Das Steinbett
dem Schreibtisch lag ein Zettel von Fredriksson. Er war seit einem Monat mit den Ermittlungen zu einer Messerstecherei beschäftigt, und Lindell hatte ihn kaum zu Gesicht bekommen.
»Ruf bitte Adrian Mård an«, stand auf dem Zettel, gefolgt von einer Telefonnummer. »Tierschützer« hatte Fredriksson noch ergänzt.
Lindell betrachtete den Zettel und fragte sich, wann Allan ihn wohl hingelegt hatte und wie er auf diesen Tierschützer gestoßen war. Sie beschloß dann aber, diesen Fragen nicht weiter nachzugehen, und wählte die Nummer.
Adrian Mård kam gleich beim ersten Klingeln an den Apparat. Lindell stellte sich vor.
»Gut, daß Sie anrufen«, sagte Mård.
Anhand der Stimme schätzte Lindell ihn auf etwa fünfundzwanzig Jahre.
»Ich habe mir Gedanken über MedForsk gemacht«, sagte der Mann, »Sie sind doch dafür zuständig, oder?«
»Wer sind Sie?« fragte Lindell.
»Ich arbeite bei einer Zeitschrift, die Alternative Tierhaltung heißt. Wir informieren über Tierhaltung, die Praktiken der Lebensmittelindustrie und alternative Lebensführung.«
»Aha, und was wollen Sie von mir?«
Adrian Mård begann wortreich und voller Eifer die Situation der Haustiere zu beschreiben. Besonders lange sprach er über Hühner, denen er offenkundig sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
»Sie erwähnten MedForsk«, unterbrach Lindell seinen Redeschwall. »Vielleicht könnten wir uns einmal treffen.«
»Sicher«, sagte Mård, »deshalb hatte ich ja angerufen.«
Sie verabredeten sich in der Stadt. Lindell schlug das Savoy vor, aber Mård hatte keine Ahnung, wo die Konditorei lag. Sie einigten sich auf das Hugos.
Adrian Mård war um die Vierzig und entsprach nicht im geringsten Lindells Erwartungen. Er war klein und rundlich und hatte rote Haare, die nach allen Seiten hin abstanden.
Er saß in der hintersten Ecke des Lokals und rauchte wie ein Schlot. Alternative Lebensführung, dachte Lindell.
»Toll«, sagte er, lächelte breit und streckte ihr eine fleischige Hand entgegen.
»Guten Tag«, erwiderte Lindell und mußte diese kuriose Erscheinung einfach sympathisch finden.
Sie setzte sich, nachdem sie sich einen Kaffee mit Milch geholt hatte. Mård kramte einen Stapel Papier hervor.
»Hier sind ein paar Informationsbroschüren über unsere Arbeit«, sagte er und schob den Stapel zu ihr hin. Zuoberst lag die Zeitschrift, von der er gesprochen hatte.
Lindell steckte die Broschüren in ihre Tasche und nippte an dem Kaffee. »MedForsk?« fragte sie.
»Ein guter Freund von mir ist Mitglied im Kommando zur Befreiung der Tiere. Sein Name tut nichts zur Sache. Ich würde ihn selbst unter Folter nicht verraten.«
»Ich glaube nicht, daß es so weit kommen wird«, erwiderte Lindell.
»Er hat Angst. Seit den Ereignissen bei TV4 sind Ihre Kollegen wie die Geier hinter den Leuten vom Kommando zur Befreiung der Tiere her. Viele von ihnen sind noch halbe Kinder, die im Grunde gar nicht richtig wissen, was sie da tun. Es ist eben cool, Hamster und Füchse freizulassen, aber jetzt wird ihnen ein wenig mulmig.
Meine Kontaktperson sagt, es existieren Beweise, daß MedForsk illegale Versuche durchführt.«
»Woher kamen diese Beweise?«
Mård sah Lindell an, als versuche er sie einzuschätzen. »Aus dem Unternehmen«, sagte er schließlich.
Lindell versuchte sich ihre Erregung nicht anmerken zu lassen, trank einen Schluck Kaffee und setzte eine gleichgültige Miene auf.
»Von wem?« fragte sie.
»Das weiß ich nicht«, antwortete Mård, aber Lindell sah ihm an, daß er log.
»Von wem?« wiederholte sie deshalb.
Mård machte ein Gesicht, als hätte er sich in ihr getäuscht.
»Sie müssen akzeptieren, was ich Ihnen sage«, verlangte der Mann.
»Okay«, sagte Lindell und lächelte. »Sprechen Sie weiter.«
Er erwiderte ihr Lächeln und fuhr fort. Der Maulwurf bei MedForsk war offensichtlich auf ein Dokument gestoßen, dem man entnehmen konnte, daß illegale Versuche an Affen durchgeführt worden waren. Wo dies geschehen war, ging daraus nicht hervor.
»Sie sagten, es seien illegale Versuche gewesen?«
Mård nickte.
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Wir wissen es einfach.«
Eine Gruppe Jugendlicher betrat das kleine Lokal. Sie setzten sich an den Nachbartisch, unterhielten sich lautstark und steckten sich Zigaretten an.
»Vielleicht sollten wir lieber woanders hingehen«, sagte Lindell. »Zum Linnépark vielleicht.«
An der schmalen Eingangspforte mußten sie sich an einer Gruppe japanischer Touristen
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