Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
beraubt ihn seines Erbes und behauptet dann auch noch, ihr stelltet das Recht wieder her? Das ist grotesk.«
»Ach, komm schon.« Warwick winkte ungeduldig ab. »Es bestehen berechtigte Zweifel an der Vaterschaft des Bengels. Dir muss ich ja wohl nicht erzählen, was für ein läufiges Luder Marguerite d’Anjou ist.«
Julian stand auf. »Der Prinz ist des Königs Sohn. Wer etwas anderes behaupten will, ist entweder blind oder ein Lügner. Ichkann nur hoffen, dass ihr Henrys Düsternis nicht verschlimmert habt, indem ihr das ihm gegenüber in Zweifel gezogen habt.«
Warwicks mokantes Lächeln verriet, dass genau das die Waffe ihrer Wahl gewesen war. »Es ist höchst verdächtig, wie vehement du plötzlich den König verteidigst, für den du früher nichts als Spott und Hohn übrig hattest.«
»Wie in so vielen anderen Dingen habe ich auch darin dir nachgeeifert, Richard.«
»Früher hattest du den Mut, ehrlich zu sein. Jetzt bist du ein gehorsamer Lancastrianer, der die Augen vor der Wirklichkeit verschließt, genau wie dein Vater.«
»Du irrst dich. Ich verschließe die Augen nicht, und das hat auch mein Vater nicht getan. Aber die Krone gehört von Rechts wegen nun einmal Lancaster, nicht York.«
»Früher einmal hast du anders gedacht.«
»Ich habe das gedacht, was du wolltest. Was du mir vorgebetet hast. Inzwischen habe ich mich mit den Fakten vertraut gemacht. Mit den Fakten, die das Parlament geschaffen hat.«
Warwick winkte ab. »Nichts als lahme Rechtfertigungen für einen Thronraub.«
»Darüber könnten wir streiten, bis die Hölle gefriert, schätze ich. Aber ich baue auf Lancasters Zukunft, und die heißt Edouard. Wenn Richard of York die Krone an sich reißt, ist er ein Usurpator, nichts weiter. Und ich sage dir: Nicht jeder in England wird das tatenlos mit ansehen.«
»Es wird ihnen nichts anderes übrig bleiben, denn es ist beschlossene Sache. Es ist der Wille des Königs.«
»Aber todsicher nicht der Wille der Königin«, entgegnete Julian. »Mir scheint, ihr habt eure Rechnung ohne Marguerite gemacht. Das ist nicht sehr klug, weißt du.«
»Ich glaube nicht, dass der Gedanke mir den Schlaf rauben wird.«
Es war einen Augenblick still. Dann sagte Julian: »Ich will nicht unhöflich erscheinen, aber ich wäre dir dankbar, wenn du uns sagtest, was dich hergeführt hat.«
Warwick trank noch einen Schluck, stellte den Becher dann auf den Tisch und sah ihn an. »Du weißt, wo sie ist, oder?«
»Vielleicht.« Julian hatte nicht wieder Platz genommen. Er war zu rastlos, um still zu sitzen. »Und wenn es so wäre?«
»Wir hatten gehofft, du würdest zu ihr reiten und bei ihr für unseren Kompromiss werben. Auf dich würde sie möglicherweise hören. Immerhin bist du ein Waringham. Wenn du sie überzeugen könntest, sich zu fügen, würdest du England vielleicht allerhand ersparen.«
Julian schüttelte ungläubig den Kopf. »Du kannst es dir schenken, an mein Gewissen zu appellieren. Die Königin würde diesem faulen Kompromiss zu Lasten ihres Sohnes niemals zustimmen, ganz gleich, wer ihn ihr anträgt. Und ich werde es mit Sicherheit nicht sein, denn ich kann ihr kaum schmackhaft machen, woran ich selbst nicht glaube.«
»Es ist die einzige Lösung«, beharrte Warwick.
»Es ist ein Thronraub mit einem durchsichtigen Anstrich der Legitimität.«
»Ich würde mir an deiner Stelle gut überlegen, ob du dich wirklich weigern willst. Der zukünftige König wüsste ein Zeichen des Einlenkens von dir gewiss zu schätzen. Und er wird nicht vergessen, wie du dich in dieser Sache verhältst, sei versichert.«
»Ich nehme deine Drohung mit Gelassenheit zur Kenntnis, Richard.« Julian hinderte sich nur mit Mühe daran, die Fäuste zu ballen. Er war alles andere als gelassen.
Warwick ließ ihn nicht aus den Augen. »Wo ist sie?«, fragte er.
Julian lachte. »Hast du Exeters Tochter mit hergebracht, oder wie gedenkst du mir die Antwort zu entlocken?«
»Ich brauche dir nur folgen zu lassen, um es herauszubekommen, nicht wahr?«
Julian, Lucas und Tristan verständigten sich mit Blicken. Dann nickte der junge Waringham seinem Cousin höflich zu. » Bonne Chance , Richard. Und leb wohl.« Er wandte sich zur Tür und sagte zu Alexander: »Komm mit.«
Warwick sprang auf die Füße. »Was fällt dir ein, du verfluchter Flegel? Du kannst mich hier nicht einfach stehen lassen …«
»Oh doch, ich kann«, gab Julian über die Schulter zurück und öffnete die Tür. Aus dem Augenwinkel sah er seine beiden
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