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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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traut
    An seiner Seite zu stehen
    Fishers Herausforderung an seine Zuhörer, mit der er seinen Vortrag von Die Mähne des Chaos unterbrach
    A n diesem Morgen, den die warme Brise vom See her so heiter und frisch machte, trafen Neuankömmlinge ein. War eine Stadt ein lebendes Wesen? Hatte sie Augen? Konnten ihre Sinne dadurch erweckt werden, dass sie Schritte spürte? Hatte Darujhistan an jenem schönen Morgen seinerseits diejenigen angesehen, die die Blicke auf sie gerichtet hatten? Ankömmlinge, manche groß, andere bescheiden, Schritte, die leiser als jedes Flüstern waren, während andere die Schlafende Göttin bis ins Mark erschütterten. Waren solche Wesen der Herzschlag der Stadt?
    Aber nein, Städte hatten keine Augen oder irgendwelche anderen Sinne. Behauene Steine und gehärteter Verputz, Holzbalken und mit Randleisten versehene Fassaden, ummauerte Gärten und stille Teiche unter plätschernden Springbrunnen – all das war empfindungslos gegenüber den Spuren, die ihre Bewohner in ihrem alltäglichen Hin und Her auf den Straßen hinterließen. Eine Stadt konnte keinen Hunger haben, konnte sich nicht vom Schlaf erheben, konnte sich noch nicht einmal unruhig im Grab umdrehen.
    Überlasst solche Dinge daher dem kleinen, rundlichen Mann, der im hinteren Teil des Phoenix mit einem ausgedehnten Frühstück beschäftigt an einem Tisch sitzt und der plötzlich – den Mund vollgestopft mit Pastete und gewürztem Apfel – eine Pause macht und anfängt zu würgen. Hervorquellende Augen, ein Gesicht, das sich rot färbt, und dann eine Kaskade aus Pastete, quer über den Tisch, ins Gesicht einer bedauerlicherweise verkaterten Mira, die nun, da sie eben die Pastete an sich hängen hat, die sie tags zuvor gebacken hatte, einfach nur die trüben Augen mit einem Basiliskenblick auf den hustenden und keuchenden Mann richtet, der ihr gegenübersitzt.
    Wären Worte nötig gewesen, sie hätte welche benutzt.
    Der Mann hustete weiter, Tränen rannen ihm über die Wangen.
    Salli kam mit einem Tuch und machte sich daran, die Sauerei sanft von einer reglosen, fast schon statuenhaften Mira abzuwischen.
    In der schmalen, abschüssigen Straße rechts vom Eingang zu Quips Bar wirbelte ein heftiger Windstoß den Abfall des Gelages der vergangenen Nacht auf. Wo sich kurz zuvor noch nichts und niemand über die Pflastersteine bewegt hatte, waren jetzt schrill wiehernde, schäumende Pferde, deren Hufe wie eiserne Hämmer auf das unebene Pflaster trommelten. Pferde – zwei, vier, sechs – und hinter ihnen, halb seitlich dahinratternd und schlitternd, eine gewaltige Kutsche, deren hinteres Ende gegen die Fassade eines Hauses krachte, eine Wolke aus Gipsstaub aufwirbelte sowie eine Markise und einen Fensterflügel abriss. Gestalten flohen von dem rasenden, monströsen Gefährt, als es sich zur Seite neigte und beinahe umkippte, sich dann mit dem Geräusch eines einstürzenden Hauses wieder aufrichtete. Körper prallten auf die Straße, rollten sich verzweifelt zur Seite, um den mannshohen Rädern zu entgehen.
    Die Pferde stürmten weiter, zogen das Gefährt noch ein Stück die Schräge hinunter, und hinter ihnen blieben Bruchstücke, Gipsbrocken und andere, unansehnlichere Dinge zurück, bis sie es schafften, den Schwung der Kutsche zu verlangsamen und sie schließlich zum Stillstand zu bringen, wobei ihnen zu einem nicht geringen Teil die hölzernen Bremsbacken halfen, die sich plötzlich auf alle sechs Räder pressten.
    Der Lenker hoch oben auf der Kutsche wurde nach vorne geschleudert und segelte ein gutes Stück über den hochgeworfenen Köpfen der Pferde durch die Luft, bis er schließlich in einem Müllkarren landete, der beinahe unter den Hinterlassenschaften des Festes begraben war. Der Müll rettete ihm wahrscheinlich das Leben, auch wenn nur noch die Sohlen seiner Stiefel zu sehen waren, als alles wieder still wurde – vollkommen reglose Sohlen, wie es sich für einen bewusstlosen Mann geziemte.
    Hinter der Kutsche lagen inmitten alltäglicher Abfälle menschliche Überreste in den verschiedensten Stadien des Verfalls verstreut; einige aus faulendem Fleisch und feist, andere nichts als Haut, die sich über Knochen spannte. Ein paar von ihnen zuckten immer noch und tasteten ziellos auf den Pflastersteinen herum, wie abgetrennte Insektenbeine. An der teilweise zerschmetterten Mauer des Ladens, den die hintere rechte Ecke des Gefährts gerammt hatte, war der Kopf eines Kadavers zurückgeblieben, so tief in das zermalmte Mauerwerk

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