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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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kann.«
    John lachte. »Guter Mann, mein Vater hat seinen Kanzler und Erzbischof töten lassen, also spreche ich hier aus Erfahrung, und lasst mich Euch versichern: Das ist nichts, was einem den Thron kostet, wenn man eine Buße findet, die auffällig genug ist und der Kirche genügend einbringt. Mein Vater hat sich öffentlich geißeln lassen, wir haben jetzt einen Heiligen mehr im Kalender und einen neuen Schrein in Canterbury, zu dem Pilgerströme fließen, während früher niemand in dem Nest länger bleiben wollte als nötig. Der Papst brauchte nur ein Jahr, um meinen Vater wieder seinen allerchristlichsten Sohn zu nennen und gegen den Rest seiner Familie zu unterstützen.«
    »Mit Verlaub, Euer Gnaden, Philipp ist nicht Euer Vater. Er hat längst nicht den Verstand, aber dafür den Stolz aller Staufer. Man hört, dass er Tränen über Konrad vergossen hat, aber das ist auch schon alles. Niemand im Reich glaubt an seine Unschuld, und der Onkel des Mörders, der das Ganze in Auftrag gegeben hat, ist nach wie vor der mächtigste Mann an seinem Hof. Ein Ministeriale noch dazu, ein Mann aus niederem Adel, was bedeutet, dass alle Fürsten von edlerem Blut ihn hassen. Ein kluger König würde ihn loswerden, aber Philipp gibt ihm immer mehr Macht. Es mag im Reich noch Menschen geben, die Barbarossas jüngsten Sohn auf dem Thron sehen wollen, aber glaubt mir, mein König, niemand will einen Heinz von Kalden als Herrscher.«
    »Nicht mehr und nicht weniger, als man hier einen William Marshall statt meiner will, wie?«, fragte John freundlich; trotz des sanften Tonfalls sah Paul, wie der so Erwähnte zusammenzuckte. Ganz gleich, ob John nun das Gegenteil von dem meinte, was er sagte, oder ob er tatsächlich der Ansicht war, dass niemand William Marshall wollte, es war eine Bemerkung, auf die es keine gute Antwort gab. Jeder hier wusste, dass William Marshall weit über alle Landesgrenzen als überaus ehrenhaft und berühmt für seine Treue galt – genauso wie jeder wusste, dass John seinen Bruder Richard verraten hatte, davor seinen Vater Henry, und dass ihm jeder zutraute, seinen Neffen Arthur umgebracht zu haben. Es war, als fordere er jeden heraus, ihm das ins Gesicht zu sagen, im Bewusstsein, dass es keiner wagen würde; alles nur, um den Mann an seiner Seite zu demütigen. Er war, entschied Paul, wie König Gunther, der es nicht hatte aushalten können, dass Siegfried ein größerer Held war als er, nur dass König John keine Lanzen schleuderte, sondern Worte wie Fallen auslegte. Paul hatte gelernt zu kämpfen, und er hatte auch notgedrungen gelernt zu täuschen, obwohl er offenkundig nicht gut im Letzteren war, sonst hätte ihn Jutta nicht so leicht durchschaut. Johns Wortfallen waren ihm unheimlicher, als es zehn für die Staufer kämpfende Kriegsknechte waren, denn bei denen wusste er, was er zu erwarten hatte.
    »Nicht mehr und nicht weniger, als Ihr selbst Heinz von Kaldens Schwert an Eurer Kehle wollt, mein König«, sagte Stefan bedächtig.
    Zum ersten Mal wirkte John überrascht. Er ließ die Arme sinken. »Und warum sollte er es eben dorthin halten? Ich weiß, dass die Staufer mit dem König von Frankreich im Bett liegen, aber seit mein Bruder Richard nicht mehr unter uns weilt, ist daraus eine kalte Ehe geworden. Selbst wenn nicht, glaube ich kaum, dass Philipp oder sein Heinz Männer darauf verschwenden können, um sie in die Normandie zu schicken. Gar so schlecht macht Otto seine Sache als König nun doch nicht. Außerdem hörte ich, dass Philipp beabsichtigt, sich an dem neuen Kreuzzug zu beteiligen. Da habt Ihr die große Bußgeste, die Ihr ihm nicht zutraut, Maître Etienne.«
    »Männer wie Heinz von Kalden töten, wenn sie sich und das Ihre bedroht wähnen«, gab Pauls Vater zurück. »Deswegen musste Konrad sterben, und deswegen wird er nie glauben, dass Ihr nicht vorhabt, Euren Neffen zu beerben.«
    Noch nie in seinem Leben hatte Paul jemandem das Kinn herunterfallen sehen, obwohl er den Ausdruck kannte; nun konnte er es bei John und allen seinen Edelleuten erleben, bis auf William Marshall. Das hätte er mehr genossen, wenn nicht sein eigenes Kinn bei dieser Äußerung seines Vaters auch dem Boden zugestrebt hätte.
    »Damit ich Euch recht verstehe …«
    »Herr Otto, sei’s geklagt, hat weder Weib noch Kind, und er setzt sein Leben fast täglich aufs Spiel. Sein Bruder, der Pfalzgraf, hat sich auf die Seite der Staufer geschlagen. Wenn ich Heinz von Kalden wäre, dann würde ich glauben, dass

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