Das Spiel des Schicksals
schenken. Ich möchte mich mit dir unterhalten.« Er nickte zu einem schwarzen Auto, das gerade in die Busspur einscherte und dann am Straßenrand hielt.
»Ich werde nirgends mit Ihnen hinfahren. Ich bin doch nicht bescheuert.« Sie fing an, rückwärtszugehen.
»Oh, keine Angst – du bist völlig sicher. Ich bin genauso daran interessiert, mich an die Regeln zu halten, wie du. Bitte«, sagte er sanft. »Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du einsteigen würdest.«
Obwohl sie den Grund nicht genau wusste, waren es diese Worte, die Cat dazu veranlassten, auf den Rücksitz zu klettern. Im Wagen roch es nach teurem Leder. Der vordere Bereich – und damit auch der Fahrer – war vom Rücksitz durch eine getönte Glasscheibe abgetrennt. Im nächsten Moment fädelte sich der Wagen wieder in den Verkehr ein.
»Himmel, wie heruntergekommen dieser Ort doch ist«, bemerkte Alastor und machte es sich neben Cat gemütlich. Er zwinkerte ihr mit lässigem Charme zu. »Auf der anderen Seite der Stadt ist es viel hübscher, meinst du nicht auch?«
Cat schaute aus dem Fenster. Sie waren gerade in die Regent Street eingebogen, aber die Menschen, die Abgase und die grellen Disney-Figuren waren verschwunden. Die Weihnachtsbeleuchtung, die zwischen den Gebäuden gespannt war, bestand nun aus einer Flut von Spielkarten. Schwarz und rot funkelten die Herzen, Kreuze, Piks und Karos auf weißem Grund und erleuchteten den dunkler werdenden Himmel. Und während der Wagen leise schnurrend weiterfuhr, zogen die majestätischen Gebäude, die die Straße säumten, in einer schier endlosen Kurve an ihnen vorbei.
Sie tastete nach dem Türgriff. Die Tür war verschlossen. Sofort hob Alastor beruhigend die Hand. »Ich sagte doch, dass ich dich weder bedrohen noch dir schaden will. Ich werde mich an die Regeln halten.«
»Ach ja? Und wer macht die Regeln?«
»Das Arkanum hat seine eigenen Prinzipien. Diese Prinzipien sind ewig. Aber ohne die Regeln, die von den Höfen aufgestellt werden, gäbe es weder Strategie noch Struktur und schon gar keine Einschränkungen. Und wer hätte daran ein Interesse?«
Er schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Immerhin ist jeder im Spiel freiwillig ins Arkanum eingetreten, und aus einem guten Grund. Selbst – oder vielleicht
gerade – diejenigen, die behaupten, dass es zufällig geschah.«
»In Ihrer Karriere spielten Zufälle wohl keine Rolle. So wie ich das verstanden habe, muss man jeden Trumpf gewinnen, um ein Spielführer zu werden.«
»Und sie alle zurückgeben, denk dran. Zug um Zug, Preis um Preis, jedes Mal das Äußerste riskieren … Aber Cat, du willst mir doch nicht erzählen, dass du den Ehrgeiz hast, selbst Königin zu werden?«
»Da können Sie lange drauf warten.«
Alastor lachte nachsichtig. »Der letzte Trumpf, den ich gewinnen musste, war im Besitz einer Königin, weißt du? Nachdem ich ihn errungen hatte, gehörte ihr Hof mir. Sie hatte die Schwerter sehr lange beherrscht. Ich glaube sogar, dass sie eine der ersten Spielführerinnen war. Und sie hat gut gekämpft, bis zum Schluss.
Natürlich ist der letzte Trumpf immer derjenige, der den höchsten Einsatz erfordert. Ein Spielführer kann seine Preise nicht außerhalb des Arkanums nutzen. Und in den letzten Momenten dieser letzten Schlacht erschien mir das Opfer, der normalen Welt den Rücken zu kehren, beinahe zu groß …« Einen kurzen Moment verdunkelte sich sein Gesicht. »Aber Fortuna liebt die Mutigen, wie man sagt. Manchmal kommt es mir so vor, als würde ich erst seit ein paar Stunden spielen, manchmal, als sei ich von Anbeginn der Zeit dabei. Und doch hat jeder Moment den süßen Geschmack meines ersten Triumphs.«
»Ich wette, Sie wünschen sich, dass Sie diesen Triumph nicht teilen müssten.«
»Was meinst du damit?«
»Ich meine, dass es Ihnen sicher lieber wäre, der einzige Spielführer zu sein, der Großmeister des Spiels sozusagen. Ahab erzählte mir, dass Sie alle darum kämpfen, die Oberhand zu gewinnen, obwohl niemand zu wissen scheint, wie man das anstellen soll.« Sie dachte an das verlassene Büro, an das unheimliche Flackern der Computerbildschirme. »Er meinte, es gäbe vermutlich eine Möglichkeit, das Spiel zu gewinnen, die dazu führt, dass es nur noch einen Spielführer gibt, der Glück und Schicksal und den ganzen Rest kontrolliert. Wie ein Gott.«
»Nun«, sagte der König der Schwerter sanft, »das wäre wahrhaftig ein Triumph.«
Cat fragte sich, was mit der Königin geschehen war, die
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