Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
nach oben. »Und verschwende nur meine Zeit, wie ich merke.« Er wandte sich zur Tür.
Julian geleitete ihn bis in den Hof hinaus. »Grüß meine Schwester und meine Neffen und Nichten. Wie viele sind es inzwischen?«
»Von jedem zwei. Bei euch?«
»Drei Söhne, zwei Töchter«, antwortete Julian mit unverhohlenem Stolz.
Jasper nahm dem Bäckersohn sein Pferd ab und schwang sich in den Sattel. »Gib gut auf sie Acht.«
Und damit preschte er aus dem Tor und auf die regennasse Straße hinaus, ein Reiter in einem dunklen Mantel ohne Wappen, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, wie tausend andere auf den Straßen der großen Stadt.
Es wurde spät, als Julian und Lucas in Waringham eintrafen, aber da es Juli war, herrschte noch Abendlicht, und schon auf der Zugbrücke hörten die beiden Heimkehrer den Klang von Hämmern und Sägen und das undefinierbare Gepolter, das es auf jeder Baustelle gab.
»Du meine Güte«, murmelte Julian vor sich hin. »Janet lässt die armen Handwerker schuften, bis sie umfallen.«
»Vermutlich, weil sie weiß, dass du es kaum erwarten kannst, endlich euer neues Heim zu beziehen«, mutmaßte Lucas.
Julian brummte.
Der Haushalt war einfach zu groß geworden, um alle, die ihm angehörten, noch angemessen im Bergfried unterzubringen. Waringham war einer der letzten Orte in England, wo Lancastrianer Zuflucht finden konnten, und Julian hatte niemanden abgewiesen, der an sein Tor klopfte. Dank seiner Landreform, vor allem aber mit dem Wollhandel und der Pferdezucht hatte er im Laufe der vergangenen Jahre viel Geld verdient, sodass er sich einen großen Haushalt leisten konnte. Doch seine Familie wie auch die Familien seiner Ritter – alter wie neuer – waren stetig gewachsen, und schließlich hatte er einsehen müssen, dass neue Unterkünfte her mussten, und Janets Drängen nachgegeben. Sie war selig gewesen. Aber bilde dir ja nicht ein, dass die Ritter in die neuen Gemächer ziehen und wir in diesemgrässlichen Kasten wohnen bleiben, hatte sie ihm gesagt. Und so rückte der Tag ihres Umzugs unaufhaltsam näher.
Der Neubau war ein langgezogenes Gebäude, das sich in der Osthälfte des Burghofs parallel zur Nordmauer erstreckte. Der Sandplatz und ein paar windschiefe Wirtschaftsgebäude hatten weichen müssen. Das Erdgeschoss war gemauert, das vorspringende Obergeschoss bestand aus Fachwerk, und beide hatten großzügige Fenster. Fast jeder Raum werde beheizbar sein, hatte Janet ihm vorgeschwärmt, und die Wohngemächer der Waringham sollten großzügig, behaglich und modern zugleich werden. Schluss mit kaltem Gemäuer, zugigen Korridoren und Ratten im Bodenstroh. In Zukunft würden sie in trockenen Räumen mit verputzten Wänden und gefliesten Böden leben. Viel gesünder, vor allem für die Kinder. Julian wusste, sie hatte Recht. Und er hatte nicht vergessen, wie der alte Bergfried ihn bedrückt hatte, als er nach dem Tod seines Vaters als Earl of Waringham heimgekehrt war. Doch der Gedanke, nicht mehr in dem Wohngemach über der Halle zu leben, das diesen herrlichen Blick auf den Rosengarten bot und Schauplatz so vieler Schicksalsstunden seines Geschlechts gewesen war, bekümmerte ihn.
Noch war es allerdings nicht so weit, und wie eh und je stiegen Julian und Lucas die ausgetretenen Steinstufen des Bergfrieds hinauf und betraten das Wohngemach.
»Julian!« Janet erhob sich vom Fenstersitz und trat ihm entgegen. »Willkommen zu Hause.«
Er nahm ihre Hände und küsste sie sittsam auf die Stirn. Ihre Wikingeraugen strahlten vor Freude, und ihm wurde wohlig zumute. »Danke.«
»Wie war die Fahrt?«
»Stürmisch und einträglich, und ich bringe Neuigkeiten. Was machen die Kinder?«
»Sie schlafen längst. Edmund, John und Alice waren erkältet, und Edmund hatte so hohes Fieber, dass ich zwei Nächte in Sorge war. Aber jetzt ist alles überstanden.«
Julian war erleichtert, dass diese beiden bangen Nächte während seiner Abwesenheit stattgefunden hatten. Lucas und Katehatten ihm beide schon gelegentlich vorgehalten, er sei maßlos in der Liebe zu seinen Kindern und fordere damit das Schicksal heraus. Er nahm an, sie hatten Recht, nur wusste er nicht, wie er es anstellen sollte, sie weniger zu lieben. Und jedes Mal, wenn eines von ihnen krank war – was bei fünfen eigentlich immer der Fall war –, litt er Qualen.
Er begrüßte seine Schwester, seine Nichten, seinen Kaplan, seinen Steward und dessen Gemahlin und zum Schluss seinen Neffen.
Roland saß in einem der Sessel am
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