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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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die Wand. Lowell fuhr herum und tat, als trockne er sich die Hände. Sein Assistent stürmte herein. Er war vollkommen außer Atem.
    »William, was ... ?«
    »Sie müssen das lesen«, unterbrach Williams ihn und hielt Lowell den roten Ordner hin.
    Lowell beobachtete seinen Assistenten sorgfältig, wischte sich die Hände an der Hose ab, griff nach dem Ordner und schlug ihn auf. Es dauerte einen Moment, bis er das offiziell wirkende Deckblatt überflogen hatte. Dreißig Sekunden später hatte er jedes Interesse an der Klatschkolumne verloren.

68. KAPITEL
    »Moment mal«, sage ich. »Sie wollen mir sagen, daß Leute irgendwelche Neutrinos auf...«
    »Neptunium ...«, hilft Minsky mir aus.
    »... Neptuniumatome schießen können, bis sie auf einem Haufen Plutonium sitzen?«
    »Ich habe nicht gesagt, daß sie es könnten. Jedenfalls noch nicht. Allerdings wäre ich nicht überrascht, wenn jemand daran arbeiten würde. Zumindest theoretisch.«
    Er spricht mit der Gelassenheit eines Mannes, der glaubt, es handele sich um eine wissenschaftliche Theorie. Viv und ich wissen es besser. Wir haben es mit eigenen Augen gesehen. Die Kugel, der Beschleuniger, selbst das Tetrachloräthylen ... Das also baut Wendell da unten. Deshalb wollen sie nicht, daß etwas durchsickert. Wenn herauskäme, daß sie Plutonium erzeugen wollen. Sie würden es nie schaffen.
    »Bisher kann das jedoch niemand, richtig?« Viv versucht sich selbst davon zu überzeugen. »Es ist nicht möglich ...«
    »Sagen Sie so etwas nicht in diesen heiligen Hallen«, erwidert Minsky spöttisch. »Theoretisch ist alles möglich.«
    »Vergessen Sie die Theorie«, bitte ich ihn. »Angenommen, es ginge, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß man es auch realisieren kann? Ist Neptunium überhaupt allgemein zugänglich, oder ist es schwer zu bekommen?«
    »Das ist die entscheidende Frage«, sagt Minsky und adelt diesmal mich mit seiner Büroklammer. »Hauptsächlich ist es ein sehr seltenes Erdmetall. Neptunium-237 dagegen ist ein Abfallprodukt aus Atomreaktoren. In den Vereinigten Staaten bekommt man es nur schwer in die Hände, weil wir unsere verbrauchten Nuklearbrennstoffe nicht recyclen, aber in Europa und Asien bereiten sie große Mengen wieder auf.«
    »Ist das schlecht?« erkundigt sich Viv.
    »Nein. Schlecht ist nur, daß die globale Überwachung von Neptunium erst 1999 angefangen hat. Dadurch gibt es riesige Mengen von Neptunium, die nicht aufgeführt sind. Was ist in all diesen Jahren damit passiert? Jeder könnte es haben.«
    »Es gibt also auf dem freien Markt genug davon?«
    »Unbedingt«, erwidert Minsky. »Wer weiß, wo er suchen muß, findet mit Leichtigkeit beliebige Mengen nicht erfaßtes Neptunium.«
    Als mir die Konsequenzen klarwerden, rutsche ich unruhig auf meinem Stuhl hin und her und wische meine schweißnassen Hände an dem Polster ab. Vor einigen Minuten habe ich noch getan, als wäre mir unwohl. Jetzt brauche ich es nicht mehr zu spielen. Welche Regierungsbehörde auch hinter Wendell steckt, diese Neuigkeiten sind alles andere als gut.
    »Kann ich noch eine Frage stellen?« bittet Viv. »Ich weiß jetzt, daß es möglich ist, und mir ist auch klar, daß man Neptunium bekommen kann. Könnten wir trotzdem eine Sekunde über die Wahrscheinlichkeit sprechen? Ich meine, die Forschung über Neutrinos ist doch ein kleines Feld, stimmt's? Es gibt doch bestimmt nur eine Handvoll Menschen, die in der Lage sind, so etwas zu bewerkstelligen. Wenn Sie das bedenken und sich in der Neutrino-Forschungsgemeinschaft umsehen, wüßten Sie dann nicht ... Wüßten Sie nicht, wenn so etwas vorgeht?«
    Minsky kratzt seinen Bart. Er erkennt zwar Vivs Panik nicht, aber er versteht durchaus, worauf ihre Frage abzielt. »Haben Sie jemals von einem Dr. James A. Yorke gehört?« fragt er schließlich. Wir schütteln den Kopf. Ich kann kaum noch ruhig sitzen bleiben. »Er ist der Vater der Chaos-Theorie. Er hat sogar den Ausdruck geprägt«, fährt Minsky fort. »Sie haben doch diese Metapher schon einmal gehört, nicht wahr? Die mit dem Schmetterling, dessen Flügelschlag in Hongkong einen Hurrikan über Florida verursachen kann? Nun, Yorke drückt es folgendermaßen aus: Wenn es auch nur einen einzigen Schmetterling gibt, von dem man nichts weiß, kann man unmöglich das Wetter über eine längere Zeit voraussagen. Ein winziger Schmetterling. Und, wie der Mann ebenfalls sagte: Diesen einen Schmetterling gibt es immer.«
    Die Worte treffen mich wie ein Fausthieb. Ich

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