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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Enttäuschung. »Ich hatte ihn losgeschickt, um Hilfe zu holen!«
    »Da war dieser Junge, der uns vom Wechsler aus den Weg gewiesen hat und etwas von Räubern plapperte«, sagte der Gefolgsmann zögernd.
    »Mein treuer Diener«, strahlte Walther.
    »Hmm«, machte der Herzog, kniff die Augen zusammen und musterte Walther. »Wie lautet Euer Name?«
    Walther versuchte mit allen Kräften, keinen Triumph über das Ihr in der Anrede zu zeigen. »Walther von der Vogelweide, Euer Gnaden.« Vogelweiden gab es überall, wo es Herrschaften gab, die reich genug waren, um mit Falken zu jagen, und Walthers Vater hatte in der Tat auch ein kleines Zusatzeinkommen von einem Vogelweidenhof bezogen. Wenn der Herzog glauben sollte, dass die Vogelweide in diesem Namen viel größer war als in der realen Welt, nun, dann war es nicht Walthers Schuld.
    »Wollt Ihr noch viel Zeit mit Eurem Spitzel verplaudern?«, fragte König Richard auf Latein. »Dann erinnert ihn doch daran, dass er mir immer noch ein Lied schuldet.« Er schenkte Walther ein sehr dünnes, spöttisches Lächeln. »Es wäre schade, wenn Ihr es nicht beendet. Ihr seid nicht ohne Talent … für einen Ränkeschmied.«
    Es war eine seltsame Mischung aus Ohrfeige und Lob. Obwohl es nichts gab, das Walther diesem fremden Herrscher schuldete, der weder die Wirtin noch ihn bezahlt hatte, fühlte er sich für einen Moment doch beschämt und errötete.
    »Ihr seid ein Sänger?«, fragte der Herzog auf Deutsch.
    »Auf der Suche nach einem Meister«, entgegnete Walther so bescheiden wie möglich, »und daher auf dem Weg an Euren Hof, edler Herr, wo der große Reinmar so gastliche Aufnahme fand.«
    »Hmm«, machte der Herzog zum zweiten Mal. »Reinmar ist ein alter Waffengefährte, der mit mir gegen die Heiden gekämpft hat. Aber Weihnachten steht vor der Tür, da können wir weitere Unterhaltung gebrauchen.« Seine Mundwinkel hoben sich. »Besonders in diesem Jahr, wo es wirklich etwas zu feiern gibt«, setzte er hinzu, absichtlich ins Lateinische fallend und mit einem höhnischen Blick auf den englischen König. »Es sei Euch also gestattet, an den Hof zu kommen. Wie Ihr Euch dort macht, nun, das werden wir ja sehen.«
    Da sich mit diesen Worten einer von Walthers größten Wunschträumen erfüllte, brauchte es ein leichtes Räuspern der Wirtin, bis ihm wieder einfiel, dass er eigentlich um etwas anderes bitten sollte. »Ihr seid die Gnade selbst, edler Herr«, sagte er hastig, »und ich danke Euch aus ganzem Herzen, jedoch …«
    Der Donner kehrte sehr schnell in die Stimme des Herzogs zurück. »Was denn, wollt Ihr noch mehr?«
    Vielleicht wäre es das Gescheiteste gewesen, einfach den Kopf zu schütteln und sich in die nächste Ecke zu drücken, um das Gewonnene nicht sofort wieder aufs Spiel zu setzen. Doch die nächste Ecke war voller Holzsplitter von zerbrochenen Tischen, Bänken und Stühlen, und wenn Walther den Hof zu Wien betrat, dann wollte er nicht an die Wirtin denken, wie sie Schulden machen musste, um überleben zu können. Ganz zu schweigen davon, dass ihr Mund vorhin aus nächster Nähe wirklich ausgesprochen verlockend ausgesehen hatte …
    »Der König von England schuldet der Wirtin hier noch seine Zeche«, sagte er also leise, aber bestimmt auf Latein, damit es auch Richard verstand, und zwang sich, dem Herzog weiter ins Auge zu schauen, statt seinen Blick auf den Boden zu richten.
    Schweigen legte sich über den Schankraum, genug, um das Fußscharren der Gäste und Kämpfer zu hören, die den Atem anzuhalten schienen. Dann stieß der Herzog ein bellendes Gelächter aus. »Das sieht ihm ähnlich! Bei Gott, das sieht ihm ähnlich!«
    König Richard runzelte die Stirn, aber er erteilte demjenigen seiner Begleiter, der gerne arme Sänger würgte, einen Befehl, worauf dieser seine Geldbörse zückte, eine Münze herausnahm und sie der Wirtin gab. »Es wird bei byzantinischem Gold bleiben müssen, gute Frau«, sagte der König trocken, »da ich mein Wechselgeld noch nicht erhalten habe.«
    Walther übersetzte das schnell, doch weder Herzog noch König blieben, um die Antwort der Wirtin abzuwarten. Stattdessen schritten sie aus der Schenke hinaus, gefolgt von ihren Anhängern und einem Gutteil der Gäste, die nie vorher einen leibhaftigen König zu Gesicht bekommen hatten, geschweige denn einen, der als Geisel genommen wurde.
    Jetzt, wo sich nur noch wenige Menschen in der Schenke befanden, konnte man den Schaden sehen, der angerichtet worden war; er war noch schlimmer

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