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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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freuen«, fuhr der Direktor fort. »Es wird dir eine Freude sein, etwas aus der Autobiographie deines Helden zu lesen. Goethe ist der Mann, den du liebst, und ich kann mir vorstellen, dass es dich interessieren wird, was er über den Mann sagt, den er liebt und bewundert. Richtig?«
    Alfred nickt zögernd. Verblüfft von der guten Laune des Direktors witterte er eine Falle.
    »Nun«, fuhr der Direktor fort, »wir möchten, dass du dir über deine Hausaufgabe absolut im Klaren bist, Rosenberg. Du wirst die Kapitel vierzehn und sechzehn der Autobiographie Goethes lesen, und du wirst jeden Satz, den er über Benedict de Spinoza schreibt, abschreiben. Du wirst drei Exemplare herstellen, eines für dich selbst und eines für jeden von uns. Wenn wir herausfinden, dass du in deiner schriftlichen Aufgabe einen seiner Kommentare über Spinoza übersehen hast, wirst du die ganze Arbeit so lange neu schreiben, bis sie fertig ist. Wir sehen uns in zwei Wochen. Dann werden wir deine schriftliche Arbeit lesen und alle Gesichtspunkte deiner Leseaufgabe diskutieren. Ist das klar?«
    Abermaliges Nicken. »Darf ich eine Frage stellen, Herr Direktor? Vorhin sprachen Sie von zwei Aufgaben. Ich muss Familienforschung betreiben. Ich muss zwei Kapitel lesen. Und ich muss drei Exemplare der Passagen über Benedict de Spinoza schreiben.«
    »Das ist richtig«, sagte der Direktor. »Und deine Frage?«
    »Herr Direktor, sind das nicht drei Aufgaben statt zwei?«
    »Rosenberg«, unterbrach Herr Schäfer, »selbst zwanzig Aufgaben wären noch gnädig. Deinen Direktor als nicht qualifiziert zu bezeichnen, seine Position zu bekleiden, weil er ein Jude ist, ist Grund genug, von jeder Schule in Estland oder im Vaterland verwiesen zu werden.«
    »Ja, Herr Professor.«
    »Warten Sie, Herr Schäfer. Vielleicht hat der Junge nicht ganz Unrecht. Die Goethe-Arbeit ist so wichtig, dass er sie mit besonderer Gründlichkeit erledigen soll.« Er wandte sich an Alfred: »Das Projekt Familienforschung wird dir hiermit erlassen. Konzentriere dich voll auf Goethes Worte. Dieses Gespräch wird vertagt. Wir sehen dich in genau zwei Wochen wieder hier. Zur selben Zeit. Und sorge dafür, dass du die Exemplare der schriftlichen Aufgabe am Tag zuvor bei mir einreichst, damit wir sie durchsehen können.«

5
    AMSTERDAM, 1656
    »Guten Morgen, Gabriel«, rief Bento, der gehört hatte, dass sein Bruder sich zur Vorbereitung auf den Sabbat-Gottesdienst wusch. Gabriel ächzte nur statt zu antworten, kam aber wieder ins Schlafzimmer und setzte sich schwer auf das imposante Himmelbett, in dem beide gemeinsam schliefen. Das Bett, das fast das ganze Zimmer ausfüllte, war das einzige vertraute Erinnerungsstück an ihr Elternhaus.
    Ihr Vater Michael hatte Bento, dem älteren Sohn, den ganzen Familienbesitz hinterlassen, aber Bentos zwei Schwestern fochten den letzten Willen ihres Vaters mit der Begründung an, Bento hätte beschlossen, sich nicht wirklich in der jüdischen Gemeinde zu integrieren. Obwohl der jüdische Gerichtshof zugunsten von Bento entschieden hatte, verblüffte dieser anschließend alle, als er das ganze Familieneigentum augenblicklich an seine Geschwister weitergab und für sich selbst nur ein einziges Stück behielt – das Himmelbett seiner Eltern. Nachdem seine beiden Schwestern geheiratet hatten, blieben er und Gabriel allein in dem schönen, zweigeschossigen, weißen Haus wohnen, welches die Familie Spinoza auf Jahrzehnte hinaus gemietet hatte. Ihr Haus lag an der Houtgracht in der Nähe der belebtesten Kreuzungen im jüdischen Viertel von Amsterdam, nur eine Straße von der kleinen Beth-Jacob-Synagoge und den angrenzenden Unterrichtsräumen entfernt.
    Bento und Gabriel hatten sich mit großem Bedauern zu einem Umzug entschlossen. Nachdem die Schwestern ausgezogen waren, war das alte Haus zu groß geworden und voller schmerzlicher Erinnerungen an die Toten. Und auch zu teuer: Der englisch-holländische Krieg von 1652 und Piratenüberfälle auf Schiffe aus Brasilien wirkten sich katastrophal auf das Importgeschäft der Spinozas aus und zwang die Brüder, ein kleines Haus zu mieten, das nur fünf Minuten Fußweg vom Ladengeschäft entfernt war.
    Bento sah seinen Bruder lange an. Als Gabriel noch ein Kind war, nannten die Leute ihn oft den »kleinen Bento«, denn sie hatten das gleiche, lange, ovale Gesicht, die gleichen, durchdringenden Eulenaugen, die gleiche, kräftige Nase. Inzwischen war der voll ausgewachsene Gabriel aber vierzig Pfund schwerer als

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