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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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es, in den nächsten Jahren in großer Zahl ins Parlament zu kommen.«
    »Parlament? Sie glauben, dass die unwissenden Massen regieren können?«
    »Nein. Aber zuerst einmal müssen wir an die Macht. Unsere parlamentarische Demokratie ist durch den Einfall der Bolschewisten geschwächt, und ich verspreche Ihnen, dass wir am Ende mit diesem ganzen parlamentarischen System aufräumen werden. Hitler hat in meiner Gegenwart viele Male genau diese Worte gewählt. Und mit seiner neuen Plattform hat er die Ziele der Partei sehr klar formuliert. Ich habe Ihnen Abschriften des neuen Fünfundzwanzigpunkteprogramms mitgebracht.«
    Nach Abschluss ihrer Besuche reichte Herr Popoff Alfred einen dicken Umschlag mit Französischen Francs. »Gute Arbeit, Herr Rosenberg. Diese Francs sollten für Ihre Reisen durch Europa reichen. Ihre Präsentationen waren exzellent, genau wie Herr Eckart es mir prophezeit hat. Und in einem so ausgezeichneten Russisch. Ein wunderbares Russisch. Alle waren ausgesprochen beeindruckt.«
    Eine freie Woche lag vor ihm! Was für ein Vergnügen, einfach loszugehen, wohin er wollte. Eckart hatte Recht – er hatte zu viel gearbeitet. Als er durch die Straßen von Paris schlenderte, verglich Alfred die Lebensfreude und den allgegenwärtigen Überfluss mit dem drögen Berlin und der Armut und der Hektik in München. In Paris waren nur wenige Kriegsnarben zu sehen, seine Bürger schienen wohlgenährt, die Restaurants waren voll, und trotzdem saugte Frankreich zusammen mit England und Belgien den Deutschen mit drakonischen Reparationsforderungen das Blut aus. Alfred beschloss, zwei Tage in Paris zu bleiben – die Galerien und Kunsthändler lockten – und anschließend mit dem Zug Richtung Norden nach Belgien und schließlich nach Holland zu fahren. Spinoza-Land. Von dort würde er den großen Umweg mit dem Zug über Berlin nach Hause auf sich nehmen und sich bei Friedrich melden.
    In Belgien war Brüssel nicht nach Alfreds Geschmack, und der Anblick des belgischen Parlamentsgebäudes widerte ihn an, wo Deutschlands Feinde unermüdlich neue Methoden ausbaldowerten, um das Vaterland auszuplündern. Am folgenden Tag besuchte er den deutschen Militärfriedhof in Ypern, wo die Deutschen im Weltkrieg so horrende Verluste erlitten hatten und wo Hitler so heldenhaft gedient hatte. Und dann ging es Richtung Norden nach Amsterdam.
    Alfred hatte keine Vorstellung, was er suchte. Er wusste nur, dass er das Spinoza-Problem ständig im Hinterkopf hatte. Der Jude Spinoza faszinierte ihn noch immer. Nein , sagte er zu sich, er fasziniert dich nicht, sei ehrlich – du bewunderst ihn, genauso, wie Goethe ihn bewundert hat. Alfred hatte das Bibliotheksexemplar des Theologisch-Politischen Traktats von Spinoza nie zurückgegeben und las oft ein paar Absätze nachts im Bett. Er litt unter Schlafstörungen: Sobald er zu Bett ging, befiel ihn eine unerklärliche Unruhe, anscheinend kämpfte er ständig gegen den Schlaf an. Das war ein weiteres Thema, über das er mit Friedrich sprechen wollte.
    Im Zug schlug er den Traktat an der Stelle auf, an der er vergangene Nacht eingeschlafen war. Und abermals beeindruckte ihn die Unerschrockenheit Spinozas, der es im siebzehnten Jahrhundert gewagt hatte, die religiösen Autoritäten herauszufordern. Beeindruckend, wie er auf die Ungereimtheiten in der Heiligen Schrift und auf die Absurdität hinwies, einem Dokument einen göttlichen Ursprung zuzuschreiben, das vor menschlichen Fehlern nur so wimmelte. Besonders diejenigen Passagen hatten es ihm angetan, in denen Spinoza die Priester und Rabbiner verhöhnte, die meinten, eine privilegierte Vision der Bedeutung von Gottes Wort zu besitzen.
    »Glauben sie aber, daß derjenige ein Gotteslästerer sei, welcher die Bibel an irgendeiner Stelle für fehlerhaft erklärt, so frage ich, mit welchem Namen soll man sie selber nennen, welche der Bibel andichten, was ihnen beliebt? Welche die Verfasser der heiligen Geschichten dermaßen herabwürdigen, daß man glauben muß, sie scherzen nach Kinderart ins Blaue hinein und werfen alles durcheinander? …«
    Und ebenfalls beeindruckend, wie Spinoza quasi aus dem Handgelenk heraus jüdische mystische Eiferer abfertigte:
    »Ich habe auch einige windige Kabbalisten gelesen und sogar kennen gelernt und konnte mich über ihre Unsinnigkeiten nicht genug wundern.«
    Wie paradox! Ein Jude, sowohl mutig als auch weise. Wie würde Houston Stewart Chamberlain auf das Spinoza-Problem reagieren? Was sprach eigentlich

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