Das Spiel seine Lebens
unterbrach er sie, »daran sind wir auch Schuld. Und am Haushaltsdefizit.«
»Klar. Aber so einer bist du nicht.«
» K ein Blutegel? Keine Schlange? Und kein Parasit? Jetzt fang nicht gleich an zu schwärmen.«
»Du weißt schon, wie ich's meine.«
Er zuckte die Achseln. »Es gibt viele halbseidene Agenten. Es gibt auch viele halbseidene Ärzte, Anwälte —« Er brach ab. Das kam ihm bekannt vor. Hatte Fred Nickier seine Magazine nicht mit derselben Argumentation verteidigt? »Sportagenten sind ein notwendiges Übel«, fuhr er fort. »Ohne sie werden die Sportler übervorteilt.«
»Von wem?«
»Teambesitzern. Trainern. Agenten haben einiges für die Sportler erreicht. Sie haben ihnen geholfen, ihre Gehälter zu steigern, Vertragsfreiheit ermöglicht, und die hohen Werbeetats für sie ausgehandelt.«
»Und wo liegt dann das Problem?«
Myron überlegte einen Augenblick. »Zwei Dinge«, sagte er. »Erstens: Einige Agenten sind Gauner. Schlicht und ergreifend. Sie sehen einen reichen Jungen und nutzen ihn aus. Aber die Sportler informieren sich immer besser, und immer mehr Geschichten wie die von Kareem Abdul-Jabar werden bekannt, also wird der größte Teil der Gauner mit der Zeit aussterben.«
»Und zweitens?«
»Agenten müssen zu viele Rollen gleichzeitig übernehmen«, sagte er. »Wir sind Verhandlungsführer, Buchhalter, Finanzmanager, Händchenhalter, Reisebüro, Familienplaner, Eheberater, Laufbursche, Lakai - alles, was man tun muss, um ins Geschäft zu kommen.«
»Und wie schaffst du das?«
»Zwei der wichtigsten Rollen habe ich an Win abgegeben -Buchhalter und Finanzmanager. Ich bin Anwalt, er ist Wirtschaftsfachmann. Außerdem haben wir Esperanza, die fast alles kann. Es funktioniert gut. Wir kontrollieren uns gegenseitig und so entsteht ein Gleichgewicht der Kräfte.«
»Wie die Gewaltenteilung der Staatsorgane.«
Er nickte. »Jefferson und Madison wären stolz auf uns.«
Eine Hand griff nach Postfach 785.
»Los geht's«, sagte Myron.
Jessica warf den Kopf herum und sp ähte hinüber. Der Mann war schlank. Alles an ihm war zu schmal, unheimlich in die Länge gezogen, als hätte er auf einer mittelalterlichen Streckbank gelegen. Selbst sein Gesicht wirkte verzerrt, wie eine auf Knetmasse gestempelte Comicfigur.
»Kennst du ihn?«, fragte Myron.
Sie z ögerte. »Irgendwie kommt er... aber ich glaube nicht.«
»Komm, nichts wie raus.«
Sie liefen die Treppe hinunter und setzten sich in den Wagen. Myron hatte ihn im Halteverbot vor dem Geb äude abgestellt und ein Polizeischild unter die Windschutzscheibe gelegt. Das Geschenk eines Freundes im Staatsdienst. Es hatte sich schon oft als nützlich erwiesen - besonders beim Schlussverkauf im Einkaufszentrum.
Zwei Minuten sp äter kam der dünne Mann heraus. Er stieg in einen gelben Oldsmobile. New-Jersey-Kennzeichen. Myron folgte ihm. Slim fuhr über die Route 3 zum Garden State Park-way und dann Richtung Norden.
»Wir sind schon zwanzig Minuten unterwegs«, sagte Jessica. »Warum nimmt er sich ein Postfach, das so weit von seiner Wohnung entfernt ist?«
»Vielleicht fährt er nicht nach Hause. Vielleicht ist er auf dem Weg zur Arbeit.«
»Zum Telefonsex-Büro?«
»Möglich«, sagte Myron. »Oder er fährt so weit, damit ihn keiner sieht.«
Er fuhr Ausfahrt 160 ab, nahm die Route 208 nach Norden und bog dann in Ridgewood in die Lincoln Avenue ein.
Jessica richtete sich auf. »Das ist meine Ausfahrt«, sagte sie.
»Ich weiß.«
»Was zum Teufel geht hier vor?«
Der gelbe Oldsmobile fuhr nach links. Jetzt waren sie keine f ünf Kilometer von Jessicas Haus entfernt. Wenn er der Lincoln Avenue bis zur Godwin Road folgte, würden sie...
Nein.
Eine halbe Meile vor der Stadtgrenze von Ridgewood bog Mr. Slim in die Kenmore Road. Sie waren noch immer im Herzen der Vorstadt - genauer in Glen Rock, New Jersey. Glen Rock war nach dem riesigen Felsen in der Rock Road benannt. Die Bedeutung des Felsens f ür die Namensgebung dieser Umgebung ist kaum zu überschätzen.
Der gelbe Olds fuhr in eine Einfahrt. Kenmore Drive 78.
»Sieh nach vorne«, sagte er. »Starr nicht hinterher.«
»Was?«
Er antwortete nicht, fuhr ohne anzuhalten vorbei, bog in die n ächste Straße und parkte hinter ein paar Sträuchern. Er nahm sein Autotelefon und wählte die Nummer seines Büros. Noch während des ersten Klingeins ging jemand ran.
» MB SportReps«, sagte Esperanza.
»Ich brauche alles, was du über Kenmore Road 78 in Glen Rock, New Jersey,
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