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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Ihr, mein König, der Ihr gerade erst geheiratet habt und bei der Fruchtbarkeit Eurer Familie gewiss bald Söhne haben werdet, vorhabt, Euren Neffen zu unterstützen, während er für Euch die Kämpfe ausficht, die nötig sind, damit das Reich endgültig den Welfen zufällt. Im sehr wahrscheinlichen Fall seines frühen Ablebens bliebe Euch nichts anderes übrig, als zu aller Nutzen die deutsche Krone selbst zu ergreifen, um sie später einmal einem Eurer Kinder zu übergeben.«
    Diesmal verstand Paul, was bei all dem Herumgerede wirklich beabsichtigt schien: Sein Vater bot John an, im Gegenzug zu dessen Erneuerung der englischen Unterstützung, nach Otto selbst den Thron für sich beanspruchen zu können. Da John gerade dabei war, demütigenderweise jene Fürstentümer zu verlieren, die sein Bruder und Vater gehalten hatten, vielleicht selbst die Normandie, die Heimat des derzeitigen Königsgeschlechts, würde das sein Geschick mit einem Schlag umkehren. John Ohneland, wie man ihn manchmal nannte, wäre John mit dem meisten Land, das ein englischer König je gehabt hatte, und der französische König würde sich sehr warm anziehen müssen, bei dem kalten Wind, der ihm dann von zwei Seiten entgegenblasen würde, aus England und dem Reich. Es war ein Angebot, das kein Fürst ablehnen konnte.
    »Meister Stefan«, sagte John und gebrauchte den deutschen Namen von Pauls Vater, obwohl der ihm gar nicht genannt worden war, »ich finde, Ihr solltet eine Weile in Rouen bleiben – wenn es Euch nichts ausmacht, in einer Stadt zu sein, die demnächst belagert sein könnte. Kommt heute Abend zu mir, dann sprechen wir weiter.«
    Paul und sein Vater machten ihre Verbeugungen und entfernten sich. Erst, als sie die Kathedrale längst hinter sich gelassen hatten, wagte Paul mit zugeschnürter Kehle zu fragen: »Du willst doch nicht wirklich … diesen Mann … zu unserem König machen?«
    »Keineswegs«, sagte sein Vater vergnügt. »Aber ich hoffe doch sehr, dass er an die Möglichkeit glaubt. Das, mein Sohn, mag man eine Rosstäuscherlist nennen, aber sie sichert Köln die Handelsprivilegien, die Richard uns gegeben hat, Otto das englische Geld und mir Ottos Gunst.«

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