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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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seine Augen gefährlich – »dass hier nicht jeder nur für sich selber spielt.«
    Bei diesen Worten presste er das Messer noch fester gegen Cats Hals, und sie spürte, wie warmes Blut über ihre feuchtkalte Haut lief. Sie starrte mit leerem Blick an die Betonwand. Hatten ihre Eltern das Gleiche gefühlt? Hatten auch sie hilflos dagestanden, als der Fremde die Waffe zog? Aber es war ja nicht nur ihr eigenes Leben, das auf dem Spiel stand. Um sie zu retten, musste einer der anderen drei seine Freiheit aufgeben und sich selbst zum Sklaven des Hofs der Stäbe machen.
    »Vielleicht«, überlegte Liam, während er die Klinge – langsam und spielerisch – in Richtung ihres Ohrs zog, »denkt ihr ja, dass ich der Typ bin, der sich mit leeren Drohungen abgibt. Vielleicht muss ich die Kleine hier ja erst ein bisschen mit dem Messer kitzeln, nur um zu beweisen, wie leicht es ist … «
    »Ich mache es«, sagte Flora. Sie schaute in die entsetzten
Gesichter der anderen beiden und zuckte wegwerfend mit den Schultern. »Schon gut. Mir war sowieso langweilig, immer und ewig nur am Rande zu stehen. Wer weiß, vielleicht mache ich ja Karriere, so wie Liam hier. Und vom Narren zum Buben befördert zu werden, ist doch gar nicht so schlecht, was meint ihr?« Damit stieß sie sich von der Wand ab, stieg über den sabbernden Ritter der Münzen und verpasste ihm dabei einen angewiderten Tritt.
    Liam spannte sich an und drückte Cat wieder das Messer an die Kehle, aber Flora schenkte ihnen keinen Blick. Stattdessen bückte sie sich und hob den Vogelkäfig auf. »Aber wenigstens habe ich einen Vorteil«, sagte sie munter. »Es gibt nur wenige Buben mit einem echten Ass im Ärmel.«
    »Ass?« Liam runzelte die Stirn. »Die Karte wurde ausgespielt. Und stell das Ding wieder hin; ich will nicht … «
    Zu spät. Mit einer schnellen Bewegung öffnete Flora die Käfigtür, schwang den Käfig durch die Luft und schleuderte ihm den Vogel geradewegs ins Gesicht.
    Er war eine Kreatur des Arkanums, herbeigezaubert von einem Magier und erschaffen aus Luft. Aber er war auch ein Vogel. Ein verängstigter Vogel, der sich mit Flügelschlägen, Schnabel und Krallen zur Wehr setzte.
    Instinktiv hob der Bube einen Arm, um sein Gesicht zu schützen. Er ließ Cat nicht los, aber sein Griff lockerte sich. Trotzdem hätte er sich schnell von der Überraschung erholt, wenn der Ritter nicht gewesen wäre, der seine gefesselten Beine vorwärtsschwang und Liam mit Wucht in die Kniekehlen trat.

    Im nächsten Moment herrschte das reine Chaos. Cat taumelte seitwärts, während der Ritter und der Bube auf dem Boden miteinander rangen. Der Ritter hatte es geschafft, seine Hände zu befreien, aber seine Beine waren noch gefesselt, und Liam hatte das Messer. Aber der Ritter war entweder bei Weitem nicht so alt oder nicht annähernd so betrunken, wie es den Anschein gehabt hatte. Muskeln wölbten sich unter seinen Lumpen, und in seinen Augen lag ein rücksichtsloses Glitzern. Ehe die anderen wussten, wie ihnen geschah, schlug Liams Kopf krachend auf den Betonboden und sein Körper erschlaffte.
    »Verdammter kleiner Mistkerl«, sagte der Ritter zufrieden. Mit dem Messer zerschnitt er seine restlichen Fesseln, mit denen er anschließend den Buben der Stäbe verschnürte. »Er atmet noch, wie schade.« Dann zog er unter seinen unzähligen Kleiderschichten einen zerbeulten Flachmann hervor, der so ähnlich aussah wie die Flasche, in der Toby das Wasser der Quelle aufbewahrt hatte, und nahm einen kräftigen Schluck.
    »Alles klar mit dir, Cat?«, fragte Blaine leise.
    Cat nickte. Sie war in eine Ecke zurückgewichen und hielt mit der Hand ihre Kehle umklammert.
    »Lass mich mal sehen.« Er zog ihre Hand weg und berührte sanft, ganz sanft, den Schnitt, den Liams Messer gemacht hatte. »Alles ist gut«, sagte er, als ob seine Berührung die Wunde wegwischen könnte wie ein Radiergummi einen Bleistiftstrich. Ihre Augen trafen sich, wie beim ersten Mal, als sie sich auf dem Mercury Square
begegnet waren. Es schien eine Ewigkeit her zu sein. Der Vogel flatterte von dem Haken an der Wand, auf dem er sich niedergelassen hatte, herab auf ihre Schulter, wo er es sich gemütlich machte und zufrieden gurrte.
    Toby glotzte mit offenem Mund, und Flora wirkte ähnlich sprachlos.
    »Hier, Prinzessin«, sagte der Ritter und streckte ihr den Flachmann entgegen. »Das wird etwas Farbe in deine Wangen bringen. Lass ihn rundgehen, wenn du willst.«
    Flora rang sich ein schwaches Lächeln ab.

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