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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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getroffen haben, nach einem simplen Abenteuer?
    Sie schob ihre Hand unter das T-Shirt und tastete vorsichtig ihre Brüste ab. Sie spannten tatsächlich ein wenig und schmerzten. Aber ebensogut konnten die Liebesspiele am Mittsommerwochenende Spuren hinterlassen haben. Edvard packte mitunter fest zu, das hatte sie auch früher schon zu spüren bekommen. Eigentlich hätte sie ihn anrufen sollen, war aber nicht in der richtigen Stimmung dazu. Was sollte sie ihm sagen? Am Morgen hatte sie mit dem Gedanken an eine Abtreibung gespielt. Dann würde sie Edvard kein Wort von der Schwangerschaft erzählen müssen. Andererseits war nun wenigstens bewiesen, daß sie tatsächlich schwanger werden konnte. »Wenn ich es denn wirklich bin«, murmelte sie halblaut vor sich hin.
    Lindell verabscheute es, so hin und her gerissen zu sein. Jetzt, da sie eigentlich all ihre Kraft den Ermittlungen um Cederén, MedForsk und TV4 widmen sollte, um den Fall noch vor dem Sommerurlaub abschließen zu können, kam ihr das in die Quere. Sie biß sich so fest auf die Unterlippe, daß es weh tat.
    Schon seit längerem trieb eine unbestimmte Angst sie um. Sie wußte, daß ihr Privatleben eine einzige Katastrophe war. Fast ihre ganze Zeit verbrachte sie auf der Arbeit. Sie hatte die gleichen Symptome bei einigen ihrer Kollegen bemerkt: eine unerfüllte Sehnsucht nach dem Einklang von Arbeit und Privatleben. Warum mußte es auch so schwer sein, beides unter einen Hut zu bringen.
    Daß dies nur für die Polizeiarbeit galt, glaubte sie nicht. Es kam ihr in letzter Zeit vielmehr so vor, als würde das ganze Land innerlich immer gespaltener, sowohl auf der privaten wie auch auf gesellschaftlicher Ebene. Wir haben einfach nicht genügend Zeit, hatte vor ein paar Tagen jemand gesagt, als sie im Pausenraum zusammensaßen und sich beklagten.
    Lindell war klar, daß das Kind der Grund ihres Nachdenkens war. Ein keimendes Leben, das sie zwang, sich zu entscheiden, ein Feld abzustecken, auf dem sie tätig werden wollte. Bislang waren noch keine Linien gezogen worden. Das Leben erschien ihr so ungewiß, und in ein paar Jahren war sie vierzig.
    Sie seufzte, stand schwerfällig auf, als wäre sie bereits hochschwanger, und ging den stillen Korridor hinab. Sie erinnerte sich noch, wie es war, als sie zum ersten Mal in das Kommissariat kam, an allen Türen vorbeiging, die Namensschilder las und schließlich vor Ottossons Tür stehenblieb.
    Er hatte sie freundlich und zuvorkommend empfangen. Vom ersten Tag an hatte sie sich wohl gefühlt, und nach wie vor liebte sie ihren Arbeitsplatz und schätzte die meisten ihrer Kollegen sehr. Wenn nur ihr Leben anders wäre.

18
    Lindell wachte gegen halb sechs auf. Ihr ganzer Körper spannte so sehr, daß sie augenblicklich an ihren Zustand erinnert wurde. Es blieb ihr keine morgendliche Gnadenfrist mehr, während der sie denken konnte, es wäre alles wie immer. Abtreibung war das erste, was ihr sofort wieder einfiel. Zwar hatte sie keine moralischen Bedenken, aber jetzt, da es sie selber betraf, wurde ihr klar, daß es nicht ganz so einfach war, wie sie immer geglaubt hatte.
    Sie erinnerte sich noch gut an die Gespräche, die sie mit Freundinnen über dieses Thema geführt hatte. Damals hatte sie sachlich für das selbstverständliche Recht der Frau auf eine freie Wahl argumentiert.
    Eine freie Wahl, dachte sie jetzt, die gibt es doch gar nicht. Ich bin gefangen in meinem Körper, in meiner Sehnsucht nach einem Kind, in den Widersprüchen zwischen meiner Arbeit, Edvard und dem werdenden Leben. Natürlich kann ich abtreiben lassen, ohne daß Edvard etwas davon erfährt, aber was geschieht dann? Wird dieser ungeborene Mensch nicht für alle Zeit zwischen uns stehen?
    Schließlich verließ sie das Bett. Sie mußte es neu beziehen. Sie mußte so viel. Sonnenlicht fiel durch einen Spalt zwischen den Vorhängen und warf einen Lichtstreifen auf Fußboden und Bett. Sie ließ sich vom Licht einfangen, blieb eine Minute stehen und versuchte klar zu denken, aber ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Sie schaute auf ihren nackten Körper und den Lichtschein, der auf ihren Bauch fiel.
     
    »Wißt ihr, was mir heute morgen passiert ist?« fragte Haver.
    Niemand sagte etwas.
    »Ich bin in Hundescheiße getreten! Einen großen, verdammten Haufen mitten vor der Haustür.«
    Sammy Nilsson schaute auf und lächelte. »Fühlte er sich nicht weich und wohlig an?«
    »Verdammt, war das eklig. Direkt vor der Tür. In einem Park oder auf dem

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