Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
auf. »Wen?«
Sie hob die Schultern. »Er schien zu erwarten, dass ich ihn erkenne, und sagte lediglich, er wünsche seinen Cousin Waringham zu sprechen.«
Die Ritter am Tisch lachten leise, und Alexander erklärte: »Es muss an die fünfzig Männer in England geben, die ihn so nennen könnten. Sogar ich zähle dazu.«
Die Magd lächelte unsicher. »Ein goldener Bär und ein komischer weißer Stock auf Rot«, sagte sie.
Die Gesichter am Tisch wurden schlagartig ernst. Dieses Wappen war ihnen allen bekannt.
»Er ist der Earl of Warwick, Anabelle«, sagte Julian. »Führ ihn herauf, sei so gut.«
Anabelle sah einen Moment so aus, als wolle sie beeindruckt durch die Zähne pfeifen, besann sich aber, strich sich den Rock und das Haar glatt, nahm die Schultern zurück und verließ die Halle.
Keiner sagte etwas, bis Warwick eintrat. Er nickte höflich in die Runde. »Gentlemen.« Sein verbindliches Lächeln war eine seiner gefährlichsten Waffen, hatte Julian inzwischen erkannt.
»Richard«, grüßte er kühl. »Du kennst Lucas Durham und Tristan Fitzalan? Und das ist Alexander Neville, mein Knappe.Alexander: Richard Neville, der Earl of Warwick. Wie genau ihr miteinander verwandt seid, wollt ihr bitte selbst entwirren.«
»Unsere Großväter waren Brüder«, sagten sie wie aus einem Munde, doch wenngleich der Moment komisch war, lachte niemand. Alexander warf Warwick mit gesenktem Kopf einen verstohlenen Blick zu.
Warwick bedachte ihn mit einem zerstreuten Lächeln, ehe er Julian bat: »Könnte ich dich unter vier Augen sprechen?«
»Nein.«
»Ach, nun komm schon, Cousin …«
Julian hob abwehrend die Hand. »Es ist ein paar Jahre her, dass ich zuletzt auf die Masche hereingefallen bin, Richard. Nimm Platz. Trink einen Becher mit uns. Sag, was du zu sagen hast, aber nicht ohne Zeugen.«
Warwick betrachtete ihn, seine Miene eine Mischung aus Spott und Anerkennung. »Na schön«, erwiderte er dann und setzte sich auf einen freien Sessel Julian gegenüber. In Alexanders Richtung befahl er: »Schließ die Tür und bring mir Wein.«
Der junge Mann erhob sich willig und gehorchte. Julian gefiel es nicht, dass Warwick seinen Knappen herumscheuchte, aber er gab keinen Kommentar ab.
Alexander schloss die schwere Eichentür der Halle, holte einen kostbaren Glaspokal aus einem Schrank an der Wand und füllte ihn aus dem Krug auf dem Tisch. Mit einer formvollendeten Verbeugung stellte er ihn vor Warwick ab und kehrte an seinen Platz zurück.
»Wir sind gespannt, Richard«, bekannte Julian. »Was mag es sein, das dich herführt? Wenn du Männer suchst, die dir helfen, Richard of York auf Englands Thron zu hieven, bist du hier wirklich ganz falsch.«
»Dazu brauche ich keine Hilfe«, gab Warwick gleichmütig zurück. Er ließ entspannt einen Arm über die Rückenlehne des Sessels baumeln, führte den Becher an die Lippen und trank genüsslich. Nachdem er den guten Burgunder eine angemessene Zeit über die Zunge hatte rollen lassen, fuhr er fort: »Eswird geschehen, Julian. Weder du noch Somerset oder dieser gottverfluchte Tudor drüben in Wales kann irgendetwas tun, um es zu verhindern. Wir haben den ganzen Nachmittag in kleinem Kreis mit dem König verhandelt und einen Kompromiss gefunden.«
»Mit dem König verhandelt?«, wiederholte Julian. »Aber er ist …«, wieder einmal völlig weggetreten , hatte ihm auf der Zunge gelegen, doch er schluckte es gerade noch rechtzeitig herunter und sagte stattdessen: »Der König ist sehr niedergeschlagen seit der Schlacht von Northampton. Ich glaube nicht, dass er derzeit in der geeigneten Verfassung ist, Kompromisse auszuhandeln.«
»Glücklicherweise steht dir diesbezüglich aber kein Urteil zu, nicht wahr«, gab Warwick zurück. »Er hat zugestimmt und uns auf seine Zustimmung Brief und Siegel gegeben.«
Julian schwieg einen Moment betroffen, als ihm klar wurde, dass York und Warwick den König und das Parlament übertölpelt und sie alle vor vollendete Tatsachen gestellt hatten. Er wappnete sich für das Schlimmste: »Und wie soll dieser Kompromiss aussehen?«
»Henry bleibt bis zu seinem Tode dem Titel nach König von England, aber York wird Regent. Marguerites Sohn wird enterbt. Nach Henrys Tod folgt der Duke of York ihm als König von England, die Thronfolge geht auf sein Haus über, und dann werden die Dinge endlich so sein, wie sie von Rechts wegen sein sollten.«
Julian und seine Ritter tauschten entsetzte Blicke. »Ihr schließt Edouard von der Thronfolge aus,
Weitere Kostenlose Bücher