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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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T’lan Imass getötet«, sagte er, und der Tonfall war eine perfekte Nachahmung der Behauptung, die Kallor kurz zuvor von sich gegeben hatte. »Aber jetzt sagt mir, gefällt euch mein Heim, mein Garten?«
    »Die Einsamkeit hat dich in den Wahnsinn getrieben«, sagte Kallor.
    »Du solltest eigentlich alles darüber wissen, oder etwa nicht, oh Lord der Misserfolge? Trink etwas von dem Tee, sonst fühle ich mich womöglich beleidigt.«
    Mit gefletschten Zähnen bückte Kallor sich, um nach seinem Becher zu greifen.
    Die linke Hand des Jaghut schoss vor, schloss sich um Kallors Handgelenk. »Du hast den Wolfsgott verwundet«, sagte er.
    Nimander machte große Augen, als er sah, wie der alte Mann sich bemühte, seine Hand aus dem Griff zu befreien. Die Adern an seinen Schläfen traten hervor, und seine Kiefermuskeln mahlten unter dem Bart. Aber er konnte sich nicht losreißen. Die verwitterte grüne Hand rührte sich nicht einmal ein bisschen.
    »Als du dein Reich verwüstet hast«, fuhr der Jaghut fort, »hast du ihn schrecklich verwundet.«
    »Lass mich los«, sagte Kallor rau. Und mit der anderen griff er nach dem Heft seines Schwertes.
    Schlagartig ließ der Jaghut ihn los.
    Kallor stolperte rückwärts, und Nimander sah, dass sich rund um das Handgelenk des alten Kriegers die Abdrücke von Fingern weiß abzeichneten. »Ein Gastgeber sollte sich nicht so benehmen. Du zwingst mich dazu, dich zu töten.«
    »Oh, sei still, Kallor. Dieser Turm war einst ein Azath-Haus. Soll ich es für dich aufwecken?«
    Verwundert beobachtete Nimander, wie Kallor bis zum Eingang zurückwich. Die Augen in dem von Wind und Wetter gezeichneten, blassen Gesicht waren weit aufgerissen, und in ihnen dämmerte jetzt der Schimmer ungemilderter Erkenntnis. »Gothos, was machst du hier?«
    »Wo sollte ich denn sonst sein? Und jetzt geh nach draußen – diese beiden Tiste Andii müssen für ein Weilchen fort.«
    Hitze breitete sich rasch von Nimanders Magen her aus. Er warf Skintick einen wilden Blick zu und sah, wie sein Freund langsam auf die Knie sank. Der leere Becher fiel ihm aus der Hand, rollte kurz über den feuchten Boden. Nimander starrte den Jaghut an. »Was habt Ihr getan?«
    »Nur das, was notwendig war.«
    Knurrend wirbelte Kallor herum und stapfte aus dem Zimmer. Über die Schulter sagte er: »Ich werde nicht lange warten.«
    Nimanders Blick wurde wieder von den Mauern aus Eis angezogen. Schwarze Tiefen, in denen sich Umrisse bewegten. Er taumelte, streckte die Hände aus …
    »Oh, tritt da nicht rein …«
    Und dann fiel er vornüber, seine Hände glitten durch die Mauer vor ihm, ohne auf irgendeinen Widerstand zu stoßen.
    »Nimander, nicht …«
    Schwärze.
    Desra wanderte um den Wagen herum und blieb neben dem Ochsen stehen. Sie legte ihm eine Hand auf den Rücken, spürte die Wärme des Tiers, das Zucken, mit dem die Stechmücken verjagt wurden. Sie schaute dem Tier ins Auge und sah überrascht, wie zart seine Wimpern waren. »Du musst die Welt nehmen, wie sie ist.« Das waren Andarists letzte Worte zu ihr gewesen, ehe die Welt sich ihn genommen hatte.
    Es war nicht schwierig. Leute waren entweder stark, oder sie waren es nicht. Von den Schwachen fühlte sie sich angeekelt, so dass dunkle Verachtung in ihr aufstieg. Wenn sie überhaupt eine Entscheidung trafen, war das immer die falsche. Sie ließen sich wieder und wieder von der Welt kaputtmachen und wunderten sich dann – mit genauso dumpf blickenden Augen wie dieser Ochse –, warum sie so grausam war. Aber die Welt war gar nicht das Problem, oder? Sondern die Tatsache, dass sie sich immer und immer wieder den stürmenden Massen in den Weg stellten. Das Problem war, dass sie nichts aus irgendetwas lernten. Nichts.
    Es gab mehr Schwache als Starke. Die Schwachen waren Legion. Manche waren einfach nicht klug genug, um irgendetwas zu bewältigen, das über die Befriedigung der allernächsten Bedürfnisse hinausging: das Feld zu säen, die Ernte zum Dreschschuppen zu bringen, die Lasttiere zu füttern. Das Kind aufzuziehen, die Münzen für den nächsten Krug Bier, den nächsten Beutel D’bayang zu beschaffen. Sie schauten nicht über den Horizont hinaus. Sie schauten noch nicht einmal über das nächste Tal hinaus. Die Welt draußen war etwas, wo Dinge herkamen, Dinge, die Probleme bereiteten, die das geregelte Leben durcheinanderbrachten. Sie waren nicht daran interessiert zu denken. Persönliche Tiefen waren furchterregend, lange Straßen eine Reise ohne Ziel, auf denen

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