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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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schien tief in Gedanken versunken. Nach langem Schweigen fragte der Rabbiner: »Was sagst du dazu, Baruch? Nun, wenn es an der Zeit ist, dass du sprichst, bleibst du stumm.«
    »Öfter, als ich mich erinnern kann«, antwortete Baruch mit ruhiger Stimme, »sprach mein Vater von seiner Freundschaft zu Ihnen und seiner großen Wertschätzung für Sie. Er erzählte mir auch von Ihrer hohen Meinung, was meinen Verstand betrifft – ›grenzenlose Intelligenz‹, das waren die Worte, die er Ihnen zuschrieb. Waren das tatsächlich Ihre Worte? Hat er Sie korrekt zitiert?«
    »Das waren meine Worte.«
    »Ich glaube, dass die Welt und alles auf ihr nach natürlichen Gesetzen abläuft und dass ich meine Intelligenz dazu nutzen kann, das Wesen Gottes, die Wirklichkeit und den Weg zu einem glückseligen Leben zu entdecken, vorausgesetzt, ich setze sie auf vernünftige Weise ein. Das sagte ich Ihnen schon einmal, nicht wahr?«
    Rabbi Mortera legte seinen Kopf in die Hände und nickte.
    »Und dennoch schlagen Sie mir heute vor, dass ich mein Leben damit verbringen soll, meine Ansichten durch Hinzuziehen der rabbinischen Wissenschaft bestätigen oder widerlegen zu lassen. Das ist nicht meine Art, und das wird sie auch nicht sein. Die rabbinische Autorität beruht nicht auf der reinen Wahrhaftigkeit. Sie beruht nur auf den geäußerten Ansichten von Generationen abergläubischer Wissenschaftler, Wissenschaftler, die glaubten, dass die Welt eine Scheibe ist, die von der Sonne umkreist wird, und dass plötzlich ein Mann namens Adam aufgetaucht ist und zum Urvater der menschlichen Rasse wurde.«
    »Du leugnest die Göttlichkeit der Schöpfung?«
    »Leugnen Sie die Beweise, dass es bereits lange vor den Israeliten Zivilisationen gab? In China? In Ägypten?«
    »Was für eine Gotteslästerung. Begreifst du nicht, dass du damit deinen Platz im Jenseits aufs Spiel setzest?«
    »Es gibt keinen vernünftigen Beweis für die Existenz eines Lebens nach dem Tode.«
    Rabbi Mortera war wie vom Donner gerührt. »Das entspricht genau dem, wie die Neffen Duarte Rodriguez’ dich zitierten. Und ich dachte, sie hätten auf Befehl ihres Onkels gelogen.«
    »Ich glaube, Sie haben mich nicht gehört, oder Sie wollten mich nicht hören, Rabbi, als ich vorhin sagte: ›Sie haben nicht gelogen.‹«
    »Und die anderen Behauptungen, die sie aufstellten? Dass du den göttlichen Ursprung der Thora leugnest, dass Moses die Thora nicht geschrieben hat, dass Gott nur auf eine philosophische Art existiert und dass zeremonielle Vorschriften nicht heilig sind?«
    »Die Neffen haben nicht gelogen, Rabbi.«
    Rabbi Mortera starrte Baruch an, und seine Seelenqual schlug in Wut um. »Jede einzelne dieser Behauptungen ist ein Grund für einen Cherem ; zusammengenommen verdienen sie den größten Cherem , der jemals ausgesprochen wurde.«
    »Sie waren mein Lehrer für Hebräisch, und Sie haben mich gut unterrichtet. Erlauben Sie mir, mich dadurch erkenntlich zu zeigen, dass ich den Cherem für Sie zusammenstelle. Sie zeigten mir einmal einige der brutalsten Cherems , die von der venezianischen Gemeinde verhängt wurden, und ich kann mich noch an jedes einzelne Wort erinnern.«
    »Ich sagte vorhin, dass für deine Unverschämtheiten später noch Zeit genug sein wird. Jetzt stelle ich fest, dass es schon so weit ist.« Rabbi Mortera hielt inne, um sich zu sammeln. »Du willst mich töten. Du willst mein Werk vollkommen zerstören. Du weißt, dass mein Lebenswerk die zentrale Rolle eines Lebens nach dem Tode im jüdischen Gedanken und der jüdischen Kultur umfasst. Du kennst mein Buch She’erut Ha-Nefesh , das ich dir anlässlich deiner Bar Mitzwa überreicht habe. Du kennst meine große Debatte mit Rabbi Aboab über dieses Thema und dass ich den Sieg errungen habe?«
    »Ja, natürlich.«
    »Du tust das einfach so ab. Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was dabei auf dem Spiel stand? Wenn ich diese Debatte verloren hätte, wenn verfügt worden wäre, dass alle Juden einen gleichen Status im Jenseits hätten und dass Tugend unbelohnt bliebe und Übertretungen keine Strafe nach sich zögen: Kannst du denn die Auswirkungen auf die Gemeinde nicht vorhersehen? Wenn ihnen ein Platz im Jenseits zugesichert würde, was wäre dann wohl ihr Anreiz, wieder zum Judentum zu konvertieren? Wenn es keine Strafen für Verfehlungen gäbe, kannst du dir vorstellen, was die holländischen Calvinisten dann von uns denken würden? Wie lange würde unsere Freiheit wohl noch dauern? Glaubst

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