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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Kind des Kaisers zu stimmen?«
    »Nicht, solange sich der Kaiser noch im Umkreis Roms befindet«, hatte Friedrich zynisch erwidert. »Vielleicht hofft der Papst darauf, dass ein paar Welfenanhänger dagegen vorgehen. Doch der alte Welfenlöwe ist tot. Zwei von seinen drei Söhnen scharwenzeln um ihren Onkel herum, den englischen König, weil sie bei ihm aufgewachsen sind, und werden erst gar nicht in Frankfurt erscheinen. Und was den ältesten betrifft, den Pfalzgrafen von Braunschweig, der hat sich gerade vom Kaiser dessen Base als Braut andrehen lassen und stimmt ganz gewiss so, wie der Kaiser es wünscht.«
    »Und Ihr, Euer Gnaden?«
    »Die Herzöge von Österreich waren immer schon treue Anhänger der Staufer«, hatte Friedrich mit einer unüberhörbaren Bitterkeit zurückgegeben, in der das Geheimnis lag, welches er und Walther teilten, immer noch teilten, denn das gehörte nicht zu den Dingen, die Walther dem Bischof von Passau weitergegeben hatte. »Wie sollte ich da gegen einen Staufer sein?«
    »Nicht mehr der Jüngste? Ich könnte dein Vater nicht sein, Walther, und ich kann immer noch an den Turnieren teilnehmen. Das habe ich dich nicht einmal tun sehen.«
    Sein Vater. Die Erinnerung an ihn und an den Bruder, die Mutter, Markwart, das Leben, das er hinter sich gelassen hatte, flackerte in Walther auf. Es war nicht so, dass er sich an den Ort seiner Kindheit zurückwünschte, aber mit einem Mal war er die Verstellung leid, vor allem, weil Reinmars Worte ihm eine Wahrheit aufzeigten, die ihm bisher nicht bewusst gewesen war. Reinmar mochte nicht ganz so alt wie Walthers Vater sein, und er hatte sich in den letzten zwei Jahren oft genug über Reinmars Stil lustig gemacht, aber wenn er nicht im Grunde immer noch Reinmars Billigung wollte, dann wäre Walther nicht hier. War nicht Reinmar in mehr als einigen Dingen wie ein Vater für ihn? Es ging darum, die Entdeckung eines neuen Heldenlieds mit jemandem zu teilen, gewiss, doch hatte ihn im Grunde nicht immer auch der Wunsch zu ihm getrieben, von seinem ehemaligen Lehrer ein wohlwollendes Schulterklopfen und das Zugeständnis zu erhalten, Walther sei doch kein herzloser Oberflächling? Das seltene Lob einer Respektsperson war es, was sich jedes Kind, jeder Mensch am sehnlichsten wünscht.
    »Das liegt daran, dass ich keine Rüstung habe, kein Schwert und noch nie in meinem Leben gelernt habe, mit etwas anderem zu kämpfen als meinem Mund, den ich weiß Gott für andere Dinge benötige«, gab Walther heftig zurück. »War es das, was du von mir hören wolltest?«
    Der Ausbruch und das Eingeständnis, das darin lag, von niedererer Geburt zu sein, als er bei seiner Ankunft in Wien vorgegeben hatte, schien Reinmar zu überraschen. Er zwinkerte, als sei ihm Sand in die Augen geraten, dann räusperte er sich. »Nun«, sagte er, »was ich von dir hören will, Walther, sind Lieder hoher Minne. Minne, die wahre Liebe ist, selbstlos und ohne Forderungen. Denn wahre Liebe, Liebe, die es wert ist, besungen zu werden, ist immer unerwidert, egal was du dazu meinst. Warum sollte man ein Gefühl, das nur nach ein paar Stunden im Heu giert, in Ewigkeit kleiden?«
    Es war der alte Streit, doch was ihm Reinmar damit auch zeigte, war, dass er Walther nicht geringer ansah; dass er ihn weiter als ebenbürtigen Sänger betrachtete. Nach all den Anspielungen und Sticheleien war es ohnehin nur eine Bestätigung dessen, was Reinmar längst vermutet hatte. Walther lächelte schwach.
    »Reinmar, wenn ich wirklich auf einer Fürstenhochzeit singen werde, dann wirst selbst du eingestehen müssen, dass erwiderte Liebe ein angemessenes Thema abgibt. Aber ich verspreche dir, auch ein paar Verse auf die Freuden der Entsagung zu dichten, was hältst du davon? Schließlich ist der Bräutigam mit dem Klosterleben vertraut, und ich will doch hoffen, dass er dort gelernt hat, allein Gott zu lieben.«
    Ein weiteres Mal sah er Reinmar gegen die Versuchung ankämpfen, zu lachen; diesmal brachte sein Lehrmeister es immerhin fertig, seinen Ausbruch auf wenige Gluckser zu beschränken. Plötzlich hatte Walther einen Einfall.
    »Wann hast du das letzte Mal in einer Schenke gezecht, Reinmar? Nicht bei Hofe, sondern in einer ganz gewöhnlichen Schenke, wo niemand dich als den großen Sänger des Herzogtums kennt.«
    »Nachdem Seine Gnaden, der verstorbene Herzog, so gütig war, mir einen Platz an seinem Hof anzubieten«, sagte Reinmar gemessen, »bestand kein Grund mehr für dergleichen. Auch vorher zog ich

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