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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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sie hinschauten, desto mehr Farben schimmerten in seinem Inneren. Farben und Licht.

KAPITEL 17
    Die Wolken hingen dicht und grau. Schäbige Gebäude drängten sich um ein verdorrtes Stück Rasen und die verkrüppelten Büsche inmitten des Zauns. Ein Mülleimer auf dem Gehsteig quoll über, als ob er die Kärglichkeit der Umgebung wettmachen wollte. Sie waren wieder am Mercury Square.
    Cat verspürte eine zweifache Vertrautheit. Der ausgemergelte Kirschbaum inmitten des kleinen Parks war von einem Ring aus verbrannter Erde umgeben. Eine zerknüllte Bierdose lag unter der Bank, wo bis vor Kurzem noch der Obdachlose geschnarcht hatte. Sie schaute zum Temple House und erwartete halb, sich selbst dort über das Geländer gebeugt zu sehen, bis ins Mark schockiert von dem Erlebten.
    Blaine beobachtete sie. »Kommt einem vor, als wär’s gestern gewesen, was?«, sagte er.
    Es war das erste Mal, dass er auf die Umstände anspielte, unter denen sie sich begegnet waren. Cat wusste immer noch nicht, ob er – wie sie – durch Zufall in den Spielzug geraten war, wegen der Überschneidung des
Temple House mit dem Arkanum, oder ob seine Anwesenheit dort Absicht und Teil eines Plans gewesen war. Einen Moment lang verursachte ihr die Erinnerung ein Schwindelgefühl – die Hilflosigkeit, das Entsetzen …
    Aber diesmal gab es keine sichtbare Verbindung zwischen den beiden Seiten der Schwelle. Der Zug, der hier ausgespielt wurde, mochte keine fantastischen Elemente beinhalten, aber er fand zweifellos im Arkanum statt: Teile der Umgebung waren unnatürlich verzerrt oder vergrößert, andere wirkten schemenhaft. Über allem hing Stille.
    Doch die Stille dauerte nicht an. Ein Rascheln am Zaun ließ sie näher zusammenrücken. Ihre Gesichter spannten sich an, als eine Gestalt zögernd hinter einem Gebüsch hervorkam. Cat dachte unwillkürlich an die Typen mit den Kapuzensweatshirts und den Knüppeln. Aber wer es auch war, er schien nervöser zu sein als sie selbst. Es war ein Junge, vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt, mit einem scharf geschnittenen, knochigen Gesicht und kurz geschorenen Haaren.
    »Ihr«, sagte er vorwurfsvoll und panisch zugleich. »Ihr seid gerade aus dem Nichts gekommen. Ich hab’s gesehen. «
    »Ähm, ja. Das liegt daran, dass wir eine Schwelle überschritten haben«, erwiderte Toby.
    Der Neuankömmling starrte sie an. »Wovon redet der?« Dann, in klagendem Ton: »Das ist nicht okay. Nichts ist okay. Warum ist es so still? Wo sind die alle hin? Die müssen irgendwie überall die Straßen abgesperrt haben.
He!« Sein Gesicht verzog sich erschrocken. »Glaubt ihr vielleicht, dass wir in irgend so einen Terroralarm geraten sind?«
    »Er ist ein Joker«, sagte Flora überrascht.
    »Aber das kann nicht sein«, sagte Cat. »Es gibt nur vier von uns im Spiel. Der Gehängte sagte … «
    »Das kommt später. Wir sind wieder in dem Spielzug, in dem du und Blaine euch das erste Mal begegnet seid, richtig?« Cat nickte. Sie hatte Flora von dieser Szene erzählt, als sie sich bereiterklärte, nach dem vierten Joker zu suchen. »Dieser Junge war vielleicht letzten Samstag einer von uns, aber seitdem kann alles Mögliche passiert sein …«
    »He, ich bin nicht ›dieser Junge‹. Ich heiße Liam.« Er schaute von einem zum anderen und kaute an seiner Lippe. »Und wer seid ihr?«
    »Wir sind wie du«, sagte Blaine knapp. »Erzähl uns, was passiert ist. Was dir heute Nachmittag passiert ist.«
    »Keine Ahnung!«, erwiderte Liam verzweifelt. »Ich weiß überhaupt nichts mehr! Ich bin bloß diesem Typen gefolgt – ziemlich schick für einen schwarzen Mann, in Anzug und mit Krawatte. Er ist zu einem von diesen großen Häusern gegangen. Da drüben. Und er hat die Tür offen stehen lassen, wisst ihr, und da drin sah es echt toll aus, richtig klasse, wisst ihr? Und da dachte ich, ich gehe mal rein und sage Bescheid, dass die Tür offen ist, man weiß ja nie, von wegen Gelegenheit macht Diebe und so. Man kann in dieser Gegend nicht vorsichtig genug sein.« Er kicherte leise. »Und dann … dann … dann wird
es total verrückt. Jede Menge Irrer, die mit Karten herumfuchteln und über das Schicksal und die Macht und so einen Kram schwafeln, und ich dachte, da bin ich ja in was Schönes reingeraten. Das ist wahrscheinlich so eine Sekte von Weltuntergangspropheten. Also habe ich gemacht, dass ich rauskam, und als ich wieder vor dem Haus stand, war alles anders. So anders.« Und er breitete die Arme aus.
    »Wie …?«, wollte

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