Das Steinbett
waren es, wenn man das Gebiet um Upplands-Tuna, Stavby, Rasbokil und Alunda erweiterte.
Den Blick auf die Vielzahl von Sträßchen gerichtet, von denen die betreffenden Ortschaften durchzogen waren, kam ihr ein Gedanke: Gab es keine Behörde, die ihnen mit Informationen weiterhelfen konnte? Jemanden, der Erkenntnisse über alleinstehende Frauen in den Dreißigern hatte? Das Sozialamt schloß Lindell von vornherein aus. Die Frau schien kein Fall für das Sozialamt zu sein. Sie war schick angezogen gewesen und hatte einen wohlhabenden Eindruck gemacht. Die Kirche? Vielleicht war es der Mühe wert, die einzelnen Pfarrer anzurufen und zu fragen, ob sie vielleicht wüßten, um wen es sich handeln könnte. Lindell beschloß, Fredriksson darauf anzusetzen. Er war der richtige Mann, um mit Geistlichen zu telefonieren.
Lindell schlug die Tür hinter sich unnötig kraftvoll zu. Ottosson, der anscheinend nie nach Hause ging, schaute aus seinem Zimmer heraus. Als er Lindell erblickte, lächelte er. »Gibt es etwas Neues?«
Lindell schüttelte den Kopf. Es ist schon seltsam, daß er nie seine gute Laune verliert, dachte sie.
»Ich fahre jetzt nach Hause, lasse mir ein Bad ein. trinke ein Glas Wein und lese irgendeine alberne Frauenillustrierte«, sagte sie und trat dicht an ihn heran.
»Liest du so etwas? Das überrascht mich.«
»Ich gehe in den Supermarkt und frage, was eine Frau in ihren besten Jahren lesen muß, und dann kaufe ich das unbesehen.«
»Es gibt eine, die Amalia heißt«, meinte Ottosson. »Kauf die.«
Lindell tätschelte ihm die Wange.
» Amelia « , sagte sie und lächelte.
Er erwiderte ihr Lächeln.
»Weißt du was, ich mag dich«, sagte er.
»Ich weiß. Das beruht auf Gegenseitigkeit.«
Sie sah, daß ihre Worte ihn rührten. Wie sensibel er war, wie bemüht um sie. Sie wollte ihn nicht noch mehr in Verlegenheit bringen und machte deshalb auf dem Absatz kehrt und ging den Korridor hinab, sah sich aber noch einmal um, ehe sie zur Treppe abbog. Ottosson hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Er hob die Hand. Im fahlen Licht der Neonröhre sah er aus wie der nette Onkel, der er tatsächlich war. Lindell hielt für einen Moment inne, erwiderte seinen Gruß und eilte anschließend die Treppe hinab.
Zum ersten Mal seit langer Zeit war sie glücklich. Glücklich darüber, daß sie eine Arbeit hatte, die ihr Spaß machte, Kollegen und einen Chef, die sie respektierten und schätzten, glücklich darüber, daß sie Edvard erreicht hatte.
Sie hatten verabredet, daß sie Mittsommer auf Gräsö verbringen sollte. Sie hatten das Essen geplant. Lindell würde Bier und Schnaps besorgen. Er würde ein paar Matjes-Gerichte zubereiten. Sie hatte das Gefühl gehabt, daß alles wieder war wie früher, so als wäre das halbe Jahr, das sie sich nicht gesehen hatten, nicht mehr als eine Pause von ein paar Sekunden gewesen.
Jetzt, da der Fall Cederén bis auf die Frage nach dem Motiv praktisch gelöst zu sein schien, würde es hoffentlich etwas ruhiger werden. Keine weiteren Morde, keine Vergewaltigungen und keine Körperverletzungen, bitte. Die Zeit bis Mittsommer sollte wie im Flug vergehen, das schöne Wetter sich halten und Edvard ausgeruht und fröhlich sein. Das Meer sollte schöner sein denn je. Der schmale Kiesweg zu Violas und Edvards Haus sollte von prächtigem Waldstorchschnabel gesäumt werden und in den etwas trockeneren Partien von Schafgarbe und Pechnelken.
Lindell liebte die Weiden und Wiesen, den Wind vom Meer und das Summen der Hummeln über den Kräuterbüschen. Letzten Mittsommer hatten sie zu dritt, Viola anfangs zwar widerwillig, Blumen gepflückt und Kränze daraus geflochten.
Sie nahm weder ein Bad noch las sie in der Illustrierten. Die Müdigkeit gewann die Oberhand. Lustlos räumte sie ein wenig in der Wohnung auf, während der Reis auf dem Herd kochte. Sie aß schnell und blätterte dabei in der Tageszeitung. Ein Artikel berichtete über die Fahrerflucht in Uppsala-Näs, aber sie blätterte schnell weiter.
Sie setzte sich mit einem Glas Wein auf die Couch, der Fernsehapparat lief aus schierer Gewohnheit. Sie fühlte sich vor Erschöpfung wie betäubt. Personen, denen sie in den letzten beiden Tagen begegnet war, kamen ihr noch einmal in den Sinn. Sie hatte gar nicht an die Arbeit denken wollen, aber wie so oft sprangen ihre Gedanken auch jetzt willkürlich hin und her, und sie ließ einzelne Sätze und Mienen Revue passieren.
Sie versuchte an etwas anderes zu denken, aber ihr fiel
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