Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen
Mein Nacken ist feucht vor Aufregung.
Bevor ich ins Auto steige, kommt mir plötzlich ein Gedanke. » Glaubst du, die Leute im Café holen die Polizei, wenn ich da noch mal aufkreuze? « , frage ich Tommy.
Er runzelt die Stirn. » Wahrscheinlich nicht sofort. «
Aus irgendeinem Grund muss ich über seine Antwort lachen. Wahrscheinlich nicht sofort wird reichen müssen.
DREI
Ich parke den Wagen um neun Uhr sechsunddreißig und schaue mir auf dem Weg ins Café auf dem Handy das Bild meines Challenge-Partners Ian an, das mir inzwischen zugeschickt wurde. Kinnlange dunkle Haare, ebenso dunkle, intensive Augen, scharf hervortretende Wangenknochen. Mit einem Wort: sexy.
Dieser süße Typ soll mir also einen Kaffee kaufen, während ich singend auf ihn warte? Mit dem ersten Teil komme ich klar, aber in der Öffentlichkeit singen? Vielleicht sollte ich doch lieber nach Hause gehen. Dann hätte ich zwar keine zum Sterben schönen Schuhe, aber das wäre besser, als vor Verlegenheit zu sterben. Ich rufe mir ins Bewusstsein, dass ich die Challenge gestern überstanden habe. Und dass ich Bewunderer habe. Na ja, wahrscheinlich sind das irgendwelche besoffenen Irren, die nichts Besseres zu tun haben, als sich Tausende von Videos anzusehen, um Zufallsaufnahmen von offenherzigen Dekolletees zu finden, aber immerhin.
Im Laden ist nichts von diesem Ian zu sehen, also stehe ich ein wenig unbehaglich herum, während sich Tommy einen Platz sucht.
Kurz darauf stürmen ein paar Kerle herein und sehen sich hektisch um, bis sie mich entdecken. Danach setzen sie sich an Tische in der Nähe und starren mich an. Auf den ersten Blick sehen sie aus, wie Jungs in Seattle eben so aussehen, bewaffnet mit Smartphones, aber geschmacklos angezogen. Als sie ihre Handys auf mich richten, wird mir klar, dass das die Beobachter sein müssen, die Risk geschickt hat, um meine Challenge aufzunehmen. Oh Gott. Aber es scheint nur logisch, dass Risk sehen will, wie ich unter dem Druck eines richtigen Publikums reagiere.
Meine Reaktion besteht darin, dass sich mein Magen verkrampft.
Ich knete die Hände, wippe auf den Zehenspitzen und sehe abwechselnd auf die Uhr und zur Tür. Wo bleibt Ian? Es ist zwanzig vor neun. Weiß Risk von meiner Ausgangssperre, so wie sie das mit den Schuhen gewusst haben? Ich bin mir sicher, dass ich mich auf ThisIsMe über meinen Hausarrest beschwert habe; wenn sie also auf meiner Seite waren, dann wissen sie das und noch eine ganze Menge mehr. Na ja, aber das ist ja auch kein wirklich großes Geheimnis.
Mir kommt es vor, als würde ich eine ganze Stunde warten, doch es sind nur zwei Minuten vergangen, als Ian kommt. Ich bemerke, dass er mich gleich erkennt, aber er sagt nichts. Ihm folgt ein superschlankes Mädchen mit einem Handy, die sich ein paar Schritte hinter ihm postiert. Ich schätze, er hat auch einen Bodyguard dabei.
Als er vor mir stehen bleibt, halte ich einen Augenblick die Luft an. Das Bild auf dem Handy hat seine glatte dunkle Haut und den geschmeidigen Gang in den perfekt abgetragenen Jeans nicht einfangen können. Aber würde es ihn umbringen, mal zu lächeln?
» Hey « , sage ich. » Holst du mir bitte einen Latte? Ich mag am liebsten Haselnuss. «
Er verzieht den Mund. » Tatsächlich? «
Wie bitte? Das ist doch auch seine Challenge, oder etwa nicht? Vielleicht war das Zauberwort verlangen.
Ich stelle mich auf die Spitzen meiner Ballerinas und schleudere die Haare zurück. » Was soll das heißen? Ich will einen Latte. Und zwar sofort. «
Er macht einen Schritt auf mich zu, sodass ich zu ihm aufsehen muss. » Wofür hältst du mich? «
Verdutzt antworte ich: » Du bist doch Ian, oder? « Meine Stimme klingt wie die einer Comicfigur.
» Ja. «
» Und ich bin Vee. «
» Für was ist das denn die Abkürzung? « , fragt er spöttisch.
Okay, das ist wirklich geheim. » Was spielt das für eine Rolle? « , gebe ich kühl zurück.
Er zuckt die Achseln. » Wahrscheinlich gar keine. « Trotzdem macht er keine Anstalten, mir einen Kaffee zu holen.
Ich atme laut aus. » Na gut, dann haben wir wohl beide verloren. Es sei denn, deine Challenge bestand darin, ein Arschloch zu sein. « Ich drehe mich zur Tür.
Er hält mich am Arm fest. » So schnell gibst du auf? «
Ich mustere ihn von unten herauf. Was ist das für ein Spiel, das er spielt?
» Holst du mir jetzt den Kaffee oder nicht? «
» Was ist dir das wert? «
Ein Paar extrem coole Schuhe, Blödmann. » Worauf willst du hinaus? «
Er neigt sich
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