Das Spiel seine Lebens
Aber in seinem Hinterkopf bildete sich ein Gedanke. Er hatte Noch keine klaren Konturen, doch er w ürde wiederkommen und mit der Zeit Gestalt annehmen.
» Gehen wir «, sagte sie leise und ergriff seine Hand. Im Schein der Innenbeleuchtung des Wagens sah er ihren Blick. Sie hatte schöne Augen, so hell, dass sie beinahe gelb erschienen. »Ich will hier weg.«
Er schloss die Autot ür, und mit einem Mal schnürte es ihm den Hals zu. Das Licht ging aus und Dunkelheit umfing sie. Er konnte ihr Gesicht nicht mehr erkennen. »Wo willst du hin?«
Aus dem Dunkel h örte er ihre Stimme. »Irgendwohin«, sagte sie, »wo wir allein sind.«
37
In Mahwah fanden sie ein Hilton.
Myron checkte sie in die beste freie Suite ein. Jessica stand neben ihm. Der Blick des Hotelportiers schwankte zwischen Myron und Jessica hin und her. Sie be äugte er lüstern, ihn neiderfüllt. In der Lobby fand irgendeine elegante Festlichkeit statt. Männer im Smoking, Frauen in langen Abendkleidern. Aber alle Männer starrten gebannt Jessica an, die Jeans und eine rote Bluse trug.
Myron kannte das. Zu Beginn ihrer Beziehung hatte er ein fast perverses Vergn ügen dabei empfunden, andere Männer gaffen zu sehen. Die alte Du-darfst-gucken-aber-ich-darf-anfassen-haha-Macho-Häme. Doch dann hatte er angefangen, in diesen Blicken Dinge zu sehen, die nicht da waren, und die noch ältere männliche Unsicherheit fraß sich in seine Rationalität.
Jessica war das gew öhnt. Sie wusste, wie man Blicke ignorierte, ohne dabei kalt, genervt oder interessiert zu wirken.
Ihr Zimmer lag im sechsten Stock. Die T ür war noch nicht ganz zu, als sie sich schon küssten. Jessicas Zunge beschrieb kleine Kreise und sanfte Vorst öße, was seinen ganzen Körper unwillkürlich in Zuckungen versetzte. Er begann ihre Bluse aufzuknöpfen. Sein Mund wurde trocken. Er schnappte allen Ernstes nach Luft, als er sie wieder so vor sich sah; er konnte kaum noch atmen. Er umfasste eine warme Brust, spürte ihr herrliches Gewicht in seiner Hand. Jessica stöhnte in seinen Mund.
Sie taumelten auf das Bett zu.
Ihre Liebe war immer intensiv, verzehrend gewesen, aber jetzt war etwas Animalisches, Hungriges und doch Z ärtliches im Spiel.
Sp äter, viel später, richtete Jessica sich auf und küsste ihn sanft auf die Wange. »Das«, sagte sie, »war überwältigend.«
Myron zuckte die Achseln. »Nicht schlecht.«
»Nicht schlecht?«
»Für mich. Für dich war es überwältigend.«
Sie schwang die Beine aus dem Bett und warf einen Hotelbademantel über. »Mir hat's Spaß gemacht«, sagte sie.
»Das hat man gehört.«
»Ich war ein wenig laut, was?«
»Ein Konzert von The Who ist ein wenig laut. Du warst ohrenbetäubend.«
Sie stand l ächelnd neben dem Bett. Der Bademantel war nur locker zugebunden und zeigte jede Menge Dekollete und Beine, die so lang waren, dass einem Angst und Bange werden konnte. »Ich hab keine Klagen gehört.«
»Wie denn auch«, sagte Myron. »Bei deiner Lautstärke.«
»Wie spät ist es?«
»Mitternacht.« Er griff nach dem Telefon. »Hunger?«
Sie warf ihm einen Blick zu, den er bis in die Zehen sp ürte. Naja, eigentlich nicht direkt die Zehen. »Halb verhungert«, sagte sie.
»Ich meinte Essen, Jess. Essen.«
»Oh.«
»Hast du im Aufklärungsunterricht schon mal von der männlichen Refraktärzeit gehört?«
»An dem Tag muss ich gefehlt haben.«
»Die drei großen Rs. Erholung, Erneuerung, Ernährung.« Er sah auf die Speisekarte. »Verdammt.«
»Was?«
»Keine Austern.«
»Myron?«
»Ja.«
»Im Bad ist ein Whirlpool.«
»Jess...«
Sie sah ihn mit einem unschuldigen »Wer, ich?«-Blick an. »Wir könnten uns ein bisschen einweichen, bis das Essen kommt. Erholung. Eins von deinen drei Rs.«
»Nur einweichen?«
»Nur einweichen.«
Sie hatte einweichen gesagt. Er war ganz sicher. Einweichen. Nicht einseifen. Aber so fing es an. Sie seifte ihn ins Leben zur ück. Myron versuchte, sich zu wehren, war fast entsetzt darüber, wie gut es sich anfühlte. Aber da war nichts zu machen. Jess spielte mit ihm, reizte ihn bis er kurz vorm Höhepunkt war, ließ ihn aber noch zappeln. Myron war ihr hilflos ausgeliefert. Worte wie Himmel, Ekstase, Paradies, Ambrosia zogen ihm durch den Kopf.
Totale Kapitulation.
»Jetzt«, flüsterte sie, als sie ihm die Zügel schießen ließ. Seine Nervenenden vibrierten und sangen. Die weiß glühende Explosion war so gewaltig, dass es in seinen Ohren knackte. Das grelle Licht stach in seinen
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