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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Michigan.«
    »Michigan?«
    »Michigan.«
    »Detroit?«
    »Birmingham.«
    Ich klopfe mit dem Daumen gegen das Lenkrad, als wieder ein Käfer gegen unsere Windschutzscheibe klatscht.
    »Das heißt nicht, daß ich dir verzeihe«, sagt Viv.
    »Das habe ich auch nicht erwartet.« Die Klippen verschwinden, als wir den Canyon verlassen. Ich trete aufs Gas, und der Wagen fegt brummend über die schnurgerade Strecke. Wie zuvor gibt es nichts rechts und links neben uns. Nicht einmal eine Leitplanke. Hier draußen sollte man genau wissen, wohin man will. Selbst wenn jeder Weg mit dem ersten entscheidenden Schritt anfängt.
    »Du magst also Birmingham?« frage ich.
    »Ich mag die Highschool«, antwortet sie. Ich fühle jedes Jahr meines Alters.
    »Wir sind früher wegen der Basketballspiele nach Ann Arbour gefahren«, sage ich.
    »Wirklich? Du kennst Birmingham? Warst du schon mal da?« Sie zögert ein wenig, als wäre die Antwort wichtig.
    »Einmal«, erwidere ich. »Einer aus unserer Verbindung hat uns einmal auf seine Eltern losgelassen.«
    Sie schaut aus dem Beifahrerfenster in den Seitenspiegel. Der Canyon wurde längst von dem schwarzen Horizont verschluckt.
    »Ich habe gelogen.« Ihre Stimme klingt tonlos und müde.
    »Wie bitte?«
    »Ich habe dich belogen ...« Sie schaut immer noch in den Spiegel. »Daß ich nur eines von zwei schwarzen Mädchen auf unserer Schule gewesen wäre ...«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Ich hätte es nicht tun sollen. Es war albern.«
    »Was ... ?«
    »Ich sagte, wir wären zu zweit gewesen, aber eigentlich waren wir vierzehn. Vierzehn schwarze Kinder. Ich schwöre bei Gott. Ich glaube jedenfalls ... ja ... vierzehn.«
    »Vierzehn?«
    »Tut mir leid, Harris. Ich wollte dich davon überzeugen, daß ich allein zurechtkomme. Sei nicht böse ...«
    »Viv ...«
    »Ich dachte, du würdest mich für stark und hart halten ...«
    »Das spielt keine Rolle«, unterbreche ich sie.
    Endlich dreht sie sich zu mir um. »Was?«
    »Es spielt keine Rolle«, wiederhole ich. »Ich meine, vierzehn von wie vielen? Vierhundert? Fünfhundert?«
    » Sechshundertfünfzig.«
    »Eben. Zwei oder vierzehn. Ihr wart zahlenmäßig noch immer deutlich unterlegen.«
    Sie lächelt. Es gefällt ihr. Doch wie sie den Sicherheitsgurt umklammert, scheint es noch ein Thema für sie zu sein.
    »Du kannst jetzt ruhig lächeln«, fordere ich sie auf.
    Sie schüttelt den Kopf. »Das hat meine Mom auch immer gesagt. Direkt nach Umsp ülen und ausspucken.«
    »Deine Mom ist Zahnärztin?«
    »Nein. Sie ist ...« Viv unterbricht sich und zuckt mit den Schultern. »Sie ist Zahnarzthelferin.«
    In dem Moment wird es mir klar. Deshalb zögert sie. Nicht, daß sie nicht stolz auf ihre Mom wäre, doch sie weiß, wie es sich anfühlt, anders als die anderen Kinder zu sein.
    Ich weiß nicht mehr viel von meiner Schulzeit, aber ich erinnere mich genau an den Tag der Berufe. An die stille Hoffnung, daß dein Dad nicht eingeladen wird. Aus der Welt der elitären Ivy League, zu der Washingtons Universität gehört, weiß ich, wie es ist, sich zweitklassig zu fühlen.
    »Mein Dad war Friseur«, sage ich.
    Sie wirft einen scheuen Blick in meine Richtung und mustert mich von Kopf bis Fuß. »Im Ernst?«
    »Ehrlich«, bestätige ich. »Er hat meinen Freunden für sieben Dollar die Haare geschnitten. Sogar den üblen Topf schnitt.«
    Sie sieht mich an und grinst.
    »Ich schäme mich nicht für meine Eltern, nur damit du es weißt«, erklärt sie nachdrücklich.
    »Das habe ich auch nicht gedacht.«
    »Es ist nur ... Sie wollten mich so gern in den richtigen Schulbezirk bringen. Sie konnten es sich nur leisten, weil sie dieses winzige Haus gekauft haben, wortwörtlich das letzte auf der Bezirksgrenze. Es lag genau auf der Grenze. Weißt du, wie das ist? Ich meine, wenn so etwas dein Startpunkt ist...«
    »... fühlst du dich wie der letzte Mann im Feld.« Ich nicke. »Glaub mir, Viv, ich weiß noch genau, warum ich auf den Hügel gekommen bin. In den ersten Jahren habe ich versucht, alles gutzumachen, was sie meinen Eltern angetan haben. Manchmal muß man einfach akzeptieren, daß man nicht alle Kämpfe gewinnen kann.«
    »Das bedeutet nicht, daß man sie nicht ausfechten sollte«, erwidert sie herausfordernd.
    »Stimmt, aber was sagte Winston Churchill? Neigt sich die Sonne am Ende des Tages, kannst du nicht alles gewinnen ...«
    »Du kannst nicht alles gewinnen? Das glaubst du doch nicht wirklich?« Es ist ihr völlig ernst. »Ich dachte immer, das

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