Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Zeugin ihres steifen Rückens auf dem Weg zu ihrem Schlafzimmer.
Sobald die Tür geschlossen war, warf sie ihr kurzes Cape ab. »Leg meinen Schmuck aus!«
»Herrin?«
Sie wirbelte herum. »Ich will meinen Schmuck sehen!«
Geduckt eilte die alte Frau davon, um zu erledigen, was ihr aufgetragen worden war.
»Die alten Stücke«, rief Challice hinter ihr her. Aus der Zeit, bevor all dies hier angefangen hatte. Als sie kaum mehr als ein Kind gewesen war und staunend die von den schweißnassen Händen ihrer Verehrer immer noch feuchten Geschenke betrachtet hatte, mit denen sie sich ihre Gunst hatten erkaufen wollen. Oh, damals hatte es so viele Möglichkeiten gegeben.
Ihre Augen verengten sich, während sie vor dem Schminktisch stand.
Nun, vielleicht nicht nur damals. Hatte es irgendetwas zu bedeuten? Spielte es denn überhaupt noch eine Rolle?
Ihr Ehemann hatte jetzt, was er immer gewollt hatte. Drei Duellanten, drei harte Männer mit harten Stimmen im Rat. Er war jetzt einer von den dreien, ja, das war alles, was er wollte.
Und was war mit dem, was sie wollte?
Aber … was will ich eigentlich?
Sie wusste es nicht.
»Herrin.«
Challice drehte sich um.
Auf dem vom Alter gezeichneten Schminktisch sah der Schatz ihrer Mädchenzeit … billig aus. Kitschig. Allein der Anblick der lächerlichen Dinge bereitete ihr Magenschmerzen. »Pack die Sachen in eine Schachtel«, sagte sie ihrer Dienerin. »Morgen werden wir sie verkaufen.«
Er hätte niemals im Garten verweilen dürfen. Seine verliebte Gastgeberin, die Witwe Sepharla, war angetrunken auf der Marmorbank eingeschlummert; mit einer Hand umklammerte sie noch immer ihren Kelch, während sie mit zurückgelegtem Kopf und weit offenem Mund dalag und lautes Schnarchen durch die schwüle Nachtluft drang. Das fehlgeschlagene Unterfangen hatte Murillio erheitert, und er hatte einige Zeit dagestanden, an seinem eigenen Weinkelch genippt und den wohlriechenden Duft der Blüten eingesogen, bis ein Geräusch ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, dass jemand leise gekommen war.
Er hatte sich umgedreht – und sich der Tochter der Witwe gegenübergesehen.
Auch das hätte er niemals tun dürfen.
Sie war halb so alt wie er, aber diese Beschreibung stellte jetzt keine Trennlinie mehr zwischen ungehörig und andernfalls dar. Sie war drei Jahre jenseits des Erwachsenwerdens, vielleicht auch vier, und näherte sich gerade dem Alter, in dem es einem Mann unmöglich war zu sagen, ob eine junge Frau zwanzig oder dreißig Jahre alt war. Und an diesem Punkt entsprang jegliches Urteil mutwilliger Selbsttäuschung und spielte kaum noch eine Rolle.
Vielleicht hatte er zu viel Wein getrunken. Genug jedenfalls, um eine gewisse Entschlossenheit zu schwächen, die mit seiner eigenen Reife zu tun hatte, mit der Anzahl an Jahren, die hinter ihm lagen und an die er ständig durch die immer seltener werdenden begehrlichen Blicke erinnert wurde, die ihm noch zugeworfen wurden. Schon klar, man mochte es Erfahrung nennen, sich mit Frauen zufriedenzugeben, die genug wussten, um derartige Charakterzüge zu würdigen. Aber der Geist eines Mannes war ziemlich gut darin, davon, wie die Dinge waren, rasch dorthin zu springen, wie er sie haben wollte. Oder, noch schlimmer, dorthin, wie sie einst gewesen waren. Ganz wie die Redensart es ausdrückte – wenn es um die Wahrheit ging, war jeder Mann ein Duellant, bedeckt vom Blut von zehntausend Schnitten.
Nichts von alledem ging Murillio in dem Augenblick durch den Kopf, in dem sein Blick sich mit dem von Delish kreuzte, der unverheirateten Tochter der Witwe Sepharla. Der Wein, würde er später schlussfolgern. Die Hitze und der Schwung des Fests, die süßen Blumendüfte in der feuchten, warmen Luft. Die Tatsache, dass sie so gut wie nackt war, nichts weiter als ein Unterkleid aus dünner Seide trug. Ihr hellbraunes Haar war gemäß der neuesten Mode bei jungen Frauen unglaublich kurz geschnitten. Ihr Gesicht war so hell wie Sahne, mit vollen Lippen und einer sanft geschwungenen Nase. Feuchte braune Augen, groß wie die eines Straßenkinds, doch sie hielt ihm keine Schüssel entgegen, um um Almosen zu betteln. Das Verlangen dieses Kindes galt etwas anderem.
Beruhigt durch die Schnarchgeräusche von der Marmorbank – und entsetzt über seine eigene Erleichterung – verbeugte Murillio sich leicht vor ihr. »Ein gut gewählter Augenblick, meine Teure«, sagte er, während er sich wieder aufrichtete. »Ich habe gerade darüber nachgedacht, wie ich Eurer
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