in den vor uns liegenden Nächten gut an, Endest Silann. Um deine Ängste zu beschwichtigen. Um Orientierung zu finden.«
    Und schlagartig wusste er, dass er entlassen war.
    Verwirrt und voller Angst vor einer Zukunft, von der er wusste, dass er nicht klug genug war, um sie schon jetzt zu verstehen, verbeugte er sich und verließ den Raum. Eilte durch Korridore und Treppenfluchten, und nicht einmal ein Echo blieb. Er rief sich ein altes Gebet ins Gedächtnis – das Gebet, das vor einer Schlacht geflüstert wurde.
    Lass die Dunkelheit jeden meiner Atemzüge
    Mit ihrem eigenen aufnehmen.
    Lass zur Antwort unser aller Leben bis zum Tod
    Niemals allein sprechen.
    Aber er hatte sich noch nie mehr allein gefühlt als jetzt, in diesem Moment. Die Krieger sprachen dieses Gebet nicht mehr, wie er sehr wohl wusste. Die Dunkelheit wartete nicht darauf, einen Atemzug zu empfangen, auch den letzten nicht, der die Brücke zwischen Leben und Tod bildete. Ein Tiste-Andii-Krieger kämpfte stumm, und wenn er – oder sie – fiel, dann fiel er – oder sie – allein. Auf eine umfassendere Weise allein als irgendjemand, der kein Tiste Andii war, es verstehen konnte.
    Ein neues Bild entstand in seinem Kopf, rüttelte ihn auf, ließ ihn auf halbem Weg auf der Treppe stehen bleiben. Die Hohepriesterin, wie sie mit gekrümmtem Rücken vor Ekstase aufschrie – oder vor Verzweiflung; gab es da tatsächlich einen Unterschied?
    Ihre Suche. Ihre Antwort, die überhaupt keine Antwort war.
    Ja, sie spricht für uns, oder?
    »Er ist beunruhigt«, murmelte Salind und schüttelte erst jetzt die brutale Kälte ab, die sich ihrer bemächtigt hatte. »Also … der Erlöser hat sich aus einem unbekannten und für uns nicht erkennbaren Grund gerührt und ist aufgewacht. Aber ich habe ihn gespürt. Er ist zutiefst beunruhigt …«
    Die Pilger, die sich um das Feuer zusammendrängten – ein knappes halbes Dutzend –, nickten alle, obwohl keiner von ihnen in diesen Dingen die gleiche Wahrnehmungsfähigkeit wie sie besaß; sie wurden immer noch zu sehr von den zwar unklaren aber stetig wiederkehrenden, nie endenden Bedürfnissen ihres sterblichen Daseins beherrscht, und jetzt kam natürlich noch die Angst dazu, die

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