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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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fort:
    »Verflucht sei er am Tage und bei Nacht, verflucht beim Niederlegen und Aufstehen, beim Ausgehen und Einkehren. Adonaï wolle ihm nicht verzeihen, es wird seine Wut und sein Eifer gegen diesen Menschen entbrennen, und auf ihm liegen alle die Flüche, welche im Buche dieses Gesetzes geschrieben sind. Adonaï wird seinen Namen unter dem Himmel auslöschen und ihn trennen zum Übel von allen Stämmen Israels, mit allen Flüchen des Firmaments, die im Gesetzbuche geschrieben sind. Und ihr, die ihr festhaltet an Adonaï, eurem Gotte, ihr seid heute alle lebend.«
    Als Rabbi Aboab zurücktrat, trat Rabbi Mortera vor und starrte die Gemeinde an, als wollte er jedem einzelnen Mitglied in die Augen sehen. Dann sprach er den Bann aus, langsam und mit Betonung auf jeder Silbe:
    »Wir warnen, daß niemand mit ihm mündlich oder schriftlich verkehren, noch ihm eine Gunst erweisen, noch unter einem Dache, noch innerhalb vier Ellen mit ihm weilen, noch eine Schrift lesen darf, die von ihm gemacht oder geschrieben wäre.«

    Rabbi Mortera nickte Rabbi Aboab zu. Wortlos hakten die Männer sich unter und traten gemeinsam von der Bima . Dann schritten sie, gefolgt von den sechs Mitgliedern der Parnassim, durch den Mittelgang und aus der Synagoge hinaus. Die Gemeinde brach in wütendes Gezeter aus. Nicht einmal die ältesten Gemeindemitglieder konnten sich an einen so unbarmherzigen Cherem erinnern. Kein Wort von einer Buße oder Wiederaufnahme. Alle in der Gemeinde schienen die Auswirkungen der Worte der Rabbiner verstanden zu haben: Dieser Cherem war immerwährend.

20
    MÜNCHEN, MÄRZ 1922
    In den folgenden Wochen änderte Alfred seine Einstellung zu der ihm zugeteilten Aufgabe. Sie war ihm keine Last mehr, sondern eine hervorragende Gelegenheit, die maßgeschneiderte Rolle für ihn, einen enormen Einfluss auf das Schicksal des Vaterlandes auszuüben. Die Partei war noch immer klein, aber Alfred wusste, dass es die Partei der Zukunft war.
    Hitler wohnte in einer kleinen Wohnung in der Nähe des Büros und besuchte Dietrich fast täglich. Dietrich, der sich als Hitlers Mentor betrachtete, betreute seinen Protégé, wenn es darum ging, seinen Antisemitismus zu schärfen und seine politischen Visionen auszubauen, und er machte ihn mit prominenten Deutschen des rechten Flügels bekannt. Drei Jahre später sollte Hitler Dietrich Eckart den zweiten Band von Mein Kampf mit folgenden Worten widmen: »Und unter sie will ich auch jenen Mann rechnen, der als der Besten einer sein Leben dem Erwachen seines, unseres Volkes gewidmet hat im Dichten und im Denken und am Ende in der Tat: Dietrich Eckart.« Auch Alfred sah Hitler häufig, immer am späten Nachmittag oder am Abend, denn Hitler blieb gern lange auf und schlief dann bis Mittag. Sie unternahmen gemeinsame Spaziergänge und besuchten Galerien und Museen.
    Es gab zwei Hitler: der eine war Hitler, der mitreißende Redner, der jedes Publikum, vor dem er sprach, elektrisierte und in seinen Bann zog. So etwas hatte Alfred noch nie erlebt, und Anton Drexler und Dietrich Eckart waren überglücklich, am Ende doch noch den Mann gefunden zu haben, der ihre Partei in die Zukunft führen sollte. Alfred war bei vielen der Gespräche anwesend, und derer gab es reichlich. Mit grenzenloser Energie sprach Hitler überall dort, wo es Zuhörer gab: an belebten Straßenecken, in vollen Straßenbahnen und vor allem in Bierkellern. Sein Ruhm als Redner sprach sich schnell herum, und seine Zuhörerschaft wuchs – zeitweise auf über tausend. Darüber hinaus schlug Hitler vor, die Deutsche Arbeiterpartei in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ( NSDAP ) umzubenennen, um ihr eine breitere Basis zu geben.
    Gelegentlich hielt auch Alfred Reden vor Parteimitgliedern, denen Hitler normalerweise ebenfalls zuhörte und über die er sich danach immer lobend äußerte: »Die Gedanken waren wunderbar«, lobte Hitler ihn dann. »Aber mehr Feuer, mehr Feuer!«
    Und dann gab es den anderen Hitler – den liebenswürdigen Hitler, den entspannten, höflichen Hitler, der Alfreds Betrachtungen zur Geschichte, zur Ästhetik, zur deutschen Literatur lauschte. »Wir denken genau gleich«, rief Hitler oft, ohne sich der Tatsache bewusst zu sein, dass es Alfred gewesen war, der viele der Saatkörner gesetzt hatte, die nun in seinem Kopf sprossen.
    Eines Tages besuchte Hitler ihn in seinem neuen Büro beim Völkischen Beobachter und gab ihm einen Artikel über Alkoholismus, den er veröffentlicht haben wollte. Ein

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