Das Spiel seine Lebens
stand. Myron verweigerte h öflich jeden Kommentar. Manchmal konnte man die Medien gut als Vermittler benutzen, aber nicht, wenn man mit Otto Burke verhandelte. Es ging voran, sagte er ihnen. Der Abschluss war jederzeit zu erwarten. Dann rief er Joe Norris an, einen früheren New York Yankee, der fast jedes Wochenende in einer Baseball-Card-Show auftrat. Joe verdiente jetzt in einem Monat mehr Geld als auf dem Höhepunkt seiner Karriere in einer ganzen Saison.
Die N ächste auf der Liste war Linda Regal, eine Profi-Tennisspielerin, die es gerade in die Top Ten geschafft hatte. Sie machte sich Sorgen über ihr Alter und war gekränkt, weil ein Fernseh Reporter sie als »bewährte Veteranin« vorgestellt hatte. Linda war fast zwanzig.
Eric Kramer, ein Student in seinem Abschlussjahr an der University of California, Los Angeles, der voraussichtlich in der zweiten Runde von einem NFL Team gedraftet werden w ürde, war gerade in der Stadt. Es gelang Myron, ihn zum Abendessen einzuladen. Das bedeutete, dass Myron in der engeren Auswahl war — zusammen mit einer Zillion anderer Agenten. Der Wettbewerb war unglaublich hart: Die 1200 von der NFL autorisierten Agenten hofierten die 200 College-Spieler, die im April von den Teams gedraftet wurden. Irgendetwas muss dabei auf der Strecke bleiben. Meistens ist es die Moral. Myron rief Sam Logan, den leitenden Manager der New York Jets, an, um mit ihm über Ricky Lanes Vertrag zu reden.
»Der Junge ist fit wie nie zuvor«, schwärmte Myron. Er stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Myron hatte ein großes, ziemlich schickes Büro an der Park Avenue zwischen der 46 th und der 47 th Street. Seine Besucher waren beeindruckt, und in einem Geschäft, in dem sich jede Menge dubiose Gestalten tummelten, waren Äußerlichkeiten wichtig. »So etwas hab ich noch nie gesehn. Ich sag dir, Sam, der Junge ist ein neuer Gayle Sayers. Es ist wirklich fantastisch. «
»Er ist zu klein«, sagte Logan.
»Was soll das heißen? Ist Barry Sanders zu klein? Ist Emmitt Smith zu klein? Ricky ist größer als die. Und er hat mit Gewichten gearbeitet. Ich sag dir, das wird mal ein ganz Großer.«
» Mhm. Hör zu, Myron, er ist ein netter Kerl. Er trainiert hart. Aber ich kann nicht mehr bieten als...«
Die Summe war immer noch zu niedrig. Aber sie war h öher als vorher.
Er telefonierte ununterbrochen. Irgendwann im Laufe des Tages brachte Esperanza ihm ein Sandwich, das er verschlang.
Um acht Uhr machte Myron seinen letzten Anruf. Jessica nahm ab. »Hallo?«
»Ich bin in einer Stunde bei dir«, sagte Myron. »Wir müssen reden.«
Myron sah Jessica ins Gesicht an und wartete auf eine Reaktion. Sie starrte das Magazin mit be ängstigend ausdrucksloser Miene an, als wäre es die neue Newsweek. Gelegentlich nickte sie, sah sich den Rest der Seite an, warf einen Blick auf die Titel- und die Rückseite, blätterte jedoch immer wieder zu dem Bild von Kathy zurück. Sie war so nonchalant, dass Myron fast den Eindruck hatte, sie würde gleich anfangen zu pfeifen.
Nur ihre Fingerkn öchel verrieten sie. Sie waren weiß und blutleer, ihre Finger zerknitterten die Seiten in einer tödlichen Umklammerung.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Mir geht's gut«, sagte sie mit ruhiger, fast sanfter Stimme. »Du hast gesagt, Christian hat das hier in seiner Post gefunden?«
»Ja.«
»Und ihr habt mit dem Mann gesprochen, der dieses« - sie stockte und in ihrer Miene zeigte sich endlich so etwas wie Abscheu - »dieses Ding verlegt?«
»Ja.«
Sie nickte. »Hat er euch die Adresse von dem Kerl gegeben, der diese Anzeige aufgegeben hat?«
»Nur eine Postfachnummer. Ich geh dem morgen nach. Mal sehen, wer die Post abholt.«
Sie sah ihn zum ersten Mal an. »Ich komme mit.«
Er wollte schon Einw ände erheben, unterließ es aber, da er sowieso keine Chance gehabt hätte. »Okay.«
»Wann hat Christian dir das gegeben?«
»Gestern.«
Das weckte ihr Interesse. »Du wusstest schon gestern davon?«
Er nickte.
»Und du hast mir nichts davon gesagt?«, fauchte sie. »Ich habe mein Herz vor dir ausgeschüttet, bin mir schizophren und paranoid vorgekommen, und du kanntest das die ganze Zeit?«
»Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte.«
»Hast du mir sonst noch was verheimlicht?«
»Christian hat gestern Nacht einen Anruf bekommen. Er glaubt, dass es Kathy war.«
»Was?«
Er erz ählte ihr, was passiert war. Als er zu der Stelle kam, wo Christian Kathys Stimme zu erkennen meinte, war alle Farbe aus
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