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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Endest Silann, liegt bei Mutter Dunkel selbst.«
    Und in genau diesem Augenblick begriff der junge Akolyth, was der Lord vorhatte. Und ja, Anomander würde ihn in der Tat brauchen. Er würde seine Seele brauchen – Mutter, vergib mir –, um den Weg zu öffnen, um den Lord auf die Unsichtbare Straße zu führen.
    Und er wird vor ihr stehen, ja. Groß, unnachgiebig, ein Sohn, der keine Angst hat. Nicht vor ihr. Und auch nicht vor seiner eigenen Wut. Der Sturm, oh, der Sturm … er fängt gerade erst an.
    Endest Silann saß allein in seinem Zimmer, dessen kahle steinerne Wände so fest und kalt waren wie die einer Gruft. Auf dem einzigen vorhandenen Tisch stand eine kleine Öllampe, ein Beleg für seine schwächer werdenden Augen, für den Makel des Lichts auf seiner Seele – ein Makel, der jetzt so alt war, so tief eingegraben ins Narbengewebe seines Herzens, dass er sich in seinem Innern wie festes Leder anfühlte.
    Da er alt war, hatte er das Privileg, alte Erinnerungen im Geiste noch einmal zu durchleben und in seinem Fleisch und seinen Knochen die Rückbesinnung auf seine Jugend wieder aufleben zu lassen – an die Zeit, ehe die Schmerzen sich in seinen Gelenken eingenistet hatten, ehe brüchige Wahrheiten seinen Körper geschwächt und ihn selbst zu einem gebeugten, taumelnden Wrack gemacht hatten.
    »Halte den Weg offen, Endest Silann. Sie wird gegen dich wüten. Sie wird versuchen, mich zu vertreiben, sich mir gegenüber zu verschließen. Halte aus. Gib nicht nach.«
    »Aber Lord, ich habe ihr mein Leben verschworen.«
    »Und welchen Wert hat das, wenn sie nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht wird?«
    »Sie ist diejenige, die uns alle erschaffen hat, Lord!«
    »Ja, und daür wird sie Rechenschaft ablegen müssen.«
    Die Jugend war die Zeit der harten Urteile. Mit dem Alter ebbte dieses Feuer ab. Die Gewissheit selbst verkümmerte. Die Träume von Erlösung gerieten allmählich in Vergessenheit, und wer konnte diese schreckliche Wahrheit infrage stellen? Sie waren durch eine Zitadelle gegangen, die von Toten bevölkert gewesen war – von den Aufgebrochenen, den Übergeschwappten. Wie bei den gewaltsam geöffneten Körpern konnten die Spannungen, Rivalitäten und Fehden nicht mehr länger zurückgedrängt werden. Chaos war in einer rohen, blutigen Geburt entfesselt worden, und jetzt hockte das Kind mit brennenden Augen inmitten seiner mitgenommenen Spielzeuge.
    Der Narr schloss sich an. Der Narr tat das immer. Der Narr folgte dem Ersten, der ihn rief. Der Narr trat feige und erleichtert alle Rechte ab – zu denken, sich zu entscheiden, seinen eigenen Weg zu finden. Und so schritt Endest Silann die karmesinroten Korridore entlang, durch die von üblem Gestank erfüllten Gänge; er war da, nur zwei Schritte hinter Anomander.
    »Wirst du tun, worum ich dich bitte, Endest Silann?«
    »Ja, Lord.«
    Wirst du durchhalten?
    Ich werde durchhalten.
    Wirst du an jenem Tag auf mich warten?
    An welchem Tag, Lord?
    An dem Tag, an dem alles endet, Endest Silann. Wirst du an jenem Tag auf mich warten?
    Ich habe gesagt, dass ich durchhalten werde, Lord – und das werde ich.
    Halte durch bis zu jenem Tag, alter Freund. Bis zu jenem Tag. Bis zu dem Augenblick, da du mich verraten musst. Nein – keine Widerrede, Endest. Du wirst den Zeitpunkt erkennen, du wirst ihn erkennen und zwar bestens.
    Er vermutete, dass es das war, was ihn am Leben erhielt. Dieses angespannte Warten, so lange, dass alles verkrustet, steif und von der Anlagerung der Jahrhunderte beinahe formlos geworden war.
    »Sag mir, Endest, was rührt sich im Großen Grabhügel?«
    »Lord?«
    »Ist es Itkovian? Werden wir tatsächlich Zeuge der Geburt eines neuen Gottes?«
    »Ich weiß es nicht, Lord. Solche Dinge sind mir verschlossen.« Wie schon immer seit jenem Tag im Tempel.
    »Oh, ja, das hatte ich vergessen. Es tut mir leid, alter Freund. Dann werde ich wohl mit Spinnock sprechen. Dass er sich vielleicht unauffällig ein bisschen umhört.«
    »Er wird Euch wie immer dienen, Lord.«
    »Ja. Eine meiner Bürden.«
    »Ihr tragt sie gut, Lord.«
    »Du bist ein armseliger Lügner, Endest.«
    »Ja, Lord.«
    »Dann also Spinnock. Schicke bitte nach ihm, wenn du gehst – er braucht sich nicht zu beeilen, sondern soll kommen, wenn er Zeit hat.«
    »Erwartet ihn unverzüglich, Lord.«
    Anomander seufzte daraufhin, denn eine andere Antwort war nicht möglich, oder? Und auch ich bin für dich eine Bürde, Lord. Aber am besten, wir sprechen nicht darüber.
    Sieh

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