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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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übernehmen.
    Und nun forderte Margarethe plötzlich die Burg als Kunkellehen für ihre Tochter und hatte dazu ihren Bruder, den Domgrafen von Speyer, als Fürsprecher benannt.
    Der Gelehrte Doktor Humbert aber beanspruchte gleichzeitig das Lehen für seinen Neffen Lucas.
    Was hatte ihren Wandel bewirkt?
    Waren sie der Meinung, dass nach zehn Jahren die damalige Tat und ihre Beteiligung daran in Vergessenheit geraten waren? Nun, dann hatte Ulrich außergewöhnlich klug gehandelt, sie zu diesem Zweck zusammenzurufen.
    Blieben Hinrich van Dyke und der Stiftsherr übrig, die beide keine Beziehung zu Eberhart von Langel gehabt hatten. Doch - und hier wurde die Angelegenheit wirklich gewagt
- das minnigliche Verhältnis des Stiftsherrn zu der Äbtissin, dem Weib des Ermordeten, erschien so in einem neuen Licht. Dass sie einander kannten, hatte ich bereits in Lahnstein beobachtet, das Geraune über die mannstolle Äbtissin war dem spitzohrigen Ismael sofort aufgefallen. Ulrich hatte aber davon offensichtlich nichts gewusst. Hier mochte der Zufall ihm ein Schnippchen geschlagen haben.
    Blieb noch der Kaplan, der um den Geheimgang wusste, der mit dem Bruder des Ermordeten eine innige Freundschaft pflegte und sicher die Beichte aller Burgbewohner hörte. Ich hielt ihn nicht für einen so charakterfesten Mann, das Beichtgeheimnis jederzeit zu wahren. Er war ein auf die eigene Bequemlichkeit und die leiblichen Genüsse ausgerichteter Saufaus, der sein Amt zum Schwadronieren und Wichtigtun nutzte. Wie viel wusste er über das Leben und Treiben der Burgbewohner damals, und welchen Einfluss hatte er ausgeübt? Denn ein Priester konnte nicht nur Sünden vergeben, sondern die Menschen auch in Angst und Schrecken versetzen.
    Diesen Überlegungen hing ich nach und versuchte, in meinen Erinnerungen Anknüpfungspunkte zu finden. Aber ich war damals an dem Leben der Herrschaften wenig interessiert gewesen, besser gesagt, ich war ihnen, so gut es mir möglich war, aus dem Weg gegangen.
    Der graue Nebel wurde lichter, mehr und mehr Vögel trotzten der klammen Kälte und huben ihren Morgengesang in den Linden an. Doch über dem Gezwitscher und Tirilieren hörte ich ein anderes, leises Geräusch im Burghof. Schlurfende Schritte näherten sich dem Tor.
    Hier oben auf dem Turm war ich hinter den Zinnen einigermaßen verborgen. Ich spähte hinunter und entdeckte zu meiner Verwunderung einen anderen Frühaufsteher, der nun vor dem Torhaus innehielt. Ein Mann in Reisekleidung - Stiefel, Wams, Mütze, ein Bündel über dem Rücken.
    Na, na, wer mochte da sein Glück bei den Wachen versuchen?

    An der Stimme erkannte ich ihn.
    Magister Johannes rief dem Wachhabenden leise etwas zu.
    Der Gewappnete trat aus seinem Gelass und begann ein Gespräch mit dem Kaplan. Was sie miteinander verhandelten, konnte ich nicht verstehen. Doch als ein Beutel Münzen die Hände wechselte, war der Inhalt ihrer Unterhaltung offensichtlich.
    Neben dem Haupttor gab es einen schmalen Durchgang, der auf die Zugbrücke führte und von einzelnen Fußgängern genutzt werden konnte, selbst wenn das Fallgitter herabgelassen war. Die Zugbrücke selbst war nicht hochgezogen worden, da kein Angriff von außen erwartet wurde. Die Flucht konnte dem Kaplan also gelingen, wenn der Wächter die schmale Pforte für ihn öffnete.
    Da mir jedoch der Sinn danach stand, mich noch einmal gründlich mit Magister Johannes zu unterhalten, beschloss ich, dieses Vorhaben zu vereiteln.
    Ich eilte die Stiege auf leisen Sohlen nach unten, und just als der bestechliche Wächter das Türchen aufstieß, packte ich den Kaplan an seinem Wams im Nacken und riss ihn zurück.
    Er gab einen gurgelnden Laut von sich.
    »Wächter, du hast zwei Möglichkeiten. Entweder ich schlage laut Alarm, oder du gibst mir den Beutel und rufst deinen Hauptmann.«
    Der Tropf, er konnte der Hellste wirklich nicht sein, sah mich mit leicht hervorstehenden Glupschaugen hilflos an.
    »Trottel, meine Stimme mag rau und heiser sein, aber laut genug, um die halbe Burg zu wecken, ist sie allemal noch!«, blaffte ich ihn an. Er ließ den Münzbeutel fallen und versuchte, aus dem Törchen zu entwischen. Ein Fußtritt hinderte ihn daran, aber dabei entglitt mir aus Versehen der Kaplan. Er entwand sich meinem hastigen Griff und wollte über den niedergestürzten Wachmann entkommen. Ich machte einen Sprung hinter ihm her, erwischte
ihn an der Schulter und stieß ihn mit dem Kopf gegen das Tor.
    Knochen krachte gegen Holz. Magister

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