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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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protestierte. Janos kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich auf Williams' hängende Schultern. Aus der Entfernung konnte er ihn schlecht einschätzen. Die Falten in seinem weißen zerknitterten Hemd verrieten, daß er sie zwei Tage trug, um Geld zu sparen. Seinen brandneuen Gucci-Gürtel dagegen hatten Mom und Dad ihm geschenkt. Der Junge kam aus einem wohlhabenden Elternhaus. Was bedeutete, er würde den Anweisungen seines Chefs Folge leisten.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Lowell nicht stillhalten wird. Ihm geht es nur um sich selbst«, sagte Barry im Handy.
    »Still«, warnte ihn Janos. Er sprach nicht gern mit Barry. Dessen Paranoia war einfach lästig, auch wenn sie ein perfekter Hebel war. Außerdem mußte er zugeben, daß Barry recht behalten hatte, was Lowell anging.
    Lowell schlug die Fahrertür zu. Die Reifen quietschten, als er aus der Parklücke fuhr. Einige Sekunden lang blieb Williams stehen und sah seinem Boß nach. Dann ging er zum Treppenhaus zurück.
    Janos ließ den Motor an. Er schaute nach unten und legte seine offene Hand auf das Armaturenbrett. Typisch, dachte er. Mangelhafter Leerlauf. Die Ventile mußten dringend eingestellt werden.
    »Sie hätten mich früher anrufen sollen«, sagte Barry in seinem Ohr. »Wenn Sie erst zu mir gekommen wären, statt sich an Pasternak zu wenden ...«
    »Ohne Pasternak wäre Harris niemals in das Spiel eingestiegen.«
    »Das stimmt nicht. Er ist abgestumpfter, als Sie glauben. Er will nur, daß Sie annehmen ...«
    »Glauben Sie, was Sie wollen«. Janos gab Lowell einen ausreichenden Vorsprung. Als der silberfarbene Audi um eine Ecke bog, gab er Gas und fuhr langsam hinter ihm her.
    »Haben Sie eine Ahnung, wo er hinfährt?« wollte Barry wissen.
    »Noch nicht.« Janos verließ die Tiefgarage und bog auf die Straße ein. Vor ihm fuhr ein alter orangefarbener VW-Käfer. Vier Wagen weiter vorn schlängelte sich Lo-wells Audi durch den Verkehr. Etwa anderthalb Kilometer vor ihnen am Ende der Pennsylvania Avenue erhob sich die Kuppel des Capitols in den Himmel.
    »Ich würde mir keine Sorgen machen«, sagte Janos zu Barry. »Er fährt nicht sehr weit.«

71. KAPITEL
    »Die nächste Gruppe, bitte! Weitergehen!« Der Officer der Capitol Police winkt uns durch den Besuchereingang an der Westseite des Capitols. Viv und ich schlendern hinter einer Gruppe von Schülern her, halten die Köpfe gesenkt und haben unsere Regierungsausweise unter unseren Hemden versteckt. Die Sicherheitsbeamten am Westeingang fertigen durchschnittlich vier Millionen Besucher im Jahr ab. Ein permanentes Getümmel von mit Stadtplänen und Kameras bewaffneten Touristen. Die meisten Mitarbeiter meiden dieses Terrain um jeden Preis. Deshalb sind wir hier.
    Während sich die Gruppe langsam in das Gebäude schiebt, fällt mir wieder ein, daß das Capitol das einzige Bauwerk auf der Welt ohne eine Rückseite ist. Die Westseite, die zur Mall hin liegt, wie auch die Ostseite, von der aus man den Obersten Gerichtshof sieht, nehmen in Anspruch, die echte Vorderfront zu sein. Der Grund sind all die hochwichtigen Persönlichkeiten, die hier arbeiten, von denen jeder sich damit schmeichelt, sein Ausblick wäre der Beste. Selbst die Nord- und Südseite bilden da keine Ausnahme. Sie nennen sich »Eingang des Senats« und »Eingang des Repräsentantenhauses«. Vier Seiten, ein Haus und keine Rückseite. Ladies and Gentlemen: der Kongreß.
    Versteckt in unserer Touristengruppe, befinden wir uns an dem einzigen Ort, wo niemand unsere Ausweise überprüft oder uns länger als eine Sekunde ins Gesicht blickt. Wir tauchen einfach in dem Gedränge unter.
    »Legen Sie Kameras und Handys auf das Laufband«, bittet einer der Wachtposten zu den Leuten. Die Schüler verwandeln diese einfache Aufforderung in die letzten Augenblicke der Titanic. Sie plappern, meckern und marschieren endlich weiter. Während die Jugendlichen das übliche Spektakel veranstalten, schlüpfen Viv und ich durch den Metalldetektor, ohne auch nur einen zweiten Blick darauf zu verschwenden.
    Wir halten uns an die Gruppe, als sie unter der großartigen Kuppeldecke zur Krypta hinabsteigt. In deren Rundsaal werden Blaupausen, Zeichnungen und andere historische Dokumente des Capitols aufbewahrt. Der Führer erklärt uns, daß die runde Form der Krypta nicht nur die Rotunda, sondern auch die Kuppel des Capitols über uns stützt. Die Schüler legen wie auf Stichwort ihre Köpfe in den Nacken. Diesen Moment nutzen Viv und ich, um uns unbemerkt

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