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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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er musste die Frage
stellen.
    »Bist du sicher, du…?«
    Janis brach in Gelächter aus. »Ich mag es, dass du
mich ständig warnst – entweder es ist charmant, oder
du hältst mich für einen Schwachkopf. Hör mal,
Kohn, ich weiß, wir stecken in Schwierigkeiten. Ich habe
nur dann eine Überlebenschance, wenn ich die brennenden
Brücken hinter mir lasse.« Sie boxte ihm gegen den
Arm, ganz so, als wolle sie im Moment über
kameradschaftliche Gunstbeweise nicht hinausgehen. »Mein
Land ist dort, wo ich lebe, wo immer das sein mag.«
    »Du weißt, wo das ist«, sagte er. »Das
Land der fünften Farbe. Gens una summus.«
    Sie ließen die Stonewall Dykes und dann auch Norlonto
hinter sich; sie fuhren nun über den königlichen
Highway, eine öffentliche Straße. Auch diesmal wieder
verspürte Kohn ein kurzes Unbehagen, als er auf staatliches
Gebiet überwechselte. Ein emotionaler Wegezoll. Sie kamen an
einem großen blau-weißen Schild mit einem vertikalen
Pfeil und einem einzigen Wort darauf vorbei:
›Norden‹. Die Schnellstraße mündete auf
eine achtspurige Autobahn. Der Diesel schaltete sich ein. Janis
kuschelte sich in den Sitz wie ein glückliches Kind.
    »Ich liebe dieses Schild«, sagte sie.
    »Oje«, meinte Kohn.
    Janis richtete sich auf. »Was ist?«
    Kohn deutete auf den Rückmonitor. Weit hinter ihnen war
ein pinkfarbener Klecks mit einem breiten Chromgrinsen zu
sehen.

 
13
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Die apokalyptischen Reiter
     
     
    Dilly Foyle lag bäuchlings im langen Gras. Einige hundert
Meter weiter, auf der anderen Seite der grünen Bergschlucht,
in der ein überwölbter Abwasserkanal dahinfloss,
spielte die Autobahn ihre summende, brummende und heulende Musik.
Große Mengen unersetzlicher Mineralien und Petrochemikalien
wurden in beide Richtungen transportiert, was unter dem Strich
Null ergab. Für sie war dies seit jeher das perfekte
Beispiel, das Sinnbild dafür, wie Wirtschaft und Handel
sinnlos den Planeten plünderten. Der Verbrennungsmotor, die
Konsumgesellschaft… Allein schon die Bezeichnungen waren
entlarvend.
    Nazis, alle miteinander.
    Sie direkt anzugreifen wäre selbstmörderisch
gewesen. Mit einem Bolzenschuss ihrer Armbrust hätte sie
einen Reifen löchern können, was mit etwas Glück
ein brennendes Autowrack und meilenlange Staus zur Folge gehabt
hätte. Das aber lohnte sich bloß dann, wenn bereits
ein Militärschlag zu erwarten war – andernfalls
hätte man ihn bloß provoziert. Daher gingen die
Partisanen der Grünen Front subtiler vor, gründeten
ihre cumbrischen Kommunen auf verlassenen Farmen und in den
Ruinen des Tourismus, die ihr erstes und leichtestes Ziel gewesen
waren. Der Lake District gehörte jetzt ihnen, und bis zu den
Städten war es nicht weit. An einem klaren Tag konnte man
die Revolution sehen…
    Ihr von schlechten Angewohnheiten oder Stadtluft
unbeeinträchtigter Geruchssinn genügte ihr, um sich im
Dunkeln zu orientieren. Treibstoffdünste und feuchte Erde,
der geölte Stahl der Armbrust, das alte Holz des
Schafts… ihre Kameraden… die Pferde, die friedlich
in einer Senke grasten. Und links vor ihr die
Autobahnraststätte, wo sich der Gestank der Auspuffgase und
Batterien mit dem verbrannten Kaffee und der verschwendeten
Nahrung und dem Plastik in all seinen gespritzten und gepressten,
vulgären und aufgedunsenen Formen mischte.
    Synthetische Scheiße.
    Sie benötigte kein Fernglas, um die haltenden und
wegfahrenden Fahrzeuge zu beobachten, und nachts würde sie
auch keine Infrarotbrille brauchen. Die Lampen der
Raststätte brannten bereits (Verschwendung, Verschwendung).
Wenn das Signal gegeben wurde, würde sie wissen, was zu tun
war. Und wenn es nicht gegeben wurde, dann würde es andere
Partisanen erreichen, die an anderen Stellen entlang der Autobahn
postiert waren. Heute waren die Anweisungen sehr detailliert und
dringlich gewesen.
    Sie wartete.
     
    Ein paar Kilometer nördlich von Lancaster gerieten sie in
eine kriegerische Auseinandersetzung hinein. Farmhäuser und
Fabriken brannten. Panzer bahnten sich einen Weg über die
Straße. Hubschrauber knatterten. Der Verkehr auf der M6
vermochte mit den Flüchtlingen, die auf der Standspur
trotteten, kaum Schritt zu halten.
    »Das kommt mir vor wie eine Szenerie aus dem zwanzigsten
Jahrhundert«, sagte Janis.
    »Sie werden nicht von Flugzeugen beschossen«,
erwiderte Kohn.
    »Na und? Meinst du etwa, das wäre ein
Fortschritt?«
    Kohn fuhr den Laster ein

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