Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
Händen gehalten hatten, war nichts geblieben – keine nicht so recht passenden, abgewetzten Grate am Horngriff, keine hinzugefügten Drahtschlingen an der Einschnürung des Knaufs, um das Gewicht oder die Balance anzupassen, keine Merkwürdigkeiten an den Schneiden, die auf das Schärfen zurückzuführen waren. Das Schwert schien von einem meisterhaften Waffenschmied speziell für Spinnock geschaffen worden zu sein, für alle seine Angewohnheiten, alle seine stilistischen Eigenarten und Vorlieben.
    Demzufolge betrachtete er seine Verwandten als Versionen von sich selbst, und genau wie die Waffe war er nichts weiter als ein Einzelner in einem zusammenhängenden Ganzen, das sich niemals veränderte, auch wenn er wusste, dass er der Letzte sein würde. Und an jenem Tag, der vielleicht nicht allzu weit in der Zukunft lag, würde sich möglicherweise irgendein Fremder bücken und ihm das Schwert aus den gefühllosen Fingern nehmen, würde es aufheben, um es sich genauer anzusehen. Die wassergeschliffene Klinge, die beinahe roten Schneiden, deren Rücken scharf angeschrägt waren, während die eigentliche Schneide sich mehr verjüngte. Er würde blinzeln und die schwachen Glyphen erkennen, die auf der flachen Seite der Klinge über deren ganze Länge verliefen. Und würde sich vielleicht über die fremden Zeichen wundern. Oder auch nicht.
    Die Waffe würde behalten werden, als Trophäe oder als Beutestück, das man auf irgendeinem verräucherten Markt verkaufen konnte, oder sie würde bald wieder in einer Scheide an einer Hüfte ruhen oder an einem Wehrgehänge, um erneut ihre Aufgabe wahrzunehmen, die darin bestand, Leben auszulöschen, Blut zu vergießen, sterblichen Seelen den Atem zu entreißen. Und Generationen von Kämpfern, die sie schwangen, würden vielleicht den schlecht passenden Horngriff verfluchen, die merkwürdigen Grate, die durch die Benutzung entstanden waren, und den einst vollkommenen Schliff, den kein örtlicher Schmied mehr so hinbekommen konnte.
    Unvorstellbar war für Spinnock hingegen das Bild, dass das Schwert irgendwo unbeachtet im Gras verborgen liegen könnte, dass die Ölschicht auf der stählernen Klinge verschwinden und sie vom Staub matt werden könnte – und dass dann Rostflecken wie offene Wunden auf der Klinge sprießen würden, bis das Schwert schließlich wie die ganz in der Nähe verrottenden Knochen des Mannes, der es zuletzt geschwungen hatte, in der Erde versinken, zerbröckeln, zu einem schwarzen, verkrusteten, formlosen Ding werden würde.
    Auf seinem Bett sitzend, die Waffe quer über die Oberschenkel gelegt, rieb Spinnock Durav die letzten Reste des Öls in den Stahl, sah die Glyphen wie lebendig aufglänzen, als alte, unbedeutende Zauberei erwachte und das Schwert gegen Rostbildung panzerte. Alte Magie, die langsam ihre Wirksamkeit verlor. Genau wie ich. Lächelnd stand er auf, schob das Schwert in die Scheide und hängte das Wehrgehänge dann an einen Haken neben der Tür.
    »Etwas anzuziehen wird dir nicht gerecht, Spin.«
    Er drehte sich um und betrachtete die schlanke Frau, die lang ausgestreckt auf dem Laken lag, die Arme an den Seiten, die Beine noch immer weit gespreizt. »Du bist wieder da.«
    Sie machte ein undeutliches Geräusch. »Was für eine Arroganz. Meine vorübergehende … Abwesenheit hatte nichts mit dir zu tun, wie du nur allzu gut weißt.«
    »Nichts?«
    »Na schön, sagen wir ein bisschen. Du weißt, dass ich in Dunkelheit wandle, und wenn es mich ergreift, reise ich in der Tat weit.«
    Er sah sie ein halbes Dutzend Herzschläge lang an. »In letzter Zeit passiert das öfter«, sagte er.
    »Ja.« Die Hohepriesterin setzte sich auf, zuckte zusammen, als etwas sie im Kreuz zwickte, und rieb sich die betreffende Stelle. »Kannst du dich noch erinnern, Spin, wie es war, als all das einst so einfach war? Unsere jungen Körper schienen wie geschaffen für genau diese Sache – Schönheit, die sich um einen Knoten aus Verlangen wob. Erinnerst du dich, wie wir unsere Bereitschaft gezeigt haben, wie stolz wir uns gebrüstet haben wie die Blüten fleischfressender Pflanzen? Wie es dazu geführt hat, dass wir beide für uns selbst zum Allerwichtigsten auf der Welt geworden sind? Ja, so war die verführerische Kraft jenes Knotens aus Verlangen, der erst uns verführt hat, und dann andere … so viele andere …«
    »Sprich für dich selbst«, sagte Spinnock lachend, auch wenn ihre Worte tief in seinem Innern etwas – einen Hauch von Schmerz – anstupsten, dem

Weitere Kostenlose Bücher