Das Spiel des Saengers Historischer Roman
oder einem Beginenkonvent sichern. Es sind hier einige sehr mächtige Männer versammelt, die ihren Einfluss geltend machen können. Der Ritter von der Arken beispielsweise oder mein Vater.«
»Und mein Oheim, der Domgraf von Speyer«, sagte Casta mit einem leisen Zischen. Dann aber wurde ihre Stimme heiterer. »Und nicht zu vergessen Hardo von Langel, nicht wahr, Engelin? Er hat uns mit seinem Minnesang ganz hübsch an der Nase herumgeführt.«
»Meister Hardo?«, fragte die Novizin ungläubig.
»Habt Ihr denn vorhin nicht zugehört?«, wollte auch Ännchen wissen. »Er ist ein weitgereister, wohlhabender Kaufmann.«
»Nein, nein, ich hab nicht zugehört.«
»Nun, dann würde ich vorschlagen, ihr beide sucht jetzt euer Lager auf. Das Gewitter hat sich gelegt, und die Tränen sind versiegt, nicht wahr?«, befahl Casta ungewohnt energisch. »Ännchen, du kannst Hildegunda berichten, was wir heute erfahren haben.«
»Vielleicht solltest du ihr auch eine vorsichtige Erklärung darüber geben, was Gott damit meinte, als er sagte, dass wir Menschen fruchtbar sein und uns vermehren sollten. Und wie der Allmächtige im Wunder seiner Schöpfung dieses Vorgehen geregelt hat«, fügte Engelin hinzu.
»Ähm - ja, das könnte ich wohl.«
»Das dachte ich mir.«
Ännchen führte die Novizin hinaus, und Casta schloss nachdrücklich die Tür hinter den beiden.
»Und nun, meine Freundin, wirst du mir sehr genau
berichten, was in der Zeit von heute Vormittag bis zum Läuten der Non im Einzelnen geschehen ist.«
»Nichts.«
»Und davon hast du blaue Flecken überall und ein verklärtes Lächeln im Gesicht, wann immer du deinen Hardo ansiehst, ja?«
Unbehaglich rutschte Engelin auf dem Kissen nach unten.
»Sprich.«
»Ich sollte es nicht.«
»Ist es etwas, wofür du dich schämen musst?«
»Nein - nur … Ach, was soll’s.«
Also erzählte sie der atemlos lauschenden Casta von dem Geheimgang und ihrer Rettung.
»Und dazu habt ihr mehrere Stunden benötigt - um vom Lindenhain zum Palas zu kommen? Habe ich das richtig verstanden?«
»War das so lange? Das ist mir gar nicht aufgefallen.«
»Habt ihr ein wenig Kurzweil getrieben?«
»Aber nein. Unsere Kleider waren nass und der Weg beschwerlich.«
»›Verdammte Linden da am Weg‹?«
Engelin kicherte entwaffnet und sang dann mit verhaltener Stimme:
»Unter der Linden, auf der Heide,
wo unser Zweier Bette war,
da mögt ihr finden, schöne beide,
gebrochen Blumen und das Gras,
vor dem Walde in einem Tal
Tanderadei - schöne sang die Nachtigall.« 17
»Und war das Tanderadei angenehm, oder hat es auch blaue Flecken verursacht?«
»Nur den Blumen, auf denen wir lagen. Ach, Casta«, seufzte Engelin.
»Du hast ihm vergeben, dass er mit dieser Loretta angebandelt hat?«
»Es ist nicht mehr wichtig.«
»Nein, wahrscheinlich nicht. Ich habe übrigens, während du dich deinem Tanderadei gewidmet hast, ein wenig mit Ännchen über ihre Herrin geplaudert. Dir zuliebe, damit du nötigenfalls etwas hast, womit du Hardo triezen kannst. Aber das ist nun ja auch nicht mehr nötig.«
»Wissen würde ich es aber dennoch gerne.«
»Ach ja?«
»Ich bin eben neugierig. Lass hören.« »Ja dann. Also, so recht weiß ich nicht, ob ich sie verdammen oder bemitleiden soll. Sie putzt sich ja immer prächtig auf, aber sie hat das dreißigste Lebensjahr bereits seit einigen Jahren überschritten.«
»Eine taufrische Blume war sie schon in Lahnstein nicht mehr. Das war es ja, was mich so grämte. Ich dachte, Hardo fände genau das an ihr so anziehend - weil sie doch so erfahren in der Minne war.«
»Mag sein, dass sie da Erfahrung hat. Sie hat sie zumindest wohl über einige Jahre gesammelt. Aber eigentlich entstammt sie einer ritterbürtigen Familie aus Bayern und ist als Jungfer mit einem Edelmann im Gefolge des Burggrafen von Nürnberg verheiratet worden.«
»Ja, aus guter Familie stammt sie, mit den höfischen Gepflogenheiten ist sie vertrauter als ich. Auch so ein Grund, warum ich mich gegrämt habe.«
»Du benimmst dich sehr anmutig, Line. Das ist besser als das geschnörkelte Betragen der Höflinge, glaub mir.«
Engelin schnaubte leise.
»Mein Vater versucht es manchmal nachzuahmen, aber ihm gelingt es nie. Na, erzähl weiter. Ich nehme an, der Edelmann der Loretta hat das Zeitliche gesegnet?«
»Nein, viel schlimmer. Der Herr hat nach wenigen Jahren
Ehe beschlossen, fromm zu werden und in einen Bettelorden einzutreten. Die Ehe wurde aufgelöst.«
»Dass Loretta einen
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