Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Tisch und hatte das geschiente Bein auf einen zweiten gelegt, doch jetzt griff er nach den Krücken, die Jack Carpenter aus dem Dorf ihm angefertigt hatte, und machte Anstalten, sich zu erheben. »Mylord.«
Julian legte ihm die Hand auf die Schulter. »Bleib sitzen, um Himmels willen. Ich weiß auch so, dass du das Prinzip mittlerweile begriffen hast.«
Sie tauschten ein Grinsen. Obwohl Roland inzwischen zweiundzwanzig war, war er immer noch Knappe und immer noch in Waringham. Er hatte kein Interesse am Ritterschlag des Thronräubers, und er hatte auch keine Eile, seine Güter in Besitz zu nehmen. Roland lebte für das Gestüt und bemühte sich seit einem Jahr vergeblich um die Einwilligung seines Onkels, die Tochter des Sattlers zu heiraten.
Julian setzte sich zu ihm. »Noch Schmerzen?«
Der junge Mann machte eine vage Handbewegung. »Wenn ich zu viel herumlaufe. Aber es macht sich. Der Knochen heilt schneller als mein verletzter Stolz, Sir. Wie kann man nur vom Heuboden fallen? Habt Ihr je etwas Dämlicheres gehört?«
»Sei dankbar, dass es nicht der Hals war, den du dir gebrochen hast.«
»Oh ja. Das bin ich.«
Es war auch so schlimm genug. Der Unfall hatte sich abends ereignet, als es im Gestüt schon still geworden war, und erst gegen Mitternacht hatte Melvin Roland gefunden, weil er ihn vorher an so ziemlich jedem anderen Ort in Waringham gesucht hatte. Bis der Arzt aus Canterbury herbeigeschafft war,war es schon fast Morgen gewesen, und der gelehrte Doktor hatte sie gewarnt, dass das Bein steif werden könnte, weil es so lange gedauert hatte, bis er es richten konnte.
Roland schien nicht sonderlich beunruhigt, sondern wartete einfach ab.
Julian und Lucas berichteten die unerhörten Neuigkeiten von Warwicks Rebellion, aber die Nachricht hatte Waringham schon vor ihnen erreicht.
»In Canterbury erzählt man, dass Warwick und Clarence eine Art … Beschwerdeschrift gegen den König proklamiert haben und an Kirchentüren nageln«, hatte Janet gehört.
»Das stimmt«, sagte Lucas.
»Sie haben einfach die genommen, die Warwick und York vor fünfzehn Jahren gegen König Henry und seine Ratgeber veröffentlicht haben, und nur die Namen ausgetauscht«, mutmaßte Julian.
Janet warf ihm einen Blick zu, und ihre Augen waren voller Unruhe. »Und was wird nun?«
Julian wusste, sie bangte um die Zukunft ihrer Brüder und vermutlich auch um die ihres Königs, selbst wenn sie sich das vielleicht nicht eingestand. »Das müssen wir abwarten. Jetzt kann alles Mögliche passieren, und zwar sehr schnell.«
In der Abgeschiedenheit hinter den Bettvorhängen gestand er seiner Frau seine Sorge, dass Warwick seinem eigenen Ehrgeiz die Stabilität Englands opferte. Julian war nicht einverstanden mit einem York auf Englands Thron, aber selbst er musste gestehen, dass Edward England gut tat, weil er Recht und Ordnung wiederhergestellt hatte. Was Clarence und Warwick daraus machen würden, wollte er sich lieber gar nicht vorstellen.
Janet setzte sich auf und öffnete den Bettvorhang. Die Wolkendecke war aufgerissen, ein strahlender Vollmond schien durchs Fenster und tauchte den Raum in silbriges Licht. »Denkst du wirklich, sie könnten Erfolg haben?«, fragte sie. »Edward ist ein wehrhafter König. Er hat sich die Krone mit dem Schwert erkämpft und wird sie auch mit dem Schwert verteidigen.«
»Er hat ungefähr tausend Mann um sich geschart, aber allein die Zahl der lancastrianischen Rebellen unter Robin of Redesdale, die ihm entgegenziehen, ist größer.« Julian raufte sich die Haare. »Jasper hat Recht: Diese ganze Geschichte ist absurd und wird immer absurder. Wie kann es sein, dass ich mich plötzlich in der Lage finde, Edward of March und Black Will Herbert Erfolg zu wünschen?«
Janet zog die Knie an und schlang die Arme darum. Nachdenklich schaute sie auf das perfekte Rund des Mondes hinaus, der wie ein blank polierter Penny am Himmel prangte, und sein Licht beschien ihr Profil. Der lange, geflochtene Zopf, der ihr über die Schulter hing und sich an ihren Hals schmiegte, schillerte wie Libellenflügel. »Wenn du dich offen zu Edward bekennen würdest, könnte das so manchen Lord in England dazu bewegen, das Gleiche zu tun.«
Julian streckte die Hand aus und strich über den Zopf. Glatt und seidig. Und üppig, wie alles an ihr. »Du weißt, dass ich das nicht tun kann.«
Sie nickte, und als er den Träger ihres Hemdes über die Schulter streifte, sah sie ihn an und lächelte. »Du hast mir
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