Das Sternenprogramm
Er kurvte um den Parkplatz herum und hielt ein paar
Meter vor dem Laster an. Kohn machte hinter der getönten
Windschutzscheibe des Transporters mittels Infrarot zwei
Gestalten aus.
Er ließ den Motor an und packte das Steuer mit der
Linken. Janis schaute zu.
»Bitte anschnallen«, sagte der Laster.
»Stell den Scheiß doch ab.«
Janis klickte den Gurt ein, führte die Arme hindurch und
zog kräftig mit beiden Händen daran, damit er das
Gewicht spürte.
»Gut«, sagte Kohn wie ein psychopathischer
Fahrlehrer. »Es wird einen Ruck geben. Und jetzt löse
die Handbremse und gib Gas.«
Er stemmte die Beine gegen den unteren Rand des
Armaturenbretts. Der Truck machte einen Satz nach vorn. Mit einem
ermutigenden Krachen rammte er die Metallstoßfänger
gegen das dünne Blech und das Hartplastik des Transporters.
Janis schrie auf, jedoch bloß vor Schreck – der
Aufprall war nicht besonders hart gewesen.
Kohn schnellte hoch und sprang aus dem Führerhaus,
prallte auf den Teerbelag der Straße und stürzte sich
auf die Tür des Transporters, das Gewehr an sich gepresst.
Mit dem Schaft schlug er das Seitenfenster ein und stieß
den Gewehrlauf hindurch. Ein junger Mann und eine junge Frau,
beide langhaarig, mit schmierigen Jeans, übersät mit
Glassplittern und noch immer zitternd von der Wucht des
Zusammenstoßes. Der Mann langte unter das Armaturenbrett.
Kohn schoss über seinen Handrücken hinweg in den Winkel
unter dem Lenkrad. Die Hand wurde zurückgerissen,
während gleichzeitig irgendeine Hydraulik aussetzte.
»Raus«, sagte Kohn und trat vom Trittbrett
herunter.
Sie stiegen aus. Die Frau hatte die Hände auf den Kopf
gelegt. Der Mann hielt sich die blutende Hand an den Mund.
»Hattet ihr’s auf mich abgesehen?«
Die Frau schüttelte den Kopf, der Mann nickte.
»Tja, das habt ihr wohl ver…«
Kohns Worte gingen in einem lauten Dröhnen und einem
durchdringenden Quietschen unter.
Er wandte den Kopf – das Gewehr ruckte ebenso wenig wie
ein Treppengeländer – und erblickte eine sachte
schaukelnde aufgemotzte Honda aus den Dreißigern, die in
ein paar Metern Abstand gehalten hatte. Der Fahrer war
entsprechend gebaut und von den Stiefeln bis zur Kappe ganz in
Leder gekleidet. Als er abstieg, stellte sich heraus, dass das,
was zunächst wie ein Zusatztank ausgesehen hatte, in
Wahrheit ein gepanzerter Hosenbeutel war. Seine Arm- und
Brustmuskeln hätten auch ohne die holografischen
Zusätze Angst und Schrecken verbreitet.
Er hielt eine Marke hoch. »Grobe Klötze«,
sagte er. »Gibt es Probleme?«
Kohn senkte das Gewehr und sagte: »Eine
Meinungsverschiedenheit.«
»Möchte jemand Anklage erheben?«
Die jungen Leute schüttelten den Kopf.
»Ich auch nicht«, sagte Kohn. »Allerdings
verlange ich Lösegeld für eine Geisel und hatte
Mühe, die beiden von der Rechtmäßigkeit meiner
Forderung zu überzeugen. Ich nehme an, sie haben
entsprechende Unterlagen dabei.«
Die beiden nickten enthusiastisch. Kohn entspannte sich ein
wenig. Er hatte gehofft, dass Donovan die Tarnung werde aufrecht
erhalten wollen.
»Wie viel?«
»Fünfhundert Mark«, sagte die Frau, die ihre
Sprachlosigkeit endlich überwunden hatte. Sie hielt einen
schmuddeligen Geldschein hoch. Kohn scannte ihn mit beleidigender
Gründlichkeit (der Sensor seines Gewehrs bestätigte
erwartungsgemäß, dass keine größere
Ansammlung beweglichen Metalls vorhanden war) und stellte eine
Empfangsbestätigung über den Betrag für die
Freilassung Catherin Duvaliers aus. Der Mietbulle beglaubigte den
Vorgang, und der junge Mann nahm mit der Linken das Original
entgegen.
»Bitte sorgen Sie dafür, dass dies der
erwähnten Person ausgehändigt wird«, sagte Kohn
und reichte den Durchschlag dem Groben Klotz. »Sie
hält sich derzeit in dieser Wohnanlage auf.«
»In Ordnung.«
Als Kohn wieder in den Truck kletterte, stellte er fest, dass
Janis ihm mit der Pistole, die er zuvor abgelegt hatte, Deckung
gegeben hatte. Lächelnd warf er ihr eine Kusshand zu und
schnallte sich an. Der Grobe Klotz betrat soeben die Wohnanlage;
die Spinneragenten sprachen in ihrem fahruntüchtigen
Transporter in ein Mikrofon. Lachend lenkte Kohn den Laster vom
Parkplatz in eine schmale Straße hinein, wobei er einen
unglaublich breiten pinkfarbenen Cadillac zwang, auf den Gehsteig
auszuweichen. Bald darauf hatten sie die Schnellstraße
wieder erreicht.
»Zeit für eine Erklärung«, sagte
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