Das Spiel
hat kaum einen Satz herausbekommen, und das Mädchen ...«
»Viv.«
»Ein wütendes kleines Ding. Sie hätte ihm am liebsten den Kopf abgerissen.«
»Hat Harris etwas gesagt?«
»Nichts, was Sie nicht schon wüßten.«
»Aber sie waren da?«
»Ja. Sie sind sogar in das Büro vom Boß gegangen. Allerdings hat es ihnen nichts genützt«, erwiderte der Mann.
»Sie haben also alles erledigt?«
»Genau so, wie Sie es wollten.«
»Haben sie es geschluckt?«
»Alles, selbst diesen Dinah-Unsinn. Im Gegensatz zu Pasternak durchschaue ich die Dinge eben bis zum Ende.«
»Sie sind wirklich ein Held«, erwiderte Janos ironisch.
»Vergessen Sie nicht, das Ihrem Boß zu erzählen. Die Kredite, die Operationen und meine anderen Schulden ...«
»Ihre finanzielle Situation ist mir vollkommen klar. Deshalb ...«
»Es geht mir nicht nur ums Geld. Ich scheiß auf das Geld, es geht um viel mehr. Sie haben förmlich danach geschrien. Diese Hochnäsigkeit, das hochmütige Schulterzucken ... Die Leute glauben immer, ich merke das nicht.«
»Wie gesagt, ich habe vollstes Verständnis für Ihre Lage. Deshalb bin ich ja an Sie herangetreten.«
»Gut. Ich möchte nicht, daß Sie glauben, jeder Lobbyist wäre nur scharf aufs Geld. Das ist ein peinliches Stereotyp.«
Janos schwieg. Sein Partner glich in vielerlei Hinsicht der glänzenden schwarzen Limousine, die er fuhr. Zu schick und zu übertrieben. Doch er hatte den Wagen ausgesucht, weil bestimmte Dinge erforderlich sind, wenn man sich in Washington anpassen will. »Haben sie gesagt, wohin sie als nächstes gehen?« fragte Janos.
»Nein, aber ich habe eine Ahnung ...«
»Ich auch.« Janos schnitt ihm das Wort ab und bog scharf nach rechts in eine Tiefgarage ein. »Schön, Sie zu sehen!« rief er dem Sicherheitsbeamten vor dem Angestelltenparkplatz zu. Der Mann lächelte ihn freundlich an.
»Sind Sie schon da, wo Sie hinfahren sollten?« fragte sein Partner.
»Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf darüber, wo ich bin«, erwiderte Janos. »Konzentrieren Sie sich nur auf Harris. Wenn er Sie zurückruft, müssen Sie Augen und Ohren weit offen halten.«
»Mit meinen Ohren kann ich Ihnen dienen. Nur mit den Augen habe ich immer ein kleines Problem«, quäkte Barrys Stimme durch den Hörer.
66. KAPITEL
»Worum geht es dabei noch gleich?« Dr. Minsky biegt eine Büroklammer auseinander und klopft damit leicht auf den Schreibtisch.
»Wir brauchen nur Hintergrundinformationen«, sage ich. Das Gespräch darf nicht versickern. »Es geht um dieses Projekt, das Sie da vor sich liegen haben ...«
»Ein neues Neutrino-Projekt?« unterbricht mich Minsky. Er ist offensichtlich aufgeregt. Es ist immer noch sein Lieblingsthema, und wenn es neue Daten gibt, will er als erster damit spielen.
»Wir sollten das eigentlich nicht verraten«, antworte ich. »Sie sind noch im Frühstadium.«
»Aber wenn sie ...«
»Es geht dabei um jemanden, mit dem der Kongreßabgeordnete befreundet ist«, unterbreche ich ihn. »Es ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.«
Der Mann hat zwei Doktortitel. Er versteht den Hinweis. Kongreßabgeordnete tun ihren Freunden ständig irgendeinen Gefallen. Deshalb stehen die wichtigen Neuigkeiten vom Capitol Hill auch nie in der Zeitung. Erwartet Minsky von uns noch mehr Gefälligkeiten, muß er uns helfen. Das weiß er.
»Es geht also um Neutrinos, ja?« fragt er schließlich.
Ich lächle. Viv ebenfalls, wendet jedoch sofort den Kopf ab und sieht aus dem Fenster. Sie sucht die Straße weiter nach Janos ab.
»Ich möchte es so formulieren.« Minsky verfällt in seinen professoralen Ton. Er hält die aufgebogene Büroklammer wie einen Zeigestock in die Höhe und bewegt sie von oben nach unten. »Während wir hier sitzen, fliegen fünfzig Milliarden, wohlgemerkt, Milliarden Neutrinos von der Sonne durch Ihren Schädel und Ihren Körper zu Ihren Füßen hinaus durch die neun Stockwerke unter uns. Sie sausen ohne Zwischenstopp durch den Betonboden des Gebäudes in den Erdkern, durch ihn hindurch bis nach China und dann hinaus in die Milchstraße. Während Sie hier sitzen, werden Sie von ihnen bombardiert. Von fünfzig Milliarden Neutrinos. Jede Sekunde. Wir leben in einem Meer von ihnen.«
»Sind sie wie Protonen? Elektronen? Was genau sind sie?«
Er reißt sich sichtlich zusammen. Für den gebildeten Wissenschaftler gibt es nichts Schlimmeres als einen Laien. »In der subatomaren Welt gibt es drei Arten von Partikeln, die Masse besitzen. Die Schwersten sind die
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