Das Steinbett
bekommen.
Sie hatte es ihm versprochen. Er hatte sie mehrmals angerufen, und es tröstete sie, jemanden zu haben, der Bescheid wußte, jemanden, dem sie ihre Trauer zeigen konnte.
Nach ein paar Tagen waren ihre Zweifel aber wieder gewachsen. So etwas hatte der Mann nicht getan, den sie liebte.
Ihre Hand lag noch immer auf der Türklinke. Normalerweise klemmte die Tür, doch das Holz war in der Wärme getrocknet, und sie glitt widerstandslos auf. Gabriella hatte völlig vergessen, was sie holen wollte; als sie im Keller stand, erinnerte sie sich dann aber, daß es ein Glas Erdbeermarmelade gewesen war.
Sie hatte die Polizei angerufen und mit der Frau gesprochen, die die Ermittlungen leitete. Ihr Name hatte in der Zeitung gestanden. Dann hatte ihr die Kraft gefehlt, das Gespräch weiterzuführen, aber insgeheim wußte sie, daß sie wieder anrufen mußte.
Das Marmeladenglas war kühl, sie hob es an die Stirn und ging anschließend den schmalen Pfad zum Haus zurück, wobei sie einen Blick auf die Frühbeete warf. Sie rechnete mit dem Schlimmsten. Seit zwei Tagen hatte sie jetzt nicht mehr gegossen und vermied es, näher heranzugehen. Ihr war klar, daß vieles vertrocknet sein mußte, vor allem die Kohlpflanzen, vielleicht auch der Salat. Am Nachmittag würde sie sich zusammenreißen.
17
Der Staatsanwalt zögerte erst. Immerhin gab es nichts, was die sieben zu Tatverdächtigen machte, wenn man einmal davon absah, daß sie aktive Tierschützer waren, und auch diese Information war in seinen Augen mit Vorsicht zu genießen.
Die Medien hatten aus dem Überfall auf TV4 eine große Sache gemacht. Die Nachricht wurde sowohl in der lokalen als auch in der überregionalen Presse gebracht. Die Morgennachrichten von TV4 waren live vom Ort des Überfalls gesendet und die betroffenen Kollegen interviewt worden. Die Vormittagsausgaben der Nachrichten konzentrierten sich auf die Terroristenspur und brachten einen Überblick über frühere Angriffe auf Wissenschaftler, die Befreiung von Füchsen und Nerzen, brennende Fleischtransporter, ergänzt durch Interviews mit der Sicherheitspolizei und Terrorismusexperten.
Im Polizeipräsidium, das von Journalisten belagert wurde, klingelte ununterbrochen das Telefon. Offensichtlich machte die Tatsache, daß die Opfer des Überfalls Kollegen von ihnen waren, die Reporter noch aufdringlicher als sonst. Schließlich gab der Staatsanwalt dem Druck der Medien nach.
Die sieben Personen wurden in einer konzertierten Aktion um elf Uhr vormittags festgenommen. Fünf in ihrer Wohnung und zwei am Arbeitsplatz. Alles verlief reibungslos. Es hatte fast den Anschein, als hätten die Verhafteten die Polizei bereits erwartet.
Sie kamen in Untersuchungshaft. Erst am späten Nachmittag wurden sie verhört. Die Stunden bis dahin mußten sie in völliger Isolation in ihren Zellen verbringen, zweimal in der Stunde durch die Inspektionsluke überwacht. Kein Kontakt, weder Kaffee noch etwas zu essen.
Sammy Nilsson hatte deshalb ein schlechtes Gewissen, als die erste Verdächtige zum Verhör gebracht wurde. Es war ein junges Mädchen, Erika Mattson, neunzehn Jahre alt. Sie hatte gerade ihr Abitur gemacht und wollte den Sommer über in einem Supermarkt arbeiten.
»Wissen Sie, warum Sie hier sitzen?« begann Sammy.
Normalerweise ließ er es ruhig angehen, plauderte ein wenig und versuchte Kontakt zu den Verhafteten zu bekommen. Diesmal nahm er eine strikt formelle Haltung ein und schaltete demonstrativ und kommentarlos das Tonbandgerät ein.
»Darf ich meine Mutter anrufen?« fragte das Mädchen.
»Das können Sie später immer noch tun. Wissen Sie eigentlich, daß einer der Journalisten wahrscheinlich für den Rest seines Leben an den Rollstuhl gefesselt sein wird?«
Sammy Nilsson schaute das Mädchen an, das ihn mit großen Augen ansah.
»Ich habe mit der Sache nichts zu tun«, antwortete sie.
»Wir glauben, daß Sie dabei waren.«
Diese Behauptung ließ sich durch nichts beweisen, aber Lindell, Berglund und Haver hatten beschlossen, einen harten Kurs zu fahren. Vielleicht würde sich einer der jungen Leute dadurch verunsichern lassen und reden.
»Sie sind Veganerin«, fuhr Sammy fort.
»Was ist daran auszusetzen?«
»Ihr Zimmer ist voller Plakate, Zeitschriften und Pamphlete, die alle auf eines hinauslaufen: Tierversuche sind Tierquälerei und müssen gestoppt werden.«
Das Mädchen schwieg. Ihr Blick ruhte auf den Händen, die gefaltet in ihrem Schoß lagen.
»Tierversuche müssen um
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