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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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sagte Walther erschrocken zu seinem Gefährten, »du bist selbst ein Kreuzfahrer. Und du kennst den Münzmeister Salomon. Hin und wieder sieht man ihn ja bei Hofe.« Kannst du nicht für Ruhe sorgen, wollte er fortfahren, kannst du nicht mit den Leuten sprechen, doch was auch immer Reinmar hörte, es war etwas anderes. Reinmar stand auf.
    »Als mein guter Herzog starb«, sagte er mit seiner weittragenden Stimme, »da stand der Jude Salomon im Zimmer und triumphierte. Ich habe es gesehen. Er hat kein bisschen getrauert, er hat nur daran gedacht, was ihm der Tod des edelsten Mannes, den ich je kannte, für Gewinn bringen könnte. Und er hat ihm Gewinn gebracht!«
    Einen Herzschlag lang herrschte Schweigen in der Schenke. Dann rief Brunhild: »Schlagt ihn tot! Schlagt den Juden tot!« Es war der letzte Zündstein, der die Menschen in der Gaststätte zu glühenden Fackeln werden ließ.

Kapitel 9
    I n seiner kurzen Herrschaft hatte es für Friedrich von Österreich bisher nicht viele Tage gegeben, die unangenehmer waren als dieser. Zuerst erhielt er Nachricht von einem gewissen Diepold von Schweinspeunt, dem es offenbar gelungen war, sich vom Ministerialen eines bayerischen Grafen zum Vertrauensmann Kaiser Heinrichs aufzuschwingen und dabei selbst einen Grafentitel einzuheimsen. Er würde morgen mit der Prinzessin von Byzanz eintreffen und rechne mit angemessener Gastfreundschaft sowie Pferden und Vorräten für die Weiterreise nach Frankfurt. Das bedeutete außerdem ein Hoffest, denn die Prinzessin war nicht nur die zukünftige Schwägerin des Kaisers, nein, man musste sie als Verwandte betrachten: Friedrichs Großmutter war eine byzantinische Kaisertochter gewesen, und er hatte vor, eine Base der Prinzessin zu heiraten, möglichst schon auf dem Weg ins Heilige Land, wo ihre Mitgift an Gold und Männern sehr hilfreich sein würde. Das bedeutete, dass er diese Irene empfangen musste, als sei ihre Ankunft seit Monaten geplant gewesen, mit allem Prunk, die sein Hof bieten konnte, obwohl dort derzeit alles für den Kreuzzug vorbereitet wurde.
    Dergleichen Schwierigkeiten mochten Kopfzerbrechen verursachen, doch was als Nächstes anstand, verdarb ihm vollends den Magen. In der Stadt waren Unruhen ausgebrochen, bei denen der Münzmeister Salomon und fünfzehn weitere Juden erschlagen worden waren. Um den Juden, der sein Amt immer höchst gewissenhaft verrichtet hatte, war es schade, doch fast genauso ärgerlich war es, dass dadurch der Eindruck entstand, Friedrich habe Recht und Ordnung in seiner eigenen Stadt und unter seinen Leuten nicht mehr unter Kontrolle, denn mehrere der Beteiligten waren Kreuzfahrer. Außerdem gab ihm die anstehende Ankunft der Prinzessin nicht die Zeit für lange Gerichtsverhandlungen. Die Stadt musste wieder ruhig sein, wenn sie eintraf.
    »Ihr könntet die ganze Sache auch übergehen«, schlug einer seiner Ministerialen vor. »Münzmeister oder nicht, ist das Leben von ein paar Juden wirklich das eines Christen wert? Wofür kämpfen wir denn im Heiligen Land?«
    »Für die Sache Gottes«, sagte Friedrich streng. »Und Gott will, dass die Juden ihren Irrtum erkennen und bekehrt werden. Was in der Stadt geschehen ist, war Raub und Mord, das steht keinem Christenmenschen an. Wenn ich dergleichen durchgehen lasse, dann wird bald jeder Jude ausgeraubt und erschlagen, der sich in Wien niederlässt, und sind solche Sitten erst einmal eingerissen, dann greifen solche Räubereien um sich. Nein, die Rädelsführer werden gehängt. Auf Mord steht nun einmal der Strang.«
    »Auch die Ritter?«, fragte der Ministeriale bestürzt, nicht zuletzt, weil ein solcher das Recht auf den Tod durch die Axt oder das Schwert hatte.
    Friedrich zögerte. »Nein«, sagte er. »Es sind Kreuzfahrer. Wir wissen – die ganze Christenheit weiß –, was das letzte Mal geschehen ist, als ein Herzog von Österreich einen Kreuzfahrer gefangen nehmen ließ. Seine Heiligkeit der Papst hat uns überaus klargemacht, welche Strafe dann droht. Aber schafft sie weg von hier. Ich will nicht, dass sie weiter in der Stadt herumlaufen, und ich will sie auch nicht länger als meine Männer betrachten. Auf solche undisziplinierten Ritter in meiner Gefolgschaft kann ich verzichten.« Ihm kam ein hervorragender Einfall, wie man ein Ärgernis benutzen konnte, um ein anderes zu vermindern. »Diepold von Schweinspeunts Bote sagte, sein Herr will so bald wie möglich nach Italien zurückkehren. Nun, wenn er die Prinzessin von Byzanz Kreuzfahrern

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