Das Spiel der Nachtigall
will deinen Arsch sehen.«
Die Aussicht darauf, den unfreiwilligen Zuhörer dabei zu spielen, wie der Meißner seine ehelichen Rechte einholte, war alles andere als erhebend, doch immer noch besser als die Aussicht, von dem Mann totgeprügelt zu werden. Also rührte Walther sich nicht und versuchte, sich von den Geräuschen über ihm abzulenken, indem er über das nachdachte, was er gerade gehört hatte. Ob Herzog Friedrich mit dem Landgraf von Thüringen zurückkehrte? Oder würde er versuchen, den Kreuzzug ohne den Kaiser weiterzuführen? Der junge Leopold in Wien hatte gewiss auch schon vom Tod des Kaisers erfahren und Reinmar den Auftrag gegeben, ein Klagelied zu verfassen.
Wehe dir, Land, des König ein Kind ist und des Fürsten frühe essen! Wenn Walther an die Versammlung in Frankfurt dachte, dann konnte man allen Fürsten wahrlich einen gierigen Schlund bescheinigen. Das Wort satt kannte keiner von ihnen. Sie würden alle wie Dietrich versuchen, weitere Macht und Ländereien zu gewinnen. Es sei denn, die Markgräfin hatte recht, und Philipp brach den Eid auf seinen Neffen, um selbst König zu werden. Aber müsste er sich dazu nicht erst wählen lassen, von den gleichen Fürsten, die in Frankfurt für seinen Neffen gestimmt hatten und von denen jetzt bestimmt die Hälfte wegen des Kreuzzugs nicht mehr im Lande weilten?
Über sich hörte er Dietrich grunzen und ächzen und fragte sich, ob er selbst so ähnlich klang, wenn er nicht wie gerade eben Vorsicht wegen möglicher Lauscher walten lassen musste. Wie eigenartig, dass Menschen im Augenblick höchster Ekstase nicht melodiöser als manche Tiere sein konnten. Jutta blieb still; Walther hätte das auf ihre Abneigung gegen ihren Gemahl geschoben, doch wenn er sich recht besann, hatte sie in seinen Armen auch erst nach einigen Treffen erkennen lassen, dass sie genoss, was er tat. Walther hatte all sein Wissen nutzen müssen, um aus einer stummen eine schnurrende Katze zu machen, bis sie dann sogar eine laute wurde, deren Schreie er häufig durch eine Hand dämpfen musste. Er fragte sich, ob Jutta in ihrer Beziehung Vergnügen gesucht hatte oder nur Rache gegen ihren Gemahl, doch diese Frage führte ihn unweigerlich in Gefilde, die er lieber nicht besuchen wollte. Er schob sie vehement zur Seite und überlegte lieber, was sich mit dieser Nachricht anfangen ließ, wenn man ein Sänger war und kein begüterter Edelmann. Ein Gedanke kam ihm, scherzhaft, nicht ernster als die meisten Dinge, die er von sich gab, wenn er sich und anderen die Zeit vertreiben wollte: Wenn alle Fürsten um mehr und neue Lehen bitten, warum dann nicht auch ein Sänger? Er grinste, und wie zur Antwort stöhnte Dietrich auf dem Bett ein letztes Mal. Das Gerüttel hörte auf, während der Markgraf sich zur Seite wälzte. Er schien kein Freund von Vor- oder Nachspiel bei der Liebe zu sein, wenn er überhaupt davon wusste. »Bring mir Wein, Weib. Dann sieh zu, dass unsere Abreise vorbereitet wird. Wir gehen nach Meißen, und bei Gott, jeder von den Kerlen, der die Stirn hat, mir den Vasalleneid zu verweigern, wird Glück haben, wenn er sich mit doppelten Abgaben um meine Verzeihung bemühen kann.«
Als der Markgraf seinen Wein getrunken hatte und endlich verschwunden war, kroch Walther unter dem Bett hervor und zog sich rasch an. Jutta hielt noch den Becher in der Hand.
»Er ist so ein Narr«, sagte sie düster. »Nach Meißen gehen? Mein Vater wird ihn nie wieder als Nachfolger in Erwägung ziehen, selbst wenn die Stiefmutter nur Töchter in die Welt setzt. Man kann nicht einfach eine Aufgabe übernehmen und dann loslaufen, wenn irgendwo eine Wurst zum Verspeisen winkt.«
Ihre blonden Haare waren zu einem Zopf geflochten gewesen, als sie ihre Mägde fortgeschickt und Walther in ihr Gemach eingelassen hatte. Nun bestand der Zopf nur noch aus lose zusammenhängenden Strähnen, die ihr aber weit über die Schultern hinunterfielen. Am Hals konnte er einen blauen Fleck entstehen sehen und wusste, dass der wohl von ihm stammte. Es löste eine seltsame Mischung aus Bedauern und Begierde in ihm aus, sie so zu sehen, und gleichzeitig war er froh, sie nicht zu lieben, denn sonst hätte es ihm das Herz zerrissen.
»Ich glaube, Ihr habt recht«, sagte er, weil es sinnlos war, etwas über ihre Ehe zu bemerken, »der Herzog von Schwaben wird selbst nach der Krone greifen. Nur ein Heiliger würde das jetzt nicht tun, und ich habe ihn kennengelernt – er ist es nicht.«
Sie starrte weiter in den
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