Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Türen. Die ohnehin nicht allzu zahlreichen Schreiber und verschiedenen Bürokraten des Kastellans arbeiteten in Räumen im Erdgeschoss; das Küchenpersonal, die Wäscherinnen und Wringer, Feuerhüter und Kerzenanzünder – sie alle lebten und arbeiteten in den unteren Etagen. Hier, in den oberen Stockwerken, herrschte die Dunkelheit über einen so gut wie unbewohnten Bereich.
Als Spinnock Durav den länglichen Raum erreichte, der Ausblick auf das Nachtwasser gewährte, fand er seinen Lord.
Der vor dem Kristallfenster stand, das die ganze Seite der Nachtwasserwand einnahm, und nach draußen blickte. Seine langen, silbernen Haare leuchteten schwach im gedämpften, gebrochenen Licht, das durch den facettierten Quarz in den Raum fiel. Dragnipur war nirgends zu sehen.
Spinnock machte drei Schritte ins Zimmer und blieb stehen.
Ohne sich umzudrehen fragte Anomander Rake: »Wie war das Spiel, Spinnock?«
»Ihr habt wieder gewonnen, mein Lord. Aber es war knapp.«
»Das Tor?«
Spinnock lächelte gequält. »Wenn alles andere verloren scheint …«
Vielleicht nickte Anomander Rake bei diesen Worten, vielleicht senkte sich aber sein Blick auch nur auf etwas draußen auf den Wellen des Nachtwassers. Ein Fischerboot oder der Rücken eines Ungeheuers, das kurz aus dem Abgrund auftauchte. Aber was auch immer er tat, der folgende Seufzer war deutlich zu hören. »Spinnock, alter Freund, es ist gut, dass du zurückgekehrt bist.«
»Ich danke Euch, mein Lord. Auch ich bin erfreut, ein Ende meiner Wanderungen zu erleben.«
»Deiner Wanderungen? Ja, ich kann mir vorstellen, dass es auf dich so gewirkt haben könnte.«
»Ihr habt mich auf einen Kontinent geschickt, mein Lord. Die unzähligen Wahrheiten, die ich dort entdeckt habe, haben es notwendig gemacht … ziemlich viel herumzuwandern.«
»Ich habe lange über die Einzelheiten deiner Geschichte nachgedacht, Spinnock Durav.« Noch immer drehte Anomander Rake sich nicht um. »Und das hat letztlich zu einer einzigen Frage geführt. Muss ich dorthin reisen?«
Spinnock runzelte die Stirn. »Nach Assail? Mein Lord, die Situation dort …«
»Ja, ich verstehe.« Zu guter Letzt drehte der Sohn der Dunkelheit sich langsam um, und es schien, als hätten seine Augen dem Kristallfenster etwas geraubt, denn es loderte kurz und verblasste dann wie eine Erinnerung. »Dann also bald.«
»Mein Lord, an meinem letzten Tag, drei Meilen vom Meer entfernt …«
»Ja?«
»Ich habe aufgehört, die zu zählen, die ich getötet habe, um den verlassenen Strand zu erreichen. Mein Lord, zu dem Zeitpunkt, da ich weit genug in die Tiefe gewatet bin, um unter den Wellen zu verschwinden, war die ganze Bucht blutrot. Dass ich angesichts all dessen überhaupt überlebt habe, ist …«
»Nicht überraschend«, unterbrach Anomander Rake ihn mit einem schwachen Lächeln, »soweit es deinen Lord betrifft.« Das Lächeln verschwand. »Aber ich habe deine Fähigkeiten schlimm missbraucht, mein Freund.«
Spinnock konnte nicht anders, als den Kopf leicht zur Seite zu legen und zu sagen: »Und daher bin ich beurlaubt, um Soldaten aus Holz und Stein über einen von Weinflecken übersäten Tisch zu führen? Tag für Tag werden meine Muskeln schlaffer, und mein Ehrgeiz schwindet dahin.«
»Nennst du das eine wohlverdiente Ruhepause?«
»Manche Nächte sind schlimmer als andere, mein Lord.«
»Dich von Ehrgeiz sprechen zu hören, Spinnock, weckt Erinnerungen an einen anderen Ort, vor langer, langer Zeit. Du und ich …«
»Wo ich schließlich meine Bestimmung erfahren habe«, sagte Spinnock ohne jede Bitterkeit.
»Ohne, dass es irgendjemand mitbekommen hätte. Taten, die niemand gesehen hat. Heldenhafte Anstrengungen, die dir nichts weiter als die Dankbarkeit eines Mannes eingebracht haben.«
»Eine Waffe muss benutzt werden, mein Lord, sonst fängt sie an zu rosten.«
»Eine Waffe, die zu häufig benutzt wird, Spinnock, wird stumpf und schartig.«
Bei diesen Worten verbeugte sich der vierschrötige Tiste Andii. »Vielleicht muss eine solche Waffe dann beiseitegelegt werden, mein Lord. Und eine neue gefunden werden.«
»Diese Zeit muss erst noch kommen, Spinnock Durav.«
Spinnock verbeugte sich erneut. »Es gibt meiner Meinung nach in absehbarer Zukunft keinen Zeitpunkt, zu dem Ihr nach Assail reisen müsstet, mein Lord. Der Wahnsinn dort scheint ziemlich … in sich geschlossen zu sein.«
Anomander Rake musterte Spinnocks Gesicht mehrere Herzschläge lang, dann nickte er. »Spiel weiter, mein
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