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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Verteidigung«, beginnt er. »Dazu braucht man jedoch keinen Beschleuniger. Will man allerdings wissen, ob ein bestimmtes Land Nuklearwaffen hat, läßt man eine Drohne darüber hinwegfliegen, sammelt Luftproben und untersucht sie dann in der Ruhe der Mine auf Radioaktivität.«
    Das ist eine schöne Theorie, doch wenn es so wäre, hätte Wendell, ganz gleich, wer dahintersteckt, die Mine einfach vom Verteidigungsministerium angefordert. Da sie versucht haben, sie heimlich durch Matthew und den Unterausschuß des Innenministeriums in die Finger zu bekommen, spielen sie ein schmutziges Spiel. Das bedeutet, sie haben etwas vor, was sie nicht publik machen wollen.
    »Was ist mit Waffenherstellung oder Geldbeschaffung?«
    Minsky streicht gedankenverloren mit der Spitze der Büroklammer durch seinen Bart. »Waffenherstellung wäre möglich. Doch Ihre Bemerkung über das Geld ... Meinen Sie das wörtlich oder im übertragenen Sinn?«
    »Wie bitte?«
    »Es hat etwas mit der Natur der Neutrinos zu tun. Man kann ein Neutrino nicht wie ein Elektron betrachten. Es zeigt sich nicht unter einem Mikroskop. Es ist wie ein Geist. Der einzige Weg, Neutrinos wahrzunehmen, besteht darin, sie mit anderen Atomteilchen interagieren zu sehen. Trifft ein Neutrino zum Beispiel einen Atomkern, erzeugt es eine gewisse Strahlung wie einen optischen Überschallknall. Wir sehen nur den Knall, der uns sagt, daß das Neutrino gerade da gewesen ist.«
    »Sie messen also die Reaktion, wenn zwei Dinge zusammenprallen«, erklärt Viv.
    »Genau. Das Problem ist allerdings, daß ein Neutrino alles verändert, worauf es trifft. Einige meinen, das läge daran, weil Neutrinos selbst sich ständig verändern. Andere vertreten die Hypothese, daß sich das Atom verändert, wenn es zu einer Kollision kommt. Die genaue Antwort kennt niemand. Noch nicht.«
    »Was hat das mit Geldmachen zu tun?« frage ich.
    Minsky überrascht mich mit einem Grinsen. »Haben Sie schon einmal von Transmutation gehört?«
    Viv und ich sitzen bewegungslos da.
    »Wie die Geschichte von König Midas?« frage ich.
    »Midas, alle zitieren sofort Midas.« Minsky lacht. »Ist es nicht entzückend, wenn Fiktion der erste Schritt der Wissenschaft ist?«
    »Man kann also Neutrinos benutzen, um Alchemie zu betreiben?« erkundige ich mich.
    »Alchemie?« fragt Minsky zurück. »Alchemie ist eine mittelalterliche Philosophie. Transmutation dagegen ist Wissenschaft. Hier wird durch eine subatomare Reaktion ein Element in ein anderes verwandelt.«
    »Das verstehe ich nicht. Wie können Neutrinos ... ?«
    »Denken Sie zurück. Jekyll und Hyde. Neutrinos können zu etwas anderem mutieren. So verraten sie uns etwas über die Natur der Materie. Hier ...« Er öffnet die oberste linke Schublade seines Schreibtisches, wühlt einen Moment darin herum, schiebt sie dann zu und zieht die darunter auf. »Ah, hier haben wir es ...«
    Er zieht ein laminiertes Stück Papier heraus und legt es auf den Tisch. Darauf befinden sich mir vertraute Kästchen: das Periodensystem. »Ich nehme an, Sie haben das schon einmal gesehen«, sagt er und deutet auf die numerierten Elemente. »Eins - Wasserstoff, zwei - Helium, drei - Lithium ...«
    »Das Periodensystem. Ich weiß, wie es funktioniert«, behaupte ich.
    »Tatsächlich?« Er sieht nach unten und versteckt sein Lächeln. »Dann zeigen Sie mir Chlor«, sagt er.
    Viv und ich beugen uns auf unseren Stühlen vor und mustern die Karte. Viv hat ihre zehnte Klasse noch nicht so lange hinter sich wie ich. Sie deutet auf die Buchstaben Cl. Chlor.
    17
    Cl
    »Atomzahl siebzehn«, sagt Minsky. »Atomgewicht 35,453(2) ... Klasse der nichtmetallischen Elemente ... grüngelbe Farbe ... gehört zur Gruppe der Halogene. Sie haben davon gehört, ja?«
    »Natürlich.«
    »Gut. In einem der ersten Neutrino-Detektoren hat man mal einen Vierhunderttausend-Liter-Tank damit gefüllt. Der Gestank war entsetzlich.«
    »Wie in einer chemischen Reinigung?« meint Viv.
    »Genau.« Minsky ist angenehm überrascht. »Vergessen Sie nicht, daß man Neutrinos nur sieht, wenn sie mit anderen Atomen kollidieren. Das ist der magische Moment. Wenn also die Neutrinos genau im richtigen Winkel auf ein Chloratom prallen, finden die Physiker plötzlich ...« Minsky deutet auf das Periodensystem, und drückt seine Büroklammer auf das Kästchen neben Chlor. Atomzahl 18.
                17 18
                Cl Ar
    »Argon«, sagt Viv.
    »Argon«, bestätigt Minsky. »Atomsymbol Ar. Siebzehn

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