Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
?«
Lucas sah von einem zum anderen und nickte. »Das tut ihr. Obwohl die fragliche Dame überhaupt nicht unglücklich ist. Ihr benehmt euch albern, und ihr geht mir auf die Nerven mit eurem ewigen unterschwelligen Groll. Das wollte ich euch schon lange mal sagen.« Damit setzte er sich in einen Sessel, legte die Füße in den sündhaft teuren Stiefeln auf die Kaminbank und wartete in aller Seelenruhe aufs Essen.
Jasper und Julian beäugten einander unsicher. Dann gab Letzterer sich einen Ruck und fragte: »Woher wusstest du, dass ich zurück bin?«
»Wenn die Edmund in London einläuft, pfeifen es die Spatzen von den Dächern«, antwortete Jasper. »Ein schönes Schiff, Julian.«
»Danke.«
»Hast du es nach meinem Bruder benannt?«
Julian nickte.
Jasper kratzte sich am Ohr und nickte ebenfalls. Beinah hätte man meinen können, er sei verlegen. »Gut von dir. Jedenfalls … Ich war seit gestern in der Stadt, in einem übel beleumundeten Gasthaus in Billingsgate, das einem von Lucas’ zwielichtigen Freunden gehört, dem er mich vor Jahren einmal vorgestellt hat. Sehr nützlicher Kontakt, wenn man im Untergrund ist.«
Julian wandte sich an Lucas. »Was hat es eigentlich auf sich mit deiner Familie und diesem Gelichter?«, fragte er ungehalten.
Der Ritter stierte in sein Bier. »Ein andermal, Onkel …«
Anabelle rettete ihn vor weiteren unangenehmen Fragen, denn sie wählte diesen Moment, um das Essen aufzutragen: eine wagenradgroße Schüssel, der ein verführerischer Duft nach geschmortem Lamm entstieg, und einen Laib deftiges Brot. »Hier, Gentlemen. Lammbohnen.«
Julian schnupperte. »Hm. Riecht wunderbar, Anabelle.«
Die drei Männer setzten sich zu Tisch, wuschen sich die Hände in der Schale, die die Magd brachte, und senkten die Köpfe zum Tischgebet.
Nachdem Anabelle aufgefüllt hatte und sie wieder allein waren, fragte Julian: »Wie geht es Blanche und den Kindern?«
Jasper kaute emsig und schluckte, ehe er antwortete. »Gut. Blanche wäre lieber in Pembroke, denn Raglan ist ihr zu nah an der Grenze, an Herefordshire und an Thomas Devereux, aber wie du vermutlich weißt, hat deine Schwester die Gabe, sich in das Unvermeidliche zu fügen.«
Black Will Herbert hatte Richmond vor ein paar Jahren zur weiteren Erziehung nach Raglan Castle geschickt, und natürlich waren Jasper und die Seinen dem Jungen gefolgt.
»Ich schätze, Blanche braucht sich keine Sorgen zu machen. Thomas Devereux ist jetzt viel in Westminster, hört man«, erwiderte Julian. »Er ist immer noch Sheriff von Herefordshire, aber er überlässt die Amtsgeschäfte meist seinem Bruder, um bei Hofe nach einem lukrativen Amt und einem Titel zu fischen.«
Jasper brummte. »Ehe ein Devereux in den Adelsstand erhoben wird, gibt es in der Hölle eine Schlittenpartie.«
»Sag das nicht«, entgegnete Julian, aß einen Löffel Eintopf und brach sich ein Stück Brot ab. »Er ist in den Dienst des jungen Richard of Gloucester getreten.«
»Gloucester? Er muss noch ein Bengel sein.«
Aber Julian schüttelte langsam den Kopf. »Er ist siebzehn und macht in Turnieren schon von sich reden. Der Duke of Clarence mag ein versoffener Schwächling und Verräter sein, aber Gloucester ist ein Bruder, auf den Edward sich verlassen kann.Falls er seine Krone behalten sollte, wird der junge Gloucester an seinem Hof den Platz einnehmen, den bislang Warwick innehatte, darauf möchte ich wetten. Also setzt Devereux vielleicht auf genau den richtigen Gaul.«
»Du bist gut informiert über die Vorgänge am yorkistischen Hof«, bemerkte Jasper.
Julian schenkte ihm Ale nach und lächelte. »Das ist einer der Vorzüge daran, mit einer Yorkistin verheiratet zu sein.«
»Sie spioniert für dich?«, fragte Jasper ungläubig.
Julian wiegte den Kopf hin und her. »So weit würde ich nicht gehen. Sie korrespondiert mit alten Freunden. Manchmal lässt sie einen der Briefe, die sie erhält, so liegen, dass ich ihn finden muss. Was ich finde, lese ich. Das ist alles. Wir haben noch nie ein offenes Wort darüber gesprochen.«
Jasper betrachtete ihn neugierig, seine Augen funkelten. »Es muss faszinierend sein, eine Feindin zur Frau zu haben.«
Julian zog eine Braue in die Höhe. »Faszinierend? Ich wusste gar nicht, dass du eine Vorliebe für das Bizarre hast, Jasper. Man könnte dich fast für einen Lancaster halten.«
»Apropos.« Jasper wurde wieder geschäftsmäßig. »Hast du Marguerite und Edouard gesehen?«
Julian berichtete kurz von seinem Besuch.
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