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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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vor allem beschäftigte. Worüber hatten sie gesprochen? Hatten sie sich gestritten? Hatte er berichtet, was geschehen war? Warum hatte sie nicht die Polizei gerufen? Da lag noch einiges im dunkeln. Nach Havers Bericht über das Geschäft erschien es ihr durchaus möglich, Cederéns Geliebte zu finden.
    »Wenn wir voraussetzen, daß sie in der Nähe wohnt, irgendwo am Öregrundsvägen, und daß er sie besucht hat, muß sein Auto vielen Leuten aufgefallen sein«, argumentierte Haver. »Auf dem Land achtet man auf so etwas.«
    Lindell nickte. Wenn sich die Geliebte nicht bei ihnen meldete, sollten sie dann vielleicht ein Bild des Wagens veröffentlichen, um Hinweise aus der Bevölkerung zu bekommen?
    »Was ist das bloß für eine Frau?«
    Haver schielte zu Lindell hinüber. In ihrer Stimme schwang ein gereizter Ton mit, eine Ungeduld, die Haver als Kritik an der Frau deutete. »Du meinst, daß es ihre Schuld ist?«
    »In gewisser Weise schon. Ohne sie wäre Familie Cederén bestimmt noch am Leben.«
    Sie verstummte.
    Haver wartete darauf, daß sie weitersprach, aber erst, als sie bereits den Stadtrand von Uppsala erreicht hatten, nahm sie den Faden wieder auf.
    »Sie hat ihn bestimmt geliebt«, sagte sie, »und das ist kein Verbrechen. Man kann sie ja nicht für sein Handeln verantwortlich machen.«
    »Vielleicht hat sie ihn unter Druck gesetzt?«
    »Seine Familie zu überfahren?«
    »Wer weiß. Obwohl ich nicht glaube, daß sie so etwas tun würde«, erwiderte Haver. »Sie hat in Vallby Samen gekauft.«
     
    Am Abend des 16. Juni erhielten sie den ersten vorläufigen Obduktionsbericht. Daß er noch am gleichen Tag vorlag, war in Lindells Augen eine Sensation. In Verbindung mit dem Bericht der Spurensicherung ergab sich ein klares Bild.
    Cederén war am 14. Juni gestorben, »gegen Mittag«, wie es in dem Bericht hieß, mit der Ergänzung: »zwischen 11 und 14 Uhr«. Als Todesursache wurde eine Kohlenmonoxidvergiftung durch das Einatmen von Autoabgasen genannt. Kurz vor seinem Tod hatte Cederén fast einen halben Liter Gin der Marke Gordons Dry konsumiert. In seinem Magen fanden sich zudem Reste des Frühstücks, »Sauermilch, Haferflocken und Kaffee« stand in Klammern.
    Abgesehen von einer Verfärbung am rechten Oberarm, die dadurch entstanden war, daß Cederén auf dem Lenkrad gelegen hatte, wies die Leiche keine Anzeichen äußerer Gewalt auf. Sven-Erik Cederén war in einem guten physischen Zustand gewesen.
    Lindell schlug mit einem Seufzen die Akte zu. Guter physischer Zustand, aber kein besonders guter psychischer Zustand. Sie wußte nicht, was sie denken sollte. Die ganze Situation mit einem Mörder, der Selbstmord begangen hatte, gefiel ihr nicht. Es stand mittlerweile zweifelsfrei fest, daß es der BMW Cederéns war, mit dem Josefin und Emily überfahren worden waren. Stoffpartikel vom Kleid der Frau hatte man eingeklemmt im rechten Scheinwerferrahmen gefunden.
    Warum, lautete die Frage, die Lindell immer wieder durch den Kopf ging. Okay, wenn er nur seine Frau totgefahren hätte, ließe sich das mit geistiger Verwirrung oder Haß erklären, aber das Kind? Hatte Cederén Emily etwa unabsichtlich überfahren? Hatte er deshalb den pathetischen Abschiedszettel geschrieben und sich das Leben genommen?
    Hatte er angehalten und festgestellt, daß das Mädchen tot war, oder war er einfach weitergefahren? Es gab keine Zeugen, die ihnen bei der Beantwortung dieser Fragen helfen konnten. Trotz wiederholter Befragung der Anwohner in Uppsala-Näs fanden sie niemanden, der Cederéns BMW oder ein anderes Auto gesehen hatte. Das Straßenstück, auf dem es passiert war, wurde von Feldern gesäumt, direkt an der Straße lagen keine Häuser.
    Er kann natürlich stehengeblieben und zurückgefahren sein und dabei festgestellt haben, daß das Mädchen tot war. Aber warum fuhr er dann noch die ganze Strecke bis nach Rasbo? War er unterwegs zu seiner Geliebten oder hatte er sie aufgesucht und sich erst danach mit Abgasen vergiftet?
    Die Fragezeichen auf Lindells Notizblock häuften sich. Offen war vor allem auch, ob sie jemals Antworten finden würden. Wenn sie seine Geliebte ausfindig machten, könnten sie vielleicht ein paar der fehlenden Puzzleteile aufstöbern.
    Allerdings war Lindell nicht so zuversichtlich wie Haver, daß die Frau in dem Geschäft in Vallby wieder auftauchen würde. Sie seufzte erneut, stand vom Schreibtisch auf und ging zur Landkarte hinüber. Allein in Rasbo gab es Hunderte von Häusern, und weitaus mehr

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