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Das Spiel seine Lebens

Das Spiel seine Lebens

Titel: Das Spiel seine Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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fragte Jessica, ob sie eine Erklärung dafür hätte.
    »Ich nehme an, dass sie sich ans Collegeleben gewöhnt hatte«, sagte sie. »Sie ist in die Theatergruppe gegangen, wurde Cheerleader und hat angefangen, mit Christian auszugehen. Das erste Semester war für sie ein Kulturschock. Das ist absolut nicht ungewöhnlich.«
    »Nein. Wohl nicht.«
    »Du klingst nicht so, als hätte ich dich überzeugt.«
    Er zuckte die Achseln. Myron Bolitar. Senor Skepticalo.
    Dann folgten Kathys Empfehlungsschreiben. Drei St ück. Ihr Vertrauenslehrer in der High School bezeichnete sie als außergewöhnlich begabt«. Ihr Geschichtslehrer aus der zehnten Klasse schrieb: »Ihre Lebenslust ist ansteckend. Ihr Englischleh rer aus der zw ölften Klasse meinte: »Kathy Culver ist klug, geistreich und lebensfroh. Sie wird für jedes Lehrinstitut eine willkommene Bereicherung sein.« Nette Kommentare. Er überflog den Rest der Seite.
    » Oh oh «, sagte er.
    »Was ist?«
    Er reichte ihr das überschwängliche Empfehlungsschreiben von Kathys Englischlehrer aus der zwölften Klasse der Ridgewood - High-School. Einem Mr. Grady.
    Einem Mr. Gary, alias »Jerry« Grady.

14
    Das Klingeln des Telefons riss Myron aus dem Schlaf. Er hatte von Jessica getr äumt. Er versuchte, sich genauer zu erinnern, doch die Szenen zerfielen in immer kleinere Stücke und er konnte keinen Zusammenhang mehr zwischen ihnen herstellen, sodass am Ende nur noch ein paar frustrierende, winzige Schnipsel übrig blieben. Der Wecker auf dem Nachttisch zeigte sieben Uhr. Irgendjemand rief ihn um sieben Uhr morgens an. Myron konnte sich schon denken, um wen es sich handelte.
    »Hallo?«
    »Morgen, Myron. Ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt.«
    Myron erkannte die Stimme. Er l ächelte und fragte: »Wer ist da?«
    »Hier ist Roy O'Connor.«
    »Der Roy O'Connor?«
    »Äh, ja, ich glaube schon. Der Agent Roy O'Connor.«
    »Der Superagent«, korrigierte Myron ihn. »Wie komme ich zu der Ehre, Roy?«
    »Wäre es vielleicht möglich, dass wir uns heute Vormittag treffen?« Die Stimme zitterte merklich.
    »Aber klar, Roy. In meinem Büro, in Ordnung?«
    »Äh, nein.«
    »In Ihrem Büro, Roy?«
    »Äh, nein.«
    Myron richtete sich auf. »Soll ich noch ein paar Mal raten, und Sie sagen dann heiß und kalt?«
    »Kennen Sie Reilly's Pub an der 14 th Street?«
    »Ja.«
    »Ich bin in der Nische ganz hinten auf der rechten Seite. Um eins. Wir essen zu Mittag. Ist Ihnen das recht?«
    »Spitze, Roy. Soll ich etwas Bestimmtes anziehen?«
    »Äh, nein.«
    L ächelnd legte Myron auf. Ein nächtlicher Besuch von Win, meist während man fest schlief, im eigenen Schlafzimmer, dem privatesten Heiligtum. Klappte immer.
    Er stand auf. Er h örte seine Mutter in der Küche über sich. Sein Vater sah im Wohnzimmer fern. Ein Morgen bei den Bolitars. Die Kellertür wurde geöffnet.
    »Bist du wach, Myron?«, rief seine Mutter.
    Myron. Was f ür ein gottverdammt grässlicher Name. Er hasste ihn leidenschaftlich. Er sah das so: Bei seiner Geburt hatte er alle Finger und Zehen gehabt, keine Hasenscharte, kein Blumenkohlohr, keinen Klumpfuß - und um den Mangel an Pech auszugleichen, hatten seine Eltern ihn Myron getauft.
    »Ich bin wach«, antwortete er.
    »Daddy hat frische Bagels gekauft. Sie stehen auf dem Tisch.«
    »Danke.«
    Er ging zur T ür und die Treppe hinauf. Mit einer Hand strich er über die Bartstoppeln, die er noch abrasieren musste, mit der anderen pulte er sich Schlaf aus den Augenwinkeln. Sein Vater lag auf dem Wohnzimmersofa wie eine nasse Socke. Er trug einen Adidas-Trainingsanzug und a ß ein Bagel, aus dem die Weißfisch-Pastete in alle Richtungen herausquoll. Er sah sich wie jeden Morgen ein Video an, auf dem Leute Frühsport machten. Fitness durch Osmose.
    »Guten Morgen, Myron. Auf dem Tisch sind Bagels.«
    » Äh, danke.« Aus irgendeinem G r und schien der eine Elternteil nie zu hören, was der andere sagte.
    Er ging in die K üche. Seine Mutter war fast 60, sah jedoch erheblich jünger aus. Vielleicht wie 45. Auch in ihr e m Verhalten wirkte sie erheblich jünger. Etwa wie 16. »Du bist gestern spät heimgekommen«, sagte sie.
    Myron grunzte.
    »Wann bist du zu Hause gewesen?«
    »Echt spät. Es war schon fast zehn.« Myron Bolitar, der Partylöwe der durchgemachten Nächte.
    »Und«, setzte seine Mom an, wobei sie krampfhaft versuchte, möglichst beiläufig zu wirken, »mit wem warst du unterwegs?« Die Grand Dame der Subtilität.
    »Mit niemandem«, sagte er.
    »Mit niemandem?

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