Das Spiel
weh zu tun.«
Er nickt Viv zu und tut, als stände er auf ihrer Seite. Er war schon zu lange Stellvertretender Generalstaatsanwalt. Seine Tricks sind veraltet. Diesen Trick hat er mir in meinem ersten Jahr beigebracht, in dem ich unter ihm in Senator Stevens' Büro gearbeitet habe.
»Wie bist du hier hereingekommen?«
»Genauso wie du. Als ich Bürochef war, hat man mir einen Schlüssel gegeben.«
»Man muß ihn doch zurückgeben, wenn man geht.«
»Nur, wenn dich jemand danach fragt«, erwidert Lowell mit gespielter Unbekümmertheit. Er mag einmal ein guter Freund gewesen sein, aber das hat sich erledigt, als er mich aus diesem Restaurant geschickt hat.
»Ich weiß, was du denkst, Harris, aber du verstehst meine Lage nicht. Er hat meine Familie bedroht. Er ist sogar zum Spielplatz meiner Tochter gekommen und hat mir den Kopf an der Scheibe zerquetscht, als ich dir an diesem Abend den Tip gegeben habe.« Er zeigt mir das Pflaster auf seinem Hinterkopf.
Nun buhlt er auch noch um Mitleid. »Das interessiert mich nicht, Lowell! Kapierst du das? Janos war an dem Abend nur da, weil du ihn dorthin bestellt hast. Du hast es eingefädelt!«
»Harris, hör mir bitte zu ...«
»Womit hintergehst du mich jetzt? Hast du ihm auch dieses Versteck verraten, oder hebst du dir das als Dessert auf?«
»Ich schwöre dir, Harris, ich arbeite nicht mit ihm zusammen.«
»Ach ja? Und das soll ich dir jetzt noch glauben?«
»Harris, laß uns einfach gehen.« Viv packt meinen Arm.
»Ist dir eigentlich klar, wie dumm es war hierherzukommen?« frage ich. »Glaubst du, Janos würde nicht jeden deiner Schritte beobachten?«
»Wenn er das täte, stände er schon hier«, erwidert Lowell. Das ist ein starkes Argument. »Würdest du mir jetzt vielleicht mal eine Sekunde zuhören?«
»Was soll das? Glaubst du etwa, ich würde dir noch trauen? Tut mir leid, Lowell. Vertrauen ist diese Woche ausverkauft!«
Als er merkt, daß er so nicht weiterkommt, wendet er sich an Viv. »Junge Lady, können Sie ...?«
»Rede nicht mit ihr, Lowell!«
»Ich kriege das schon hin, Harris«, erwidert Viv.
»Laß sie in Ruhe, Lowell! Sie hat nichts damit zu schaffen!« Ich ringe um meine Beherrschung. Nur nicht die Kontrolle verlieren! sage ich mir.
Ich beiße mir fast die Innenseite der Wange blutig, um meine Wut zu dämpfen. Uns läuft die Zeit davon. Ich reiße die Tür auf! »Verschwinde, Lowell!«
»Kannst du nicht einfach ... ?«
»Raus hier, Lowell! Sofort!«
»Harris, ich weiß, wer Wendell ist!« ruft er.
Ich beobachte ihn sorgfältig, suche in seinem Gesicht nach verräterischen Spuren. Ich kenne Lowell Nash fast mein ganzes Berufsleben lang. Er ist kein guter Lügner. »Was redest du da?«
»Ich weiß von der Wendell Group, oder wie sie sich nennen. Ich habe sie durch das System gejagt. Auf den ersten Blick sind sie so seriös wie Sears. Sie sind in Delaware gemeldet und importieren angeblich Möbel. Gräbt man jedoch ein wenig tiefer, stellt man fest, daß sie die Tochtergesellschaft einer Firma in Idaho sind, die einen Teilhaber in Montana hat, der einer Holdinggesellschaft gehört, die in Antigua registriert ist. Die Kette geht immer weiter, Glied um Glied, aber das Ganze ist nur eine Fassade.«
»Für die Regierung, richtig?«
»Woher weißt du das?«
»Man konnte es im Labor sehen. Nur die Regierung verfügt über soviel Geld.«
»Welches Labor?« fragt Lowell.
»In der Mine.« Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, ist das brandneu für ihn. »In South Dakota. Sie haben ein hochmodernes Labor in der alten Homestead-Goldmine versteckt«, erkläre ich. »An den Geräten konnte man erkennen, daß sie Experimente mit...«
»Sie stellen etwas her?«
»Deshalb sind wir ...«
»Sag mir, was sie herstellen!«
»Es hört sich ziemlich verrückt an ...«
»Sag es mir, Harris! Was?«
Ich sehe Viv an. Wir haben keine Wahl. Wenn Lowell mit drinstecken würde, hätte er die Frage nicht gestellt.
»Plutonium«, sage ich. »Wir glauben, sie wollen Plutonium erzeugen, und zwar auf der atomaren Ebene.«
Lowell steht wie erstarrt da. Er ist kreideweiß im Gesicht. Ich habe ihn schon früher nervös gesehen, aber noch nie so.
»Ich muß sofort jemanden anrufen!« Seine Hand zuckt nach seinem Handy in der Jackentasche.
»Hier unten hast du keinen Empfang.«
Er überzeugt sich mit einem kurzen Blick, daß ich recht habe, und sieht sich dann um. »Gibt es hier ein ... ?«
»Auf der Kommode.« Ich deute auf das Telefon.
Hastig tippt
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