Das stählerne Geheimnis
ein Schwesterschiff der »Karawa«, beide gehörten der neuesten Klasse der japanischen U-Kreuzer an. Kyushu hatte das andere Boot durch seinen Funkspruch angefordert, irgendwo auf halbem Wege würden sie es treffen, und von ihm aus würde der Major das Unternehmen Roddingtons weiterverfolgen, während die »Karawa« mit ihren Beschädigungen die Werft von Babelthuap aufsuchen mußte, und dann – Hatama war sich nicht im Zweifel darüber – war seine Laufbahn als See-Offizier wohl zu Ende.
Ob verschuldet, ob unverschuldet, auf jeden Fall würde man ihm den Unfall zur Last legen. Kommandanten, die mit ihren Schiffen Unglück hatten, konnte die japanische Kriegsmarine nicht gebrauchen. Immer mehr festigte sich sein Entschluß, gleich nach dem Anlaufen des Hafens von Babelthuap von sich aus seinen Abschied zu erbitten.
Ungeduldig wartete er inzwischen auf weitere Funknachrichten von dort. Wenn die »Gerana« über Wasser fuhr, mußte es der Station von Babelthuap doch ein leichtes sein, mit ihr in Verbindung zu treten. Aber eine Stunde nach der anderen verging, ohne daß weitere Nachrichten kamen. Hatama fand nur die eine Erklärung dafür, daß die »Gerana« unter Wasser fuhr oder sich für längere Zeit irgendwo auf den Grund gelegt hatte. Derartiges kam bei den Übungsfahrten der neuen Kreuzer ja des öfteren vor.
Die dritte Nacht ging zu Ende; zum viertenmal, seitdem Roddington und seine Leute mit der Absenkung des Riesenstranges begannen, hob sich die Morgensonne aus der See. Eine Nacht höchster Aufregungen war es, welche die Nerven aller Beteiligten nicht weniger anspannte als die gewaltigen Stahltrossen. Stunden lagen hinter den Ingenieuren und Werkleuten, während deren Trossen und Nerven zu reißen drohten.
Wie es Dr. Wegener vorausgesehen und in Rechnung gestellt hatte, begannen die tragenden Holzzylinder des Stranges bei dreizehn Kilometer Tiefe unter dem Wasserdruck zusammenzubrechen. Das volle Stahlgewicht einer Rohrlänge von zweitausend Meter hing an den Kabeln, eine zusätzliche Riesenlast von vierzigtausend Tonnen zu all dem anderen, was die gewaltigen Seile schon zu tragen hatten. Merklich tiefer lag jetzt die ganze Plattform, schwer ächzten die mächtigen Räder, über welche immer neue Trossen abliefen, um das enorme Gewicht des Stranges mittragen zu helfen. Splitternd riß hier und dort ein einzelner Stahldraht und verriet durch seinen Bruch, daß die Beanspruchung des Materials bis an die äußerste Grenze ging.
Anders sahen auch die Rohre aus, die jetzt mit dem Strang verschraubt und verschweißt wurden. Reichlich fünfzehn Meter stark waren die Holzmäntel, die sie umgaben, gewaltig Schwimmkraft und Auftrieb, die sich daraus ergaben. Jedes Rohr, das jetzt hinzukam, half das Gewicht des Stranges mit zutragen und ihn in senkrechter Stellung zu halten.
Das hundertfünfzigste Rohr wurde angefügt. Dr. Wegener stand dabei, als es geschah, das Gesicht gerötet, die Augen wie im Fieber glänzend. Mit hastiger Hand griff er nach dem Becher mit schwarzem Kaffee, den ihm ein Steward brachte, und stürzte das starke Getränk in einem Zuge hinunter. Dann ging sein Blick wieder zu den Werkleuten und Ingenieuren und zu den Skalenscheiben der Dynamometer.
»Das hundertfünfzigste Rohr, Roddington! Wenn unsere Lotungen richtig sind, müssen wir mit ihm den Seeboden erreichen.«
Wie ein ungeheuerlicher Turm, hundert Meter hoch und dreißig Meter dick, reckte sich das Rohr in die Luft. Ein Kommando – und die Kranmaschinen liefen an, langsam versank es in die Tiefe.
Wie an einem Magneten hingen die Blicke des Doktors am Zeiger des nächsten Dynamometers.
»Sehen Sie, Roddington! Sehen Sie! Der Zeiger zuckt nach unten. Der Strang hat den Boden des Ozeans berührt.«
Er packte Roddington am Arm und zcg ihn näher an das Meßinstrument heran, während er weitersprach.
»Nur noch wenig mehr als vierzigtausend Tonnen. Tausend Tonnen fängt der Seeboden schon ab.«
Das einhunderteinundfünfzigste Rohr wurde angesetzt, und wieder ließen die schweren Winden neue Trossenlängen aus. Fieberhaft, aufgeregt gestikulierend, wie ihn Roddington bisher noch nie gesehen, verfolgte Dr. Wegener den Weitergang der Dinge.
»Sehen Sie, Roddington! Sehen Sie nur! Die Zeiger sinken! Fünfunddreißigtausend Tonnen … dreißigtausend Tonnen …«
Das hundertzweiundfünfzigste Rohr wurde montiert, und noch einmal fuhr der ganze Riesenstrang um hundert Meter in die Tiefe. Nur noch zehntausend Tonnen hatten jetzt die
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